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Just Kids

Titel: Just Kids Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patti Smith
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Radio.
    Unser Set endete mit einer Version von Gloria, die im Laufe der letzten Monate Gestalt angenommen hatte und mein Gedicht Oath mit Van Morrisons Klassiker verschmolz.
    Alles hatte mit Richard Hells kupferrotem Danelectro-Bass angefangen, den wir ihm für vierzig Dollar abgekauft hatten. Ich hatte mir in den Kopf gesetzt, ihn zu spielen. Weil er so klein war, dachte ich, ich müsste damit zurechtkommen. Lenny zeigte mir, wie man ein E spielt, und als ich es anschlug, zitierte ich: »Jesus died for somebody’s sins but not mine.« Ich hatte diese Zeile ein paar Jahre zuvor als Manifest der Selbstbehauptung niedergeschrieben, in dem ich gelobte, die Verantwortung für mein Handeln fortan selbst zu tragen. Jesus war ein Mann, gegen den zu rebellieren sich lohnte, denn er war der Inbegriff der Rebellion.
    Lenny spielte die klassischen Rock-Akkorde an, E, D, A, und die Vermählung der Akkorde mit dem Gedicht machte mich ganz aufgeregt. Drei Akkorde fusionieren mit der Allmacht des Wortes. »Ist das ein richtiger Song?«
    »Der größte überhaupt«, antwortete er, ging in Gloria über, und Richard stieg darauf ein.
    Während der Wochen, die wir im CBGB aufgetreten waren, war uns allen klar geworden, dass wir uns zur Rock’n’Roll-Band entwickelten, allerdings zu unseren eigenen Bedingungen. Am ersten Mai bot mir Clive Davis einen Plattenvertrag bei Arista Records an, und am siebten unterschrieb ich. Wir hatten es nicht ausgesprochen, doch während der Radio-Session hatten wir alle gespürt, dass sich etwas bewegte. Als wir das improvisierte Ende von Gloria erreichten, hatten wir zu uns selbst gefunden.
    Lenny und ich bauten Beat und Text zusammen, Richard lieferte das Fundament, und Ivan stützte unseren Sound. Es war Zeit für den nächsten Schritt. Wir brauchten noch jemanden von unserem Schlag, der uns nicht ändern, sondern vorwärtstreiben würde, der einer von uns sein würde. Wir beendeten unseren furiosen Set mit dem Aufruf: »Wir brauchen einen Drummer, und wir wissen, du bist irgendwo da draußen.«
    Er war sogar noch näher, als wir gedacht hatten. Jay Dee Daugherty hatte unseren Sound im CBGB gemischt, wofür er Bauteile seiner eigenen Stereoanlage benutzt hatte. Er war ursprünglich mit Lance Louds Mumps von Santa Barbara nach New York gekommen. Fleißig, etwas zurückhaltend und ein großer Fan von Keith Moon, wurde er innerhalb von zwei Wochen nach unserem WBAI-Gig Teil unserer Generation.
    Wenn ich jetzt in unseren Proberaum kam und den wachsenden Berg unseres Equipments anschaute, unsere Fender Amps, Richards RMI-Keyboard und jetzt auch noch Jay Dees silbernes Ludwig-Schlagzeug, konnte ich meinen Stolz darüber, Chefin einer Rock’n’Roll-Band zu sein, nicht verhehlen.
    Unseren ersten Auftritt mit Drummer hatten wir im Other End, in der Nähe meiner Wohnung auf der MacDougal Street. Ich musste mir nur die Schnürsenkel binden, meine Jacke überwerfen und konnte zur Arbeit laufen. Für uns ging es bei diesem Job in erster Linie darum, ins Zusammenspiel mit Jay Dee zu finden, doch andere wollten sehen, wie wir mit dem Erwartungsdruck zurechtkamen. Am ersten der vier Abende, für die wir gebuchtwaren, sorgte schon die Anwesenheit von Clive Davis für eine gewisse Aufregung. Während wir uns durch die Menge zur Bühne schoben, lud sich die Atmosphäre noch mehr auf, wie vor einem Gewitter.
    Dieser Abend wurde, wie man so sagt, zum Juwel in unserer Krone. Wir spielten als kompakte Einheit, und die Vitalität und Punktgenauigkeit der Band katapultierten uns in eine neue Dimension. Doch trotz des Tumults um mich herum nahm ich ebenso untrüglich, wie der Hase den Hund wittert, noch jemanden im Raum wahr. Er war da. Plötzlich begriff ich, was knisternde Spannung bedeutet. Bob Dylan hatte den Club betreten. Diese Gewissheit hatte eine seltsame Wirkung auf mich: Statt mich klein und unbedeutend zu fühlen, durchpulste mich ungeahnte Kraft. Möglicherweise ging sie von ihm aus, aber ich spürte auch deutlich, was ich und meine Band wert waren. Ich empfand diese Nacht wie eine Initiation, in der ich in Gegenwart des Menschen, nach dessen Vorbild ich mich erschaffen hatte, endgültig ich selbst wurde.
    Am 2. September 1975 öffnete ich die Tür zum Electric-Lady-Studio. Auf der Treppe musste ich an den Abend denken, an dem Jimi Hendrix für einen Moment stehen geblieben war, um sich mit einem schüchternen jungen Mädchen zu unterhalten. Ich betrat das Studio A. John Cale, unser Produzent, saß am

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