Just Listen - Roman
Billardtisch aus zu. »Halt lieber den Mund, bevor du etwas sagst, das du schwer bereuen könntest.«
Dafür erhielt Michael ein unwilliges »Schsch« zur Antwort, unterstrichen durch wildes Gefuchtel, bevor Nick sich wieder mir zuwandte und mit ernster Stimme fortfuhr: »Annabel, es ist total verständlich, dass du in mich verknallt bist.«
»O Mann!« Michael stöhnte auf. »Ladys, ich schäme mich in Grund und Boden. Für den da.«
»Ich meine, was wäre auch anderes zu erwarten?«, lallte Nick. Ich bemühte mich krampfhaft, nicht zu lachen. »Ich bin einer aus der Oberstufe. Ein älterer Herr sozusagen. Logisch, dass du mich bewunderst. Aber …« – er legte eine Pause ein, in der er einen weiteren, tiefen Schluck Bier trank – »... es wird leider nicht funktionieren.«
»Oh«, sagte ich. »Tja, ich denke, es ist trotzdem besser, dass ich jetzt Bescheid weiß.«
Nick tätschelte meine Hand und nickte. »Ich fühle mich wirklich sehr geschmeichelt, aber das spielt keine Rolle, denn wie sehr du mich auch lieben magst – ich empfinde für dich einfach nicht dasselbe.«
»Ist ja wohl genau umgekehrt«, meinte Michael. Emily lachte.
»Ich habe vollstes Verständnis für deine Situation«, sagte ich zu Nick.
»Wirklich?«
»Absolut.«
Schweigend tätschelte er weiter meine Hand. Wobei ich mir allerdings nicht sicher war, ob er das überhaupt noch wahrnahm. »Gut. Denn ich fände es super, wenn wir Freunde bleiben könnten. Das heißt, falls du es schaffst, darüber hinwegzukommen.«
»Das fände ich auch«, antwortete ich artig.
Nick lehnte sich zurück, setzte die Flasche an, kippte sich, was auch immer noch drin war, hinter die Binde. Setzte sie wieder ab, drehte sie um. Ein einziger, einsamer Tropfen dröppelte heraus. »Leer«, verkündete er. »Ich brauche dringend mehr Bier.«
»Eher nicht«, schaltete Michael sich ein und zuckte gleichzeitig schmerzlich zusammen, weil Emily mit der kleinen weißen gleich zwei ihrer gestreiften Kugeln in eine Tasche beförderte.
»Wie wäre es mit einem Wasser?«, fragte ich Nick. »Ich wollte mir auch gerade eins holen.«
»Wasser«, antwortete Nick gedehnt – als wäre das ein vollkommen fremdartiges Konzept für ihn. »Okay. Ich folge dir.«
»Wir kommen gleich wieder«, sagte ich zu Emily und stand auf. Nick hatte mit dem Hochkommen etwas mehr Probleme. »Soll ich dir auch irgendwas mitbringen?«
Sie schüttelte den Kopf, beugte sich für einen weiteren Stoß vor. »Ich habe alles, was ich brauche.«
»Und noch ein bisschen mehr«, sagte Michael, als zwei weitere ihrer Kugeln verschwanden. »›Ich spiele ein bisschen‹ – ha!«
Nick und ich schafften es gerade einmal bis zur Mitte des Korridors, als er verkündete, er habe seine Meinung geändert. »Bin zu kaputt.« Er ließ sich vor einer Schlafzimmertür auf den Boden sacken. »Muss kurz ausruhen.«
»Alles okay?«
»Bestens. Du marschierst jetzt brav los und holst dieses …«
»Wasser.«
»Wasser … jawoll. Und ich warte genau hier auf dich, mh?« Als er sich zurücklehnte, schlug sein Kopf gegen die Wand. »Genau hier.«
Ich nickte, ging weiter Richtung Treppe. Unterwegs blieb ich stehen und blickte hinunter ins Wohnzimmer, das sich mittlerweile merklich gefüllt hatte. Weder Sophie noch Will saßen auf der Couch, was ich für ein entweder sehr gutes oder echt schlechtes Zeichen hielt.
Unten angekommen, trieb ich irgendwie zwei Flaschen Wasser auf, ging aber nicht sofort zurück, sondern schwatzte noch kurz mit ein paar Leuten. Als ich wieder im oberen Flur ankam, saß Nick nicht mehr an derselben Stelle. Weil ich davon ausging, dass er in den Billardraum zurückgekehrt war, wollte ich ihm gerade dorthin folgen, als ich eine Stimme hörte.
»Annabel.«
Eine weiche, leise Stimme. Ich drehte mich um. Zu meiner Rechten lag ein weiteres Schlafzimmer. Die Tür stand einen kleinen Spalt weit offen. Praktisch, wenn man wackelig auf den Beinen ist oder – noch schlimmer – sich übergeben muss.
Armer Nick
, dachte ich, steckte die eine Wasserflasche in meine Hosentasche, öffnete die andere, drückte die Tür vollends auf und ging ins Zimmer.
»Hast du dich verlaufen?«
Sobald ich über die Schwelle ins Dunkle eintauchte, kamen mir erste, stechende Zweifel, ob alles mit rechten Dingen zuging, was daran lag, wie der Raum um mich her sich anfühlte. Er wirkte irgendwie – nicht in Ordnung. Ich trat einen Schritt zurück, tastete nach der Türklinke, dem
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