Jurassic Park
Probe.
(gezeichnet) Dr. med. Richard A. Stone, Direktor.
Aus diesem Kurzbericht zog Guitierrez zwei Schlüsse. Zum einen, daß seine Identifikation der Echse als Basilisk von Wissenschaftlern der Columbia University bestätigt worden war. Und zum anderen, daß das Fehlen einer übertragbaren Krankheit bedeutete, daß die sporadisch aufgetretenen Echsenbisse der letzten Zeit kein ernstzunehmendes Gesundheitsrisiko für Costa Rica darstellten. Er glaubte ganz im Gegenteil seine ursprüngliche Ansicht bestätigt: daß nämlich eine Echsenart aus dem Wald vertrieben worden war, sich einen neuen Lebensraum gesucht hatte und dabei auch Kontakte mit der Dorfbevölkerung nicht auszuschließen waren. Guitierrez war sicher, daß die Echsen innerhalb weniger Wochen zur Ruhe kommen und sich einleben würden. Dann würden auch die Beißattacken ein Ende finden.
Der tropische Regen war wie eine undurchdringliche Wand aus Wasser; er prasselte auf das Wellblechdach der Krankenstation von Bahia Anasco. Es war beinahe Mitternacht, die Stromversorgung war im Sturm zusammengebrochen und die Hebamme Elena Morales arbeitete im Schein einer Taschenlampe, als sie plötzlich ein Geräusch hörte, eine Mischung aus Quieken und Piepsen. Da sie glaubte, daß es sich um eine Ratte handelte, legte sie der Mutter schnell ein feuchtes Tuch auf die Stirn und ging ins angrenzende Zimmer, um nach dem Neugeborenen zu sehen. Als sie die Hand auf die Klinke legte, hörte sie das Geräusch erneut und wurde ruhiger. Offensichtlich war es nur ein Vogel, der aus dem Regen ins Zimmer geflüchtet war. Nach einem costaricanischen Sprichwort bedeutete es Glück, wenn ein Vogel ein Neugeborenes besuchen kam.
Elena öffnete die Tür und leuchtete mit der Taschenlampe ins Zimmer. Einen Vogel sah sie nicht.
Das Baby lag in einem Weidenkorb, eingewickelt in eine Decke, die nur das Gesicht freiließ. Auf dem Rand des Korbes hockten dunkelgrüne Echsen wie fratzengesichtige Wasserspeier an einem Brunnenrand. Als sie Elena bemerkten, legten sie die Köpfe schief und sahen sie neugierig an, liefen aber nicht davon. Im Schein der Taschenlampe sah Elena, daß ihnen Blut von den Schnauzen tropfte. Leise piepsend bückte sich eine der Eidechsen und riß mit einem schnellen Ruck ihres Kopfs ein Stück Fleisch aus dem Baby. Kreischend vor Entsetzen stürzte Elena ins Zimmer, und die Echsen flohen in die Dunkelheit. Noch bevor sie den Korb erreichte, sah sie, was mit dem Gesicht des Babys passiert war, und sie wußte, daß es tot sein mußte. Piepsend und quiekend verschwanden die Echsen in der Regennacht und ließen nur blutige, dreizehige Abdrücke zurück. Sie sahen aus wie Vogelspuren.
Die Gestalt der Daten
Als Elena Morales sich einige Zeit später wieder etwas beruhigt hatte, beschloß sie, den Echsenüberfall nicht zu melden. Trotz der Abscheulichkeiten, die sie gesehen hatte, machte sie sich langsam Sorgen, daß man ihr Vorwürfe machen könnte, weil sie das Baby unbeaufsichtigt gelassen hatte. So sagte sie der Mutter, ihr Kind sei erstickt, und den Behörden in San José meldete sie den Vorfall als plötzlichen Kindstod. Dieses Syndrom des ungeklärten Todes sehr kleiner Kinder war nichts Ungewöhnliches, ihr Bericht wurde deshalb nicht angezweifelt.
Das Universitätslabor in San José, das die Speichelproben von Tina Bowmans Arm analysierte, machte einige bemerkenswerte Entdeckungen. Man fand darin, wie erwartet, eine große Menge Serotonin. Aber unter den Speichelproteinen war auch ein echtes Monster: Mit einem Molekulargewicht von 1,980 gehörte es zu den größten bekannten Proteinen. Die biologische Wirksamkeit wurde noch untersucht, aber es schien sich um ein Nervengift ähnlich dem Gift der Kobra zu handeln, nur weniger stark und primitiver strukturiert.
Darüber hinaus entdeckte das Labor Spuren des Enzyms GammaAmino Methionin Hydrolase. Da dieses Enzym auf gentechnischen Ursprung hinwies und in wilden Tieren nicht vorkam, nahmen die Techniker an, daß es sich um eine Verunreinigung aus dem Labor handelte, und beschlossen, es nicht zu erwähnen, als sie Dr. Cruz, den behandelnden Arzt in Puntarenas, anriefen. Aber Dr. Cruz war sowieso nicht im Dienst. Und die Telefonistin des Krankenhauses klang unsicher, als sie sagte, sie würde die Nachricht weiterleiten.
Das Echsenfragment lag im Gefrierschrank der Columbia University und wäre auch bis zur Rückkehr von Dr. Simpson dort unbeachtet geblieben, wäre nicht eines Tages eine Technikerin namens
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