Justifiers - Autopilot: Justifiers-Roman 7 (German Edition)
Trudy.
Na und? Bin ich etwa bei der Church of Stars? Pollock verkniff sich einen bissigen Kommentar. »Und es war keine gute Nachricht, nehme ich an.«
»Colt Nadar ist tot.«
»Hoppla.« Pollock steckte sein Diktafon in die Hemdtasche. »Seine Zelle sah mir aber sehr suizidsicher aus. Oder ist er einfach so tot umgefallen?«
»Esquirol meint, Nadar hätte sich die Pulsadern aufgeschlitzt.« Trudy nahm den Kopf schief. »Er ist sich nur unschlüssig darüber, wie Nadar das angestellt hat. Er will nicht ausschließen, dass einer der Pfleger ihm ein Messer besorgt hat.«
»Wie kommt er denn darauf?«, fragte Pollock.
»Nadars Diamant ist weg«, sagte Trudy. »Esquirol hält es für möglich, dass Nadar seinen Komplizen damit bezahlt hat.«
»Weil er ein Stümper ist!«, knurrte Pollock. Ich hätte diesem Affen vorhin doch ein paar zimmern sollen . »Für Nadar war das kein Diamant. Für ihn war das seine Frau. Esquirol kann aufhören, seine Leute zu verdächtigen. Ich kann Ihnen gern sagen, wo sie das Ding wiederfinden.«
»Ich bin gespannt.«
»In Nadar.« Pollock setzte sein Datenmonokel ab und polierte es an seinem Hemdkragen. »Er hat den Diamant geschluckt. Um im Tod wieder mit seiner Frau vereint zu sein. Und vorher hat er ihn dazu benutzt, sich die Adern damit aufzuritzen. Mit genügend Willen dahinter, und den hatte Nadar, hat das nicht allzu lange gedauert.« Pollock runzelte die Stirn. »War seine Zelle nicht kameraüberwacht?«
»Nein.« Trudy schaute betreten nach unten. »Sie wissen schon, Mister Shermar. Privatsphäre.«
»Aus Angst vor einem möglichen Datenklau.« Pollock schüttelte den Kopf. Wie bequem … »Für einen angeblich so sicheren Ort wie At Lantis grassiert hier beachtliche Paranoia.«
Trudy schob das Kinn vor. »Ich sag’s Ihnen gern noch mal, Shermar. Ich treffe hier nicht die letzten Entscheidungen. Ich bin nur dazu da, sie nach bestem Wissen und Gewissen umzusetzen. Beschweren Sie sich nicht bei mir, beschweren Sie sich bei unserem Boss. Guten Abend.«
Die Folie zeigte wieder ungerührt Aufnahmen von dem Schlafzimmer, in dem sich Polly van Tongeren an einem geschmacklosen Deckenleuchter aus rosa Bergkristall aufgeknüpft hatte.
Pollock beförderte sein Monokel zurück an den angestammten Platz, lehnte sich zurück, schlug die Beine übereinander und sah zu Bruno. »Wo waren wir eben stehen geblieben?«
Bruno bleckte in einem freundlichen Lächeln seine imposanten Nagezähne. »Ich war so frei, dich darauf hinzuweisen, dass eine deiner Einschätzungen zum vorliegenden Fall nicht völlig korrekt ist.«
»Erhelle mich«, verlangte Pollock.
Eine schnelle Serie glockenheller Töne, untermalt von einer dahingehauchten Ansage in einer Pollock unbekannten Sprache, hallte durch den Raum.
»Ist das die Klingel?«, fragte Pollock in den Raum hinein.
Die Töne samt Ansage wiederholten sich.
»Das ist die Klingel«, beschloss Pollock und machte sich auf, um nachzusehen, wer Colt Nadar da einen Besuch zu später Stunde abstatten wollte.
9
27.09.3042 A.D., 21:50
System: Sol
Planet: Erde
Ort: Lantis Island, ehemalige Residenz von Colt Nadar
Die Klingel läutete noch viermal, bis Pollock den Weg durch Nadars verwinkeltes Privatreich zur Eingangstür gefunden hatte, und sie läutete noch dreimal mehr, während Pollock sich mittels der in die Tür integrierten Kamera ein Bild von dem ungeduldigen Besucher machte.
Beim Mann vor der Tür handelte es sich unzweifelhaft um einen Suprasoldaten. Niemand, der Mutter Natur nicht gehörig auf die Sprünge geholfen hatte, besaß in diesem Alter – Pollock schätzte ihn auf mindestens Ende fünfzig – noch solche Muskelpakete. Fast wie dieses Arschloch, das Bruno in London ans Leder wollte, aber eben nur fast. Wie hieß er noch gleich? Ach ja, Gary. Gary hatte wegen seiner billigen Augmentierungen etwas regelrecht Grobschlächtiges, um nicht zu sagen Unförmiges an sich gehabt. Nicht so der Besucher, der auf seiner Seite der Tür die Kamera ebenfalls fest im Blick behielt. Wuchs und Statur entsprachen genau jenen Maßstäben, die nicht nur in Militärkreisen als körperliche Vollendung galten. Auf Pollock wirkte der Mann, als hätte man Hermes Christi Gegenspieler Ares Satanas in einen sündhaft teuren Anzug gesteckt. Allein das kantige Gesicht wies einen Makel auf: Über den stahlgrauen Augen spaltete eine wulstige Narbe die linke Braue. Nichts, was man nicht hätte richten können. Er trägt sie absichtlich.
Pollock zögerte.
Weitere Kostenlose Bücher