Jurassic Park
in der Hand hielt, wunderte er sich, wie schwer es war. »Legen Sie es einfach hinten rein«, sagte Muldoon. »Und falls Sie es irgendwie festklemmen können, na, Sie wissen schon, damit es nicht hin und her rollt...«
»Okay.« Gennaro legte das Bündel auf den Rücksitz, während Muldoon wieder ins Auto stieg. Er trat aufs Gas. Die Räder drehten im Schlamm durch, fanden aber schließlich doch Halt. Der Jeep raste den Hügel hinauf. Einen Augenblick lang zeigten die Scheinwerfer nach oben in das Blätterdach, doch dann schwangen sie wieder herunter, und Gennaro konnte die Straße vor sich sehen. »Mein Gott«, sagte Muldoon.
Gennaro sah einen der Land-Cruiser. Er lag mitten auf der Straße, zur Seite gekippt. Von dem zweiten Fahrzeug war nichts zu sehen. »Wo ist das andere Auto?«
Muldoon sah sich kurz um und zeigte dann nach links. »Dort.«Der zweite Land-Cruiser lag etwa sieben Meter weiter weg zerschmettert am Fuß eines Baums.
»Wie kommt der dorthin?«
»Der T-Rex hat ihn dorthin geschleudert.«
»Geschleudert?« wiederholte Gennaro.
Muldoon machte ein grimmiges Gesicht. »Bringen wir's hinter uns«, sagte er und stieg aus dem Jeep. Gemeinsam liefen sie zu dem zweiten Land-Cruiser. Der Schein ihrer Taschenlampen tastete sich durch die Nacht.
Erst beim Näherkommen sah Gennaro, wie zerstört das Auto war. Er ließ Muldoon zuerst hineinsehen.
»Sie brauchen keine Angst zu haben«, sagte Muldoon. »Es ist sehr
unwahrscheinlich, daß wir jemand finden.«
»Wirklich?«
»Ja.« Muldoon erzählte, daß er während seiner Zeit im afrikanischen Busch einige Schauplätze von Tierangriffen auf Menschen gesehen hatte. Den eines Leopardenangriffs zum Beispiel; der Leopard hatte in der Nacht ein Zelt aufgerissen und ein dreijähriges Kind fortgeschleppt. Dann ein Büffelangriff in Amboseli; zwei Löwenangriffe, einen Krokodilangriff im Norden, in der Nähe von Meru. Und in jedem dieser Fälle hatte man am Schauplatz überraschend wenig Spuren gefunden.
Der Unerfahrene malte sich die schrecklichsten Bilder von den Hinterlassenschaften eines solchen Angriffs aus - abgerissene Glieder, die hinter dem Zelt verstreut lagen, Blutspuren, die in den Busch führten, blutfleckige Kleiderfetzen in der Nähe des Lagers. Aber tatsächlich fand man meistens überhaupt nichts. Die betroffene Person schien einfach verschwunden zu sein, so als wäre sie in den Busch gegangen und nie zurückgekehrt. Vor allem, wenn das Opfer noch klein war, ein Baby oder ein kleines Kind. Ein Raubtier konnte ein Kind töten, indem es das kleine Wesen nur schüttelte und ihm dabei das Genick brach. Für gewöhnlich gab es dabei keine Blutspuren.
Und meistens fand man auch keine anderen Überbleibsel des Opfers. Manchmal vielleicht einen Hemdknopf oder ein Stück Gummi von einer Schuhsohle; aber meistens gar nichts. Raubtiere schnappten sich Kinder - ihre Lieblingsbeute - einfach und ließen nichts zurück. Deshalb hielt Muldoon es für sehr unwahrscheinlich, daß sie von den Kindern irgend etwas finden würden.
Aber als er jetzt in das Auto sah, wartete eine Überraschung auf ihn.
»O Mann, das gibt's doch nicht«, sagte er.
Muldoon versuchte sich ein Bild davon zu machen, was passiert war. Die Windschutzscheibe des Land-Cruisers war eingedrückt, aber in der Nähe war kaum Glas zu entdecken. Doch auf der Straße hatte er Scherben bemerkt. Die Scheibe mußte also bereits dort zerbrochen sein, bevor der Tyrannosaurier das Auto hochhob und hierher schleuderte. Das Auto war furchtbar zerbeult. Muldoon leuchtete mit seiner Taschenlampe hinein. »Leer?« fragte Gennaro nervös.
»Nicht ganz«, antwortete Muldoon. Der Lichtstrahl glitt über ein zertrümmertes Walkie-talkie, und auf dem Boden des Autos sah er noch etwas anderes, etwas Gebogenes und Schwarzes. Die vorderen Türen waren eingedrückt und klemmten, er stieg deshalb durch die hintere Tür ein und kletterte über den Vordersitz, um den schwarzen Gegenstand aufzuheben.
»Es ist eine Armbanduhr«, sagte er und sah sie sich im Schein der Taschenlampe an. Es war ein billiges Digitalmodell mit Plastikarmband. Die LCD-Anzeige war kaputt. Er glaubte sich zu erinnern, daß der Junge eine solche Uhr getragen hatte, war sich aber nicht ganz sicher. Immerhin war es eine Uhr, wie Kinder sie bevorzugten. »Was ist das, eine Uhr?«
»Ja. Und da ist noch ein Funkgerät, aber das ist kaputt.«
»Ist das wichtig?«
»Ja. Und da ist noch etwas...«Muldoon schnupperte. Ein säuerlicher Geruch
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