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Just Listen - Roman

Just Listen - Roman

Titel: Just Listen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Dessen
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ihm den Rücken zuzukehren, von ihm wegzugehen. Ich wartete, bis ich am Haupteingang angekommen war, bevor ich mich noch einmal nach ihm umdrehte.
    Er saß still da, den Kopf gesenkt, und hörte Musik. Als wäre überhaupt nichts gewesen. Ich erinnerte mich plötzlich an meinen allerersten Eindruck von ihm: dass er gefährlich war, bedrohlich. Mittlerweile wusste ich, das stimmte nicht. Jedenfalls nicht in dem Sinn, wie ich ursprünglich gedacht hatte. Dennoch hatte Owen Armstrong etwas Beängstigendes an sich: Er war ehrlich und erwartete genau das auch von jedem anderen Menschen. Was mir höllische Angst einjagte.
     
    Als ich Owen hinter mir auf der Mauer zurückließ, fühlte ich mich zunächst einmal erleichtert. Aber das hielt nicht lange vor.
    Erst im Laufe des Tages wurde mir in seinem ganzenAusmaß bewusst, was eigentlich abgegangen war: Ich kannte Owen kaum, war ihm gegenüber jedoch wesentlich ehrlicher gewesen als über lange Zeit zu irgendeinem anderen Menschen sonst. Jetzt wusste er also, was sich zwischen Sophie und mir abgespielt hatte, wusste von Whitneys Krankheit und dass ich Modeln nicht mehr ausstehen konnte. Eine ganze Menge Enthüllungen dafür, dass ich es letztendlich kaum riskieren konnte, mich mit ihm anzufreunden. Oder etwa doch? Ich war in dem Punkt ziemlich verunsichert, wusste nicht, wie ich mich ihm gegenüber weiter verhalten sollte. Bis ich zufällig Clarke traf.
    Es war nach der siebten Stunde; sie stand in der Eingangshalle und öffnete gerade ihren Spind. Sie trug ihr Haar in zwei abstehenden Zöpfen, Jeans, ein schwarzes Shirt und Riemchenschuhe aus Lackleder. Während ich noch zu ihr hinübersah, lief hinter ihr ein Mädchen vorbei, das ich nicht kannte, und sagte im Vorbeigehen ihren Namen. Clarke drehte sich um, lächelte, begrüßte das Mädchen ebenfalls. Nichts Besonderes, ein ganz normaler Moment an einem ganz normalen Tag. Aber etwas daran machte mich betroffen. Ich merkte, wie meine Gedanken weit, weit zurückwanderten, zu jenem Abend im Schwimmbad. Das war einer der Fälle gewesen, da ich vor einem Konflikt Angst gehabt hatte, Angst davor, ehrlich zu sein, sogar Angst davor, einfach bloß meinen Mund aufzumachen. Und dadurch hatte ich eine Freundin verloren. Die beste Freundin, die ich je gehabt hatte.
    Es war zu spät, um das, was zwischen mir und Clarke passiert war, rückgängig zu machen. Aber vielleicht war es noch nicht zu spät, um überhaupt etwas zu ändern. Möglicherweise sogar mich selbst. Deshalb zog ich los, um Owen zu suchen.
    In einer Schule mit über zweitausend Schülern kann man sich leicht selbst verlieren, geschweige denn, dass man jemanden findet, den man bewusst sucht. Doch Owen konnte man auch in größeren Menschenansammlungen nicht verfehlen   – hätte man zumindest meinen können. Als ich daher weder ihn noch seinen Straßenkreuzer aufspüren konnte, blieb als logische Schlussfolgerung eigentlich nur, dass ich ihn verpasst hatte. Ich stieg daher leicht frustriert in mein Auto, wollte gerade vom Parkplatz auf die Hauptstraße einbiegen, da entdeckte ich ihn plötzlich. Er war zu Fuß unterwegs, lief auf dem Mittelstreifen, Rucksack über die Schulter geworfen, Kopfhörer übergestülpt.
    Erst als ich ihn schon fast erreicht hatte, kam mir der Gedanke, dass ich vielleicht drauf und dran war, einen Fehler zu begehen. Aber man bekommt im Leben nur wenige zweite Chancen, nur selten eine echte Gelegenheit, die Zukunft zu korrigieren   – wenn man schon die Vergangenheit nicht ändern kann. Deshalb bremste ich, fuhr langsamer, ließ mein Fenster herunter.
    »Hey«, rief ich, doch er hörte mich nicht. »Owen!« Noch immer keine Reaktion. Ich legte meine Hand auf die Mitte des Lenkrads, drückte fest auf die Hupe. Endlich wandte er den Kopf.
    »Hi.« Gereiztes Hupen hinter mir; jemand brauste ungeduldig vorbei. »Was gibt’s?«
    »Was ist mit deinem Auto passiert?«
    Er blieb stehen, griff sich ans linke Ohr, zog den Kopfhörer raus. »Mobilitätsprobleme.«
    Das ist die Gelegenheit
, redete ich mir selbst gut zu.
S ag was. Irgendetwas. Los, raus damit!
    »Kenne ich.« Ich streckte die Hand aus, stieß die Beifahrertür von innen auf. »Steig ein.«

Kapitel 8
    Nachdem Owen eingestiegen war, stieß er sich erst einmal an dem ziemlich niedrigen Dach meines Autos   – das ich bis zu dem Moment gar nicht als so niedrig wahrgenommen hatte   – den Kopf. »Autsch«, meinte er, rieb sich die Stirn und stieß anschließend prompt mit dem Knie gegen

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