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Justifiers - Sabotage - Koch, B: Justifiers - Sabotage

Justifiers - Sabotage - Koch, B: Justifiers - Sabotage

Titel: Justifiers - Sabotage - Koch, B: Justifiers - Sabotage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Koch
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Brüste einer steinzeitlichen Fruchtbarkeitsgöttin. Der Wind blies ohne jeden Rhythmus.
    Seine Drahtskulptur war schöner, davon war er plötzlich überzeugt, sie würde ihr gefallen. Er dachte an ihr Lächeln, ihr schönes Gesicht, an die strahlenden Augen, wenn er ihr die Tüte überreichte. Es würden strahlende Augen sein, schließlich war Weihnachten. Lächelnd saß er auf dem Sims, summte eine Ballade und ließ die Füße langsam gegen den Fels baumeln. Rechts, links, rechts, links. Mehr ein Marsch als der Takt zum Tanz.
    Als er das siebte Mal auf die Uhr sah, hatte Doreen noch keine fünf Minuten Verspätung, es konnte also noch etwas dauern.
    Und dann brüllte eine Stimme: »Halt! Wer da?«
    Gennaro, und er war unerwartet nahe, vielleicht vierzig oder fünfzig Meter entfernt. Konnte er seinen Schwachsinn nicht weiter weg durchziehen?
    Natürlich antwortete niemand, Schemen sprachen nicht.
    Auch Aleksej schwieg, auf die Entfernung konnte er ihn unmöglich wahrgenommen haben.
    »Halt!«, schrie Gennaro. »Ich sagte halt!«
    Dann schoss er ohne eine Reaktion abzuwarten. Nicht nur einen Schuss, sondern eine ganze Salve feuerte er ins graue Nichts, das hatte er noch nie getan. Entweder drehte er immer weiter durch, oder er hatte diesmal wirklich etwas gesehen.
    Doreen! , durchfuhr es Aleksej, noch bevor die Salve verklungen war und doch zu spät.
    Ein erstickter Schrei drang durch den Wind, voller Schmerz und Angst und Verblüffung. Hoch und menschlich, doch ob es einer vom Schiff oder ein Fremder war, war nicht zu erkennen.
    Eine weitere Salve antwortete, gefolgt von einem langgezogenen »Ja!« aus Gennaros Maul, das in einem Lachen endete.
    »Nein!« Aleksej sprang vom Sims und rannte los. »Aufhören! Du elender Schwachkopf!«
    Das Feuer erstarb.
    »Aleksej?« Gennaros Frage klang überrascht und so leise, dass sie kaum durch das Heulen drang.
    Aleksej achtete nicht darauf. Voller Angst raste er im Zickzack durch den verdammten Nebel, schlug um sich, als müsste er die Schemen aus dem Weg stoßen, doch sie lösten sich auf, bevor er sie erreichte. Mehrmals geriet er fast ins Straucheln, und dann rannte er beinahe in einen leblosen Körper, der schrecklich verrenkt auf dem moosigen Untergrund lag.
    Ihren Körper.
    »Doreen!«
    Er warf sich neben ihr auf die Knie, fasste hastig nach dem nächsten Handgelenk, nach dem Hals, nach irgendeiner Stelle, wo er einen Puls finden konnte. Er sehnte sich nach diesem schwachen Pochen, das ihm beweisen würde, dass sie noch lebte.
    Seine Hände zitterten so, dass er nichts spürte, doch er musste sie nicht berühren, um zu wissen, dass es zu spät war.
    Ihre linke Wange war zerfetzt, nur noch ein blutiger Brei unter dem glasigen Auge, der Bauch aufgeplatzt, und auch aus dem rechten Oberschenkel sickerte gerinnendes Blut. Längst hatte sich die Hose vollgesogen, das Moos darunter wies dunkle Flecken auf, und inmitten des offenen Klumpens aus Fleisch und Stoff konnte er den weißen Knochen schimmern sehen.
    »Nein«, flüsterte er, zu schwach zum Schreien, zu leer, zu fassungslos. Seine Ohren wurden von einem Rauschen ausgefüllt, das die ganze Welt aussperrte und seinen Kopf vollständig ausfüllte.
    Neben ihr lag ein Löffel, um den sie eine Schleife geschlungen hatte.
    Sein Geschenk.
    Ein Löffel, fast musste er lachen. Dann bemerkte er in der Schleife einen schlichten stählernen Ring, den sie aus einem Rohr geschnitten haben musste. Auf der Innenseite waren zwei tanzende Strichmännchen eingeritzt, daneben stand: Gegen alle Nebel .
    Zärtlich blickte er in das zerschossene Gesicht, aber den Blick der toten Augen ertrug er nicht. Mit einem Mal überflutete ihn Zorn, blanke Wut.
    Hass.
    Auf Gennaro, den Nebel, Howard, Romanow, das Leben, das ganze Universum. Auf jeden und alles. Wenn er den Knopf zu Sintflut oder Apokalypse in der Hand gehalten hätte, er hätte ihn in diesem Moment gedrückt. Mit einem Lächeln.
    Aber er hatte keinen Knopf, er hatte nur seine bloßen Hände, doch die konnten genug anrichten. Hastig steckte er Löffel und Ring ein und sprang auf die Beine. Seine Nasenflügel bebten wie bei einem Tier, das Witterung aufnimmt. Langsam ebbte das Rauschen in seinen Ohren ab, und er hörte Gennaro, der nach ihm rief.
    »Verdammt, Aleksej, wo steckst du?«
    »Mörder«, knurrte er leise und rannte los. Er würde seine Position nicht so verraten, der verdammte Nashornbeta würde ihn sowieso gleich zu Gesicht bekommen, er war nicht weit entfernt. Es dauerte nur

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