Jurassic Park
mir sicher, daß es sich hier um einen Basiliscus amoratus handelt, einen gestreiften Leguan aus der Gattung der Basilisken, der hier in Costa Rica und auch in Honduras vorkommt. Aufgerichtet sind sie manchmal gut 30 Zentimeter hoch.«
»Sind sie giftig?«
»Nein, Mrs. Bowman. Überhaupt nicht.« Guitierrez erläuterte, das Anschwellen des Arms sei eine allergische Reaktion. »Laut Fachliteratur zeigen vierzehn Prozent der Menschen heftige allergische Reaktionen auf Reptilien«, sagte er, »und Ihre Tochter scheint zu dieser Gruppe zu gehören.«
»Sie schrie und sagte, daß sie solche Schmerzen habe. Sie hörte nicht auf zu schreien, weil es so wehtat.«
»Das hat es wahrscheinlich auch«, erwiderte Guitierrez. »Reptilischer Speichel enthält Serotonin, was starke Schmerzen verursacht.« Er wandte sich an Cruz. »Ihr Blutdruck sank nach der Verabreichung von Antihistaminen?«
»Ja«, antwortete Cruz. »Sofort.«
»Serotonin«, bekräftigte Guitierrez. »Keine Frage.«
Ellen Bowman schien noch immer nicht beruhigt. »Aber daß eine Echse sie überhaupt beißt? Und dann gleich so oft?«
»Echsenbisse sind sehr häufig«, sagte Guitierrez. »Tierpfleger in Zoos werden dauernd gebissen. Und erst vor ein paar Tagen habe ich gehört, daß in Amaloya, das liegt etwa 100 Kilometer von Ihrem Rastplatz entfernt, ein Kind in seinem Bettchen von einer Echse gebissen wurde. Solche Bisse kommen also vor. Ich weiß nicht genau, warum Ihre Tochter so oft gebissen wurde. Was tat sie denn zu dem Zeitpunkt?«
»Nichts. Sie sagte, sie sei ganz still dagesessen, weil sie sie nicht verscheuchen wollte.«
»Ganz still gesessen«, wiederholte Guitierrez stirnrunzelnd.
»Ganz still...« Er schwieg eine Weile.
»Dr. Guitierrez?«
»Entschuldigung.« Er schüttelte den Kopf. »Nun gut. Ich glaube,
wir können nicht mehr genau rekonstruieren, was passiert ist. Wilde Tiere sind unberechenbar.«
»Und was ist mit diesem schäumenden Speichel auf ihrem Arm?« fragte Ellen. »Ich muß immer an Tollwut denken...«
»Nein, nein«, erwiderte Dr. Guitierrez. »Ein Reptil kann Tollwut nicht übertragen. Ihre Tochter hat auf den Biß eines Basilisken allergisch reagiert. Nichts Ernsteres.«
Nun zeigte Mike Bowman Guitierrez das Bild, das Tina gezeichnet hatte. Guitierrez nickte. »Ich wurde das durchaus für einen Basilisken halten«, sagte er. »Ein paar Details sind natürlich falsch. Der Hals ist viel zu lang, und sie hat an die Hinterläufe drei Zehen anstelle von fünf gezeichnet. Der Schwanz ist zu dick und zu hoch erhoben. Aber ansonsten ist es eine ganz brauchbar gezeichnete Echse von der Art, über die wir gesprochen haben.«
»Aber Tina hat den langen Hals ausdrücklich erwähnt«, sagte Ellen Bowman. »Außerdem hat sie von drei Zehen am Fuß gesprochen.«
»Tina ist sehr aufmerksam«, ergänzte Mike Bowman.
»Ich bin mir sicher, daß Ihre Tochter das ist«, entgegnete Guitierrez lächelnd. »Aber ich bin trotzdem davon überzeugt, daß sie von einem gewöhnlichen Basiliscus amoratus gebissen wurde und eine heftige allergische Reaktion zeigt. Bei medikamentöser Behandlung beträgt der normale Krankheitsverlauf zwölf Stunden. Morgen früh müßte sie wieder auf den Beinen sein.«
Das moderne Labor im Keller der Clinica Santa Maria erhielt die Nachricht, daß Dr. Guitierrez das Tier, das das amerikanische Kind gebissen hatte, als harmlosen Basilisken identifiziert hatte. Die Analyse des Speichels wurde sofort gestoppt, obwohl eine vorläufige Trennung der Bestandteile auf einige Proteine von außergewöhnlich hohem Molekulargewicht und unbekannter biologischer Wirkung hingewiesen hatte. Aber der Techniker im Nachtdienst hatte viel zu tun und verstaute deshalb die Speichelproben im Aufbewahrungsfach des Kühlschranks.
Am nächsten Morgen verglich der ihn ablösende Kollege den Inhalt des Fachs mit der Liste der Entlassungspatienten. Als er sah, daß BOWMAN, CHRISTINA L. an diesem Morgen entlassen werden sollte, warf er die Speichelproben in den Abfall. Doch im letzten Augenblick merkte er, daß eine der Speichelproben mit einem roten Aufkleber versehen war, was bedeutete, daß sie an das Labor der Universität in San José weitergeleitet werden sollte. Er holte das Teströhrchen wieder aus dem Abfalleimer und schickte es weg.
»Na los. Sag danke zu Dr. Cruz«, sagte Ellen Bowman und gab Tina einen Schubs.
»Vielen Dank, Dr. Cruz«, sagte Tina. »Mir geht es schon viel besser.« Sie gab dem Arzt die Hand. Dann
Weitere Kostenlose Bücher