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Justin Mallory 01 - Jäger des verlorenen Einhorns

Titel: Justin Mallory 01 - Jäger des verlorenen Einhorns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Resnick
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Wind wie ein riesiges geflügeltes Tier der Nacht.

KAPITEL 6
    M ITTERNACHT BIS 0:27 U HR
    Eohippus stand zitternd im Schnee, während Mallory an der Wand der Kabine lehnte und im Telefonbuch blätterte.
    »Ist Carruthers aufgeführt?«, fragte das kleine Pferd.
    »Oberst W. Carruthers«, las Mallory. »Ich denke nicht, dass es zwei davon geben kann.«
    Er holte eine Münze aus der Tasche, steckte sie ins Telefon und wählte die Nummer.
    »Niemand hebt ab«, sagte er wenige Augenblicke später.
    »Er läutet vermutlich das neue Jahr ein«, überlegte Eohippus. »Welche Adresse hat er?«
    Mallory blickte erneut ins Telefonbuch. »Trostlosstraße 124«, sagte er stirnrunzelnd. »Nie davon gehört.«
    »Sie liegt zwischen der Trägheit und der Verzweiflung«, erklärte das dunkle Pferd.
    »Sind das Straßennamen?«, fragte Mallory.
    »Im hiesigen Manhattan sind sie es.«
    »Und du warst schon in der Trostlosstraße?«
    Das dunkle Pferd nickte. »Ich habe nach einer der Seuchen des Grundys eine Leichenkarre gezogen.«
    »Eine Leichenkarre?«
    »Der Grundy meint es ernst«, sagte Eohippus grimmig.
    »Ich schätze auch«, pflichtete ihm Mallory bei. Er legte Eohippus über den Widerrist des großen Pferdes und kletterte unbeholfen auf dessen Rücken. Dann drückte er sich Eohippus an die Brust und wickelte die Mähne des dunklen Pferdes um die Finger der rechten Hand. »In Ordnung«, verkündete er. »Es kann losgehen.«
    Das dunkle Pferd trabte durch die kahle weiße Landschaft des Central Parks, die im geisterhaften Licht zu schimmern schien. Nachdem sie nicht ganz fünfhundert Meter zurückgelegt hatten, fiel Mallory auf, dass die flache Landschaft inzwischen von unheimlichen Gestalten durchsetzt war.
    »Was zum Teufel ist das?«, fragte er und deutete auf die Größte davon.
    »Ein Schneemann«, antwortete Eohippus.
    »Er ähnelt aber keinem Schneemann, den ich je gesehen habe«, wandte Mallory ein.
    »Na ja, im Grunde ist es eine Schneegorgone.«
    »Irgendein Kind hatte da aber eine ziemlich wilde Vorstellungskraft«, fand der Detektiv.
    »Ja«, pflichtete ihm das winzige Tier bei. »Die Füße müssten viel größer sein.«
    »Du meinst, so etwas existiert in dieser Welt wirklich?«, wollte Mallory wissen.
    »Natürlich«, antwortete Eohippus.
    Die Schneekonstruktionen wurden immer komplexer, und den Höhepunkt bildete eine Burg, in der man ein kleines Bataillon hätte unterbringen können.
    »Schöne Arbeit«, kommentierte Eohippus. »Achte nur darauf, wie all die einzelnen Steine aus Eis gefertigt wurden - und ich wette, die Zugbrücke funktioniert tatsächlich.«
    »Wer konnte das nur alles errichten?«, fragte Mallory und blickte sich nach Lebenszeichen um. »Es schneit doch erst seit zwanzig oder dreißig Minuten.«
    »Wer weiß?«, antwortete das Pferdchen. »Warum diese Wunderwerke nicht einfach würdigen, ehe sie schmelzen?«
    »Wenn ich etwas nicht weiß, liegt mir das auf der Seele«, erklärte Mallory. »Ich vermute mal, dass ich deswegen Detektiv geworden bin.«
    »Es ist so oder so schön, ob man nun weiß, wer es geschaffen hat, oder nicht«, wandte Eohippus ein.
    »Nein, nicht für mich«, entgegnete Mallory dickköpfig.
    »Banause!«, brummte das dunkle Pferd.
    Mallory entschied, die Sache nicht weiter zu verfolgen, und schenkte erneut den Schneeskulpturen seine Aufmerksamkeit, von denen manche zierlich und kristallen waren, andere direkt seinen schlimmsten Albträumen entnommen. Hier und dort waren geschäftstüchtige Werbeleute in den Schnee hinausgestürmt und hatten ihren kreativen Instinkten gefrönt: herausragend detailgenaue Schneemänner und -frauen waren mit sorgfältig gestalteten Hausröcken, Roben, Büstenhaltern und Schuhen angetan, alle an gut erkennbarer Stelle mit Preisschildchen und Geschäftsadressen versehen, und ein Händler für Oldtimerautos hatte sogar einen Duesenberg und eine Tuckerlimousine gearbeitet, komplett mit Fahrern in der typischen Kleidung ihrer Zeit.
    »Nun, was denkst du?«, fragte Eohippus, nachdem sie an einer weiteren Burg vorbeigekommen waren.
    »Ich bin mir noch nicht ganz sicher«, antwortete Mallory. »Ein Teil von mir findet das faszinierend.« Er zögerte. »Und der Detektiv in mir denkt, dass diese Dinger Straßenräubern furchtbar viel Gelegenheit bieten, sich zu verstecken.«
    »Wir haben keine Straßenräuber im Central Park«, wandte Eohippus ein.
    »Sei dir nicht zu sicher«, sagte Mallory. »Ich habe gerade gesehen, wie sich hinter dieser

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