Justin Mallory 01 - Jäger des verlorenen Einhorns
fragte das Pferd. »Wir sind nicht alle wie unser Eohippus hier, genauso wenig, wie wir Man o'War oder Secretariat gleichen.«
»Nur sehr wenige Pferde gleichen Man o'War oder Secretariat«, bemerkte der Detektiv.
»Nur weil sehr wenige so gesund sind!«, blaffte das Pferd. »Ich war sechs Jahre lang Rennpferd, und ich habe nie schmerzfrei auch nur einen Schritt zurückgelegt, verbrachte keinen Tag ohne Schmerzen. Ich habe gespürt, wie sich die Peitsche des Jockeys in mich grub, während ich auf geschwollenen Beinen und entzündeten Knöcheln lief, und ich fragte mich, was ich getan hatte, damit Gott mich so hasste.«
»Tut mir leid, das zu hören«, sagte Mallory.
»Es tat dir nicht ganz so leid, als du mir deine Wettkarten ins Gesicht geworfen und meinem Trainer gesagt hast, er sollte mich zu Fischködern verarbeiten.«
»Das habe ich getan?«, fragte Mallory überrascht.
»Ich vergesse niemals ein Gesicht.«
»Dann bitte ich um Entschuldigung.«
»Das spendet mir aber eine Menge Trost«, entgegnete das Pferd bitter.
»Auf der Rennbahn überwältigen mich leicht die Gefühle«, sagte Mallory unbehaglich.
»Menschen werden auf der Rennbahn emotional. Pferde niemals.«
»Das stimmt nicht ganz«, sagte Eohippus sanft. »Man findet auch Ausnahmen.«
»Nenne mir eine!«, verlangte das andere Pferd.
»Über Ruffian erzählt man sich, dass sie die Rennbahn liebte!« Er wandte sich an Mallory. »Hast du sie jemals laufen gesehen?«
»Nein, das war vor meiner, äh, Zeit, aber ich habe gehört, dass sie ein tolles Pferd war.«
»Das beste Stutenfohlen aller Zeiten«, sagte Eohippus entschieden. »Von ihrem ersten Schritt bis zum letzten war sie spitze.«
»Und sie war sechs Stunden später tot«, sagte das Pferd mit dem dunklen Gesicht. »Beim letzten Schritt brach sie sich das Bein.«
»Stimmt«, pflichtete ihm Eohippus traurig bei. Er schüttelte den Kopf. »Man könnte beinahe annehmen, der Grundy hätte gegen sie gewettet.«
»Der Grundy?«, fragte Mallory eifrig. »Was weißt du über ihn?«
»Er ist der mächtigste Dämon in New York«, antwortete Eohippus.
»Warum sollte er ein Einhorn stehlen?«, fuhr Mallory fort.
»Du meinst, außer den üblichen Gründen?«
»Ich weiß nicht. Welches sind die üblichen Gründe?«
»Zum Beispiel Lösegeld.«
Mallory schüttelte den Kopf. »Nein. Er hat keinerlei Forderungen gestellt.«
»Na ja, dann ist da immer noch das Horn. Es ist auf dem Schwarzmarkt ein Vermögen wert.«
»Benötigt er denn noch mehr Vermögen?«
»Nein.«
»Wozu ist ein Einhorn sonst noch gut?«
»Nicht vieles«, antwortete das Pferd mit dem dunklen Gesicht verächtlich.
»Unter welchen Umständen wurde es gestohlen?«, erkundigte sich Eohippus.
»Es befand sich in der Obhut eines Elfen namens Murgelström, und es wurde vor etwa zehn Stunden vom Grundy und einem Leprechaun namens Fliegenfänger Gillespie gestohlen.«
»Von dem habe ich gehört«, sagte Eohippus nachdenklich. »Der ist selbst schon ein eindrucksvoller Charakter.«
»Hast du irgendeine Vorstellung davon, wo ich ihn finden könnte?«, fragte Mallory.
»Nein. Mir gefällt jedoch nicht, dass irgendein Tier misshandelt wird. Falls du wartest, bis das Schneetreiben morgen früh nachlässt, würde ich mich dir gern anschließen.«
»Ich kann nicht warten«, sagte Mallory. »Im Grunde halte ich mich hier schon länger auf, als ich sollte. Eine Frist läuft.«
»Was für eine Frist?«, fragte Eohippus neugierig.
»Murgelströms Gilde wird ihn töten, falls ich Rittersporn nicht bis Sonnenaufgang gefunden habe.«
»Rittersporn?«, wieherte Eohippus erschrocken, und in sämtlichen Boxen wurde der Name in ehrfürchtigem Ton wiederholt.
»Ist er etwas Besonderes?«, fragte Mallory.
»Das ist er, falls der Grundy ihn hat!«, sagte Eohippus.
»Ich denke nicht, dass ich das verstehe.«
»Einmal in tausend Jahren wird ein Einhorn geboren, in dessen Stirn ein nahezu perfekter Rubin eingelassen ist, direkt unterhalb des Horns«, erklärte Eohippus. »Das ist so etwas wie ein Muttermal.«
»Dann hat Rittersporn wohl so etwas.«
»Allerdings«, bestätigte das winzige Pferd.
»Und das macht ihn wertvoll genug, um sogar das Interesse des Grundys zu wecken?«
»Geld hat nichts damit zu tun«, entgegnete Eohippus. »Der Rubin öffnet ein Tor zwischen den Welten - und ist an sich schon eine Quelle gewaltiger Macht. Der Grundy besitzt bereits zwei solcher Steine, weshalb er ja auch der Grundy ist. Wer weiß, zu was er sich
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