Jurassic Park
ergänzte sie: »Sie haben heute ein anderes Hemd an.«
Einen Augenblick lang zögerte Dr. Cruz. Dann erwiderte er: »Das stimmt, Tina. Wenn ich die ganze Nacht im Krankenhaus arbeite,
wechsle ich am Morgen das Hemd.«
»Aber Ihre Krawatte nicht?«
»Nein, nur das Hemd.«
»Mike hat Ihnen doch gesagt, daß sie sehr aufmerksam ist«, bemerkte Ellen Bowman.
»Das ist sie wirklich.« Dr. Cruz lächelte und schüttelte ihr feierlich
die Hand. »Noch schöne Ferien, Tina. Genieße die Zeit in Costa Rica.«
»Bestimmt.«
Die Familie Bowman wollte eben aufbrechen, als Dr. Cruz fragte:
»Ach, Tina, kannst du dich noch an die Echse erinnern, die dich gebissen hat?«
»Mhm.«
»Kannst du dich auch an ihre Füße erinnern?«
»Mhm.«
»Hatte sie Zehen?«
»Ja.«
»Wie viele Zehen hatte sie?«
»Drei«, antwortete Tina.
»Woher weißt du das?«
»Weil ich hingesehen habe«, sagte sie. »Außerdem haben alle Vögel am Strand Spuren mit drei Zehen im Sand gemacht. Ungefähr so.« Sie hielt die Hand hoch und spreizte die drei mittleren Finger. »Und die Echse hat auch solche Spuren im Sand gemacht.«
»Die Echse hat Spuren gemacht wie ein Vogel?«
»Mhm«, machte Tina. »Sie ist auch gelaufen wie ein Vogel. Hat immer mit dem Kopf genickt, rauf und runter. So.« Sie ging ein paar Schritte und nickte mit dem Kopf.
Nach der Abfahrt der Bowmans war Dr. Cruz so beunruhigt, daß er Dr. Guitierrez, der inzwischen in seine Forschungsstation zurückgekehrt war, anrief und ihm von dieser Unterhaltung erzählte. »Ich muß zugeben, die Geschichte des Mädchens klingt verwirrend«, sagte Guitierrez. »Ich habe selber noch einige Nachforschungen angestellt. Ich bin froh, daß es dem Mädchen gutgeht, aber ich bin mir nicht mehr sicher, ob sie von einem Basilisken gebissen wurde. Ganz und gar nicht mehr sicher.« »Was kann es denn sonst sein?«
»Hm«, erwiderte Guitierrez, »wir wollen mal keine verfrühten Spekulationen anstellen. Ach, übrigens, haben Sie bei Ihnen im Krankenhaus noch von anderen Echsenbissen gehört?«
»Nein, warum?«
»Falls Sie etwas hören, mein Freund, lassen Sie es mich wissen.«
Der Strand
Marty Guitierrez saß am Strand von Cabo Blanco und sah zu, wie die Nachmittagssonne langsam zum Horizont hinunterwanderte, bis sie grell auf der Wasseroberfläche funkelte und ihre Strahlen in das Mangrovendickicht unter den Palmen schienen, wo Guitierrez seinen Beobachtungsposten bezogen hatte. Soweit er das beurteilen konnte, saß er in der Nähe der Stelle, wo sich zwei Tage zuvor das amerikanische Mädchen aufgehalten hatte.
Obwohl es natürlich stimmte, was er den Bowmans erzählt hatte, daß nämlich Echsenbisse sehr häufig seien, hatte er noch nie davon gehört, daß ein Basilisk jemanden gebissen hatte. Und mit Sicherheit hatte er noch nie davon gehört, daß jemand deswegen ins Krankenhaus mußte. Außerdem war der Bißradius auf Tinas Arm etwas zu groß für einen Basilisken. Gleich nach seiner Rückkehr nach Carara hatte er in der kleinen Forschungsbibliothek der Station nachgelesen, aber keine Hinweise auf Basiliskenbisse gefunden. Danach hatte er bei International BioSciences Services, einer Online-Datenbank in Amerika, nachgefragt. Aber auch dort fand er keine Hinweise auf Basiliskenbisse oder stationäre Behandlung nach solchen Bissen.
Schließlich rief er den Arzt in Amaloya an, der bestätigte, daß ein neun Tage altes Baby, das in seinem Bettchen schlief, von einem Tier in den Fuß gebissen worden war. Die Großmutter, die einzige Person, die das Tier wirklich gesehen hatte, behauptete, es sei eine Echse gewesen. Der Fuß war daraufhin angeschwollen, das Kind wäre beinahe gestorben. Die Großmutter beschrieb die Echse als grün mit braunen Streifen. Das Kind wurde mehrere Male gebissen, bevor die Großmutter das Tier verscheuchen konnte. »Eigenartig«, bemerkte Guitierrez.
»Nein«, erwiderte der Arzt und fügte hinzu, er wisse auch von anderen Bissen. Ein Kind in Vásquez, dem Nachbardorf an der Küste, war ebenfalls im Schlaf gebissen worden, und ein anderes in Puerta Sotrero. All diese Vorfälle waren in den vergangenen zwei Monaten passiert. Und bei allen handelte es sich um schlafende Kinder oder Babys.
Ein so neues und so deutlich zutage tretendes Muster brachte Guitierrez zu dem Schluß, es sei eine bis dahin unbekannte Echsenart aufgetaucht, was in Costa Rica auch nicht unwahrscheinlich war. Costa Rica bildet einen Teil der Landbrücke, die Nordund Südamerika verbindet; an der
Weitere Kostenlose Bücher