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Just Kids

Titel: Just Kids Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patti Smith
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April tauchte Patty Hearst auf einem Überwachungsvideo auf, als sie mit einer Waffe in der Hand gemeinsam mit ihren Entführern eine Bank in San Francisco ausraubte. Anschließend kam ein Band in Umlauf, auf dem sie sich der Zugehörigkeit zur SLA bekannte und folgende Erklärung abgab: »Sagen Sie allen, dass ich mich frei und stark fühle; meine Grüße und meine Liebe gelten all unseren Schwestern und Brüdern im Lande.« Irgendetwas an diesen Worten berührte mich, verstärkt noch durch unseren gemeinsamen Vornamen, und drängte mich, etwas zu ihrer verwickelten Lage zu sagen. Lenny, Richard und ich verquickten meine Meditation über Patty Hearst mit der Jimi-Hendrix-Version von Hey Joe. Der gemeinsame Nenner zwischen Patty Hearstund Hey Joe ergab sich aus den Lyrics – ein Flüchtiger, der schreit, wie frei er sich fühlt: »I feel so free«.
    Wir hatten schon länger überlegt, eine Single aufzunehmen, um zu sehen, ob sich die Wirkung, die wir live erreichten, auch auf Schallplatte umsetzen lassen würde. Lenny hatte Erfahrung damit, wie man eine Platte produziert, und als uns Robert das dafür nötige Geld anbot, buchten wir uns in Jimi Hendrix’ Electric-Lady-Studio ein. Als Hommage an Jimi wollten wir Hey Joe aufnehmen.
    Wir wollten gerne noch eine weitere Gitarrenstimme einbauen, die für diesen verzweifelten Wunsch nach Freiheit stehen sollte, und hatten dafür Tom Verlaine auserkoren. Ich ahnte ungefähr, was Toms Appetit wecken könnte, und machte mich zurecht, wie es einem Jungen aus Delaware eigentlich gefallen musste: flache schwarze Ballerinaslipper, rosa Caprihose aus Shantung-Seide, mein gelbgrüner Seidenregenmantel, dazu noch ein violetter Sonnenschirm. So marschierte ich ins Cinemabilia, wo er gelegentlich jobbte. Der Laden war auf alte Filmfotos, Drehbücher und Schauspielerbiografien spezialisiert – von Fatty Arbuckle über Hedy Lamarr bis Jean Vigo. Ob ihn nun meine Aufmachung beeindruckte oder nicht, werde ich wohl nie erfahren, aber Tom war sofort Feuer und Flamme, mit uns ins Studio zu gehen.
    Wir nahmen hinten im Studio B mit einem kleinen Achtspurgerät auf. Bevor wir loslegten, flüsterte ich »Hi, Jim« ins Mikrofon. Nach ein oder zwei Fehlstarts fanden Richard, Lenny und ich zusammen, brachten unsere Aufnahme unter Dach und Fach, und Tom legte noch zwei Sologitarren-Tracks darüber. Lenny mischte beide zu einer schwindelerregenden Lead-Gitarre zusammen und fügte dann noch eine Bass Drum hinzu. Das war das erste Mal, dass wir Percussion einsetzten.
    Robert, unser »geschäftsführender Produzent«, kam vorbei und beobachtete alles besorgt aus dem Kontrollraum. Lenny schenkte er einen silbernen Totenkopfring als Erinnerung an dieses historische Ereignis.
    Nachdem wir Hey Joe aufgenommen hatten, hatten wir noch fünfzehn Minuten übrig. Ich entschied, es mit Piss Factory zu versuchen. Ich besaß immer noch die erste Schreibmaschinenfassung des Gedichts, die Robert vom Fußboden in der Twenty-third Street aufgelesen hatte. Piss Factory war für mich damals so was wie meine persönliche Hymne: Sie erzählte, wie ich vor dem trostlosen Dasein einer Fließbandarbeiterin nach New York geflohen war. Lenny improvisierte zu Richards Soundtrack, und ich hängte mich mit meinem Text dran. Genau um Mitternacht hatten wir unsere Aufnahme im Kasten.
    Robert und ich standen vor einem dieser Wandgemälde mit Außerirdischen, die den Eingangsbereich des Electric-Lady-Studio zierten. Robert wirkte mehr als zufrieden, ließ es sich aber nicht nehmen, ein wenig zu mäkeln. »Patti, du hast ja gar nichts Tanzbares für uns aufgenommen.«
    Ich sagte, das würde ich den Marvelettes überlassen.
    Lenny und ich gestalteten das Cover für die Single und tauften unser Label Mer. Wir ließen 1500 Stück in einem kleinen Presswerk in der Ridge Avenue in Philadelphia pressen und vertrieben sie über Buch- und Plattenläden, wo sie zwei Dollar das Stück kosteten. Außerdem stellte sich Jane Friedman bei unseren Konzerten an den Eingang und verkaufte die Platte aus einer Einkaufstüte. So wirklich stolz waren wir dann, als wir sie in der Jukebox im Max’s zu hören bekamen. Zu unserem Erstaunen wurde die B-Seite, Piss Factory, populärer als Hey Joe, was uns bewog, uns zukünftig mehr auf eigene Sachen zu konzentrieren.
    Lyrik war immer noch mein Leitbild, aber ich hatte vor, eines Tages auch Robert seinen Wunsch zu erfüllen.
    Nachdem ich Erfahrung mit Haschisch gemacht hatte, war Robert, fürsorglich wie

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