Justifiers - Autopilot: Justifiers-Roman 7 (German Edition)
momentan besser Vorsicht walten lässt.«
Grinsend steuerte Pollock auf eine Stelle in der Wand mit den Fenstern zum Innenhof zu, wo über einem der runden Bögen zwei feuchte Kreise den ansonsten makellosen Putz verunstalteten. »Lantis oder seine Sicherheitstante waren so höflich, die Kameras abmontieren zu lassen, die Nadar hier überall installiert hatte. Eine nette Geste. Der liebe Wilbur hat mir einen Werbetext gedrückt, dass in At Lantis Privatsphäre und öffentlicher Raum aus Rücksicht auf die intimen Details aus dem Leben der gut betuchten Bewohner strikt getrennt werden. Dass die Wohnbereiche nicht überwacht werden, blablaba. Ich kaufe das zwar nicht, aber wenn er meint, für mich den moralisch Unantastbaren geben zu müssen, bitteschön. Solange er nicht anfängt, sich darüber zu beschweren, ich käme ihm nicht schnell genug voran …«
Pollock schritt zum ersten von fünf selbsthaftenden Folienmonitoren, die er rings um das Zimmer in Augenhöhe an ausgesuchte Ziersäulen gepappt hatte. »Zurück zum Fall. Weißt du noch, wie wir früher am Anfang einer Folge so einen Teaser vorm Werbeblock A hatten, bei dem wir meistens das Verbrechen aus der Perspektive des Opfers in so krude nachgestellten Szenen gezeigt haben? Bei der Nummer, an der wir jetzt gerade dran sind, haben wir die Qual der Wahl. Alle sechs Vorfälle liefern nämlich richtig gutes Material zum Ausschlachten. Aber der Reihe nach.« Er betrachtete die Aufnahmen auf der Folie gefühlt zum hunderttausendsten Mal. »Die ersten beiden Opfer sind Francisco da Mota und seine Haushälterin Consuela Martinez. Da Mota war in seinem früheren Leben, also bevor er Atlanter wurde, Chefprospektor für B’Hazard und hatte eine sehr feine Nase für Edelmetalle aller Art. Vor gut einem Monat hat er Martinez aus einem nichtigen Anlass mit einem Katana massakriert. Er hat sie damit allerdings regelrecht tot geprügelt , weil die Klinge stumpf war, von wegen Verbot von tödlichen Waffen in At Lantis und so. Auslöser für seinen Aussetzer war, dass Consuela ein antikes Teeservice versehentlich in den Spüler geräumt hat, anstatt es von Hand zu säubern.«
»Du solltest erwähnen, dass da Mota nicht mehr wie ein Brasilianer ausgesehen hat«, merkte Bruno an. »Nur, damit es da keine Irritationen beim Casting gibt.«
»O ja, stimmt.« Pollock schenkte Bruno ein dankbares Daumenhoch. »Das mit dem Samuraischwert war kein Zufall. Da Mota war auf einem richtig schrägen Trip: Er ist total auf das mittelalterliche Japan abgefahren, weil er der Auffassung war, einer seiner portugiesischen Vorfahren hätte zu den ersten Europäern gehört, die jemals in Nippon aufgeschlagen sind. Dementsprechend sah es in seinem Anwesen aus: Papierwände, Schmuckkalligraphien, ein Steingarten, ein Teich für absurd teure Goldfische, das volle Programm. Das war kein Mann für halbe Sachen: Er hatte drei speziell auf seine Wünsche abgestimmte Gentherapien hinter sich, um seine Hautfarbe und seine Augenform zu verändern. Er wollte genauso aussehen, wie man in Japan damals ausgesehen hat. Dieser Spleen hat ihn wahrscheinlich auch dazu veranlasst, sich hinterher vom Balkon zu stürzen, nachdem er mit Consuela fertig war. Kein klassischer Seppuku, aber ein paar Hundert Meter freier Fall, bevor man auf dem Meer aufschlägt, sind auch kein Pappenstiel. Die Trooper waren übrigens langsamer als die Haie. Was man an Brocken von ihm aus dem Wasser gefischt hat, hätte ohne Umstände in einen Zehn-Liter-Eimer gepasst.«
Pollock ging zur nächsten Folie weiter. »Drei Tage, nachdem Da Mota den Klippenspringer gab, hatte Slim Kaschgalejew, eine ehemalige PR-Ikone von FullCorp, Besuch von einer jungen Dame, die nur auf der Durchreise war. Anna Xiaobing hatte gute Chancen, die neue galaktische Schachgroßmeisterin zu werden, und war außerdem ein echt heißer Feger. Slim wiederum war eine wahre Spielernatur, und …«
»Sag nicht Spielernatur«, mischte sich Bruno ein. »Das könnte den falschen Eindruck erzeugen.«
»Okay, Madonna. Mein Sidekick erteilt mir gerade eine Lektion in korrekter Informationsübermittlung, von der du selbstverständlich profitieren sollst.« Klugscheißer. »Slim hatte keine ausgeprägte Vorliebe für Glücksspiel im eigentlichen Sinn. Sein Herz schlug für Strategiespiele und Simulationen. Ich habe keine Ahnung, wie er Anna zu einer Runde Zitteraal überreden konnte, aber wer es früher in zahllosen Propagandaschlachten geschafft hat, der Öffentlichkeit
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