Justifiers - Autopilot: Justifiers-Roman 7 (German Edition)
stand sie eines Abends vor meiner Hütte. Ein halbes Jahr nach deinem Besuch. Sie hat mich aus meinem Vertrag mit B’Hazard rausgekauft und mir einen neuen zur Unterschrift vorgelegt. Einen mit viel besseren Konditionen. Noch zwei, drei Jahre, und ich bin frei und kann hingehen, wo immer ich will, ohne irgendeinen Konzern um Erlaubnis fragen zu müssen. Miss Presley ist wirklich sehr gut zu mir.«
O ja, sie ist eine richtige Heilige … und ihr Gott heißt Reingewinn. Pollock räusperte sich. »Ich will dir jetzt nicht zu nahe treten, Bruno. Aber ich gehe mal davon aus, Madonna hat dich nicht wegen deiner Bergbautalente eingekauft. Anders gesagt: Was bringt eine Tante aus dem Medienbusiness dazu, ausgerechnet einen Nacktmullbeta anzuheuern?«
»Ich habe in meiner Zeit bei Alliance einige wichtige Angestellte aus dem Geschäftszweig Entertainment und Celebrity Culture betreut«, sagte Bruno stolz.
»Das ist mal reichlich nebulös.« Pollock nahm einen der Schläuche vom Haken und warf die vollautomatische Shisha an. Im Gedenken an Madonna wählte er einen Tabak mit Bananenaroma. »Geht das ein bisschen präziser?«
»Natürlich.« Bruno griff nach einem eigenen Schlauch der Wasserpfeife. »Wie dir nicht unbekannt sein dürfte, ist Medienpräsenz immer mit einer erheblichen psychischen Belastung verbunden. Manche Leute haben damit keine nennenswerten Probleme. Andere hingegen …« Er nagte einen Moment am Mundstück. »Andere Leute leiden so sehr unter dem ganzen Stress, dass sie ihre Arbeit nicht mehr machen können. Da komme ich ins Spiel. Ein kluger Humanbiologe von Alliance hat herausgefunden, dass der enge Kontakt zu Nacktmullbetas einen positiven und allgemein sehr beruhigenden Effekt auf Menschen in Stresssituationen ausübt.«
Pollock zog an der Shisha und atmete den warmen, weichen Rauch durch die Nase aus. »Pheromone?«
»Ganz recht.« Bruno nickte. »Ich begleite meine Klienten mehr oder weniger rund um die Uhr, um dafür zu garantieren, dass sich ihre Stimmungsschwankungen in engen Grenzen halten.«
»Du bist also eine lebende Beruhigungspille«, sagte Pollock. Vielen Dank für dein Vertrauen in meine Belastbarkeit, Madonna … »Du sollst an mir hängen wie eine Klette und verhindern, dass ich vor lauter Aufregung einen Nervenkollaps kriege. Toll.«
»Ich kann dich auch bei deinen Ermittlungen unterstützen«, wandte Bruno ein.
»Ach?« Pollock verschluckte sich beinahe an seinem nächsten Zug aus der Shisha. »Wie denn? So wie eben vielleicht? Du legst dich mit einem Paar zwielichtiger Gestalten an, und ich rette dir die Schrumpelhaut?«
»Nein«, antwortete Bruno ernst. »Ich habe ein eidetisches Gedächtnis.«
»Du vergisst nichts von dem, was du jemals gesehen hast?« Beneidenswert.
»Mein Gedächtnis ist nicht auf visuelle Eindrücke beschränkt«, erklärte Bruno. »Es speichert sämtliche sensorischen Wahrnehmungen.«
»So?«
»Der Mann, der mich angegriffen hat, hatte einen Leberfleck neben dem rechten Mundwinkel, und seinem Atem nach zu urteilen, war in seiner letzten Mahlzeit Sojasoße«, begann Bruno, unsortierte Eindrücke herunterzurattern. »Als er auf mir gelandet ist, habe ich etwas in seiner Hosentasche gegen meine Hüfte drücken gespürt, höchstwahrscheinlich eine Schlüsselkarte für ein Wabenhotel. Das Kleid seiner Begleiterin roch neu, und ich gehe davon aus, dass sie es in einem Laden zwei Etagen über uns gekauft hat, wo es gerade im Sonderangebot zu haben ist. Ihr Parfum ist eine billige Kopie von Hans Brandenswans’ neuem Duft Glacial Facial , und ihre Nägel sind vo…« Er brach ab. »Du siehst nicht gerade begeistert aus. Mache ich was falsch?«
»Nein.« Pollock hängte seinen Shishaschlauch zurück an den Halter. »Ich bin nur dran gewöhnt, allein zu arbeiten.«
»Das stimmt nicht«, erwiderte Bruno. »Als wir uns auf Gambela begegnet sind, hattest du doch auch jemanden dabei. Deinen Kameramann. Er hieß Jost, war einen knappen Kopf kleiner als du, hatte eine knollige Nase und spuckte manchmal, wenn er ›Pollock‹ sagte, und er …«
»Ich weiß, ich weiß«, unterbrach ihn Pollock. »Und ich weiß auch, dass Jost mit dem Leben dafür bezahlt hat, mir überallhin nachzulaufen. Nenn mir einen guten Grund, weshalb ich dich dieser Gefahr aussetzen sollte.«
Bruno streckte sich. »Alle kommerziell erfolgreichen Ermittler der Menschheitsgeschichte hatten einen Partner, völlig egal, ob sie nun erfunden waren oder tatsächlich gelebt haben. Sherlock Holmes
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