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Just Listen - Roman

Just Listen - Roman

Titel: Just Listen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Dessen
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mich, was er wohl hörte. Und stellte mir vor, die Musik wäre wie er: düster, aggressiv, laut.
    Dann sein Äußeres. Klar, als Erstes stach einem seine physische Gestalt ins Auge, denn er war sehr groß, hatte kräftige Handgelenke, war insgesamt eine eindrucksvolle Erscheinung. Auf jeden Fall gehörte Owen zu den Menschen, die allein dadurch auffallen, dass sie da sind. Doch daneben gab es jede Menge Details zu entdecken. Seine dunklen Augen, die entweder grün oder braun waren   – so genau konnte ich das nicht erkennen. Oder die zwei identischen Ringe   – flach, breit, aus Silber   –, die er an seinen beiden Mittelfingern trug.
    Jetzt gerade spähte ich wieder einmal vorsichtig zu Owen hinüber. Er saß zurückgelehnt da, die Beine weit von sich gestreckt, und stützte sich auf den Handflächen ab. Ein Sonnenstrahl fiel direkt auf sein Gesicht. Er hatte   – was sonst?   – seine Kopfhörer auf, wippte beim Musikhören leicht mit dem Kopf, hielt die Augen fest geschlossen. Ein Mädchen, das eine Pinnwand trug, lief an uns vorbei. Als sie Owen erreichte, wurde sie langsamer, stieg vorsichtig über seine Füße. Wie Jack aus
Jack und die Bohnenstange
, wenn er über den Riesen klettert. Owen rührte sich nicht; sie huschte eilig weiter.
    Zu Anfang hatte ich mich in Owens Gegenwart ähnlichverhalten. Und gefühlt. Das tat jeder. Aber aus irgendeinem Grund hatte sich das verändert; wahrscheinlich, weil wir jeden Tag zusammen auf der Mauer hockten. Jedenfalls fühlte ich mich in seiner Gegenwart mittlerweile etwas entspannter. Beziehungsweise zuckte ich zumindest nicht mehr jedes Mal zusammen, sobald er auch nur ansatzweise in meine Richtung blickte. Sophie, die eine ständige Bedrohung darstellte, machte mich jedenfalls wesentlich nervöser. Oder sogar Clarke, die mir mehr als deutlich zeigte, wie sehr sie mich nach wie vor   – ja, hasste.
    Trotzdem fand ich es eigenartig, dass ich mich in Owen Armstrongs Nähe sicherer fühlte als bei den beiden besten Freundinnen, die ich je gehabt hatte. Wobei mir allmählich dämmerte, dass das Unbekannte nicht immer das ist, vor dem man sich am meisten fürchten muss. Die Menschen, die dich am besten kennen, können viel bedrohlicher sein. Denn das, was sie sagen oder denken, macht einem möglicherweise nicht nur Angst   – es kann zu allem Überfluss auch noch der Realität entsprechen.
    Mit Owen verband mich keine Geschichte, keinerlei Vergangenheit. Bei Sophie und Clarke war das anders. Es gab Muster, eine Art Zusammenhang, auch wenn ich das nicht so richtig wahrhaben wollte. Es kam mir zwar weder fair noch gerecht vor, trotzdem fragte ich mich   – mehr oder weniger notgedrungen   –, ob nicht vielleicht alles, was passiert war, ob überhaupt meine derzeitige Situation insgesamt doch kein Zufall war. Sondern schlicht und einfach das, was ich verdiente.
     
    Nach jenem Abend, an dem Clarke und ich Sophie ihre Sachen zu Hause vorbeigebracht hatten, begann sie, mit uns abzuhängen. Wir forderten sie nicht extra dazu auf, siewar einfach plötzlich wie selbstverständlich mit von der Partie. Von einem Tag auf den nächsten stand eben eine dritte Sonnenliege da, eine weitere Hand teilte beim Kartenspielen aus, man musste eine Cola mehr mitbringen, wenn man mit Getränkeholen an der Reihe war. Aber Clarke und ich waren schon so lange befreundet gewesen, da tat uns etwas frischer Wind ganz gut. Und dafür sorgte Sophie. Definitiv. Schon allein ihre Bikinis, ihr Make-up, ihre Geschichten über die Jungs, mit denen sie in Dallas ausgegangen war, machten klar: Sie war total anders als wir.
    Und zwar laut. Sogar frech. Hatte keine Probleme, Jungs anzuquatschen, die Klamotten zu tragen, auf die sie Bock hatte, auszusprechen, was ihr auf der Zunge lag. In der Beziehung war sie ein wenig wie Kirsten. Doch während mir die Direktheit meiner Schwester immer eher unangenehm gewesen war, war das bei Sophie anders. Ich mochte ihre Art. Ja, fast beneidete ich sie darum. Ich selbst traute mich oft nicht, das zu sagen, was ich wollte. Aber bei ihr konnte man sicher sein, dass sie den Mund aufmachte, aussprach, was sie dachte. Und all die Aktionen, die sie ins Rollen brachte und die   – mir jedenfalls   – ziemlich gewagt vorkamen, aber gleichzeitig ziemlich großen Spaß machten   – all das hätte ich nie erlebt, wenn ich auf mich allein gestellt gewesen wäre.
    Doch es gab auch Momente, in denen ich mich in Sophies Gegenwart unwohl fühlte, obwohl ich gar nicht

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