Justin Mallory 03 - Mallory und der Taschendrache
sie auf eine Farm, wo ein halbes Dutzend Drachen, jeder von den Ausmaßen eines T. Rex, auf einer Wiese herumtollten und verspielt Feuer aufeinander spuckten.
»Kann ich Ihnen helfen?«, fragte ein grauhaariger Mann, der sich den Besuchern näherte.
»Ich suche nach einem Drachen«, antwortete Mallory.
»Sie haben gerade einen ganzen Haufen davon gefunden, Mister.«
»Nach einem speziellen Drachen«, sagte der Detektiv.
»Na ja, diese jungen Exemplare hier sind nich’ so speziell«, räumte der Mann ein. »Muss sich erst noch rauskristallisieren.«
»Ich benötige einen Taschendrachen.«
»Kann Ihnen nicht helfen. Ich bin auf die großen Brummer spezialisiert.«
Einer der Drachen bemerkte auf einmal Mallorys Gruppe und trabte heran, um sie sich genauer anzusehen.
»Ist er gefährlich?«, fragte Mallory.
»Ich vermute, das hängt davon ab, ob Sie feuerfest sind oder nicht«, erklärte der Alte. Er wandte sich an den Drachen. »Komm her und sag hallo.«
Der Drache erreichte den Zaun und streckte den Hals darüber.
»Lassen Sie ihn mal an Ihrem Handrücken schnuppern«, empfahl der Alte.
Mallory streckte die Hand aus. Der Drache atmete tief ein, und der Detektiv konnte nur mit knapper Not verhindern, dass dabei sein ganzer Arm eingesaugt wurde.
»Jetzt sind Sie und Knuddel Freunde«, erklärte der Alte.
»Knuddel?«, fragte Mallory ungläubig.
»Jupp«, sagte der Alte voller Bewunderung. »Isser nich’ süß?«
»Ich muss zugeben, das ist nicht der Begriff, der mir als Erstes in den Sinn kam«, sagte Mallory.
»Na ja, er ist noch halbwüchsig, aber sobald er erst mal ausgereift ist …«
»Sie meinen, er wird noch größer? «
»Klar doch.«
»Wo zum Teufel stellen Sie ihn aus? Ich denke nicht, dass man ihn in den Madison Round Garden hineinkriegen würde, nicht mal über die Lkw-Einfahrt.«
»Nicht alle Drachen sind für Ausstellungen gedacht«, wandte der Alte ein. »Manche züchtet man für die Jagd, andere für einen Sport wie zum Beispiel die Ritterhatz. Knuddel hier wurde gezüchtet, um Düsenfliegerangriffe auf Manhattan, die Bronx und Lower South Brooklyn abzuwehren.«
»Klingt für mich, als hätte er keine Chance«, bemerkte Mallory. »Er ist vielleicht ein fürchterlich dicker Batzen Fleisch und Blut, aber er ist trotzdem nur Fleisch und Blut gegen einen Düsenjäger.«
Der Alte lächelte. »Er kann einen Düsenflieger auf zweihundert Meter Distanz schmelzen.«
»Und der kann ihn auf, was, drei Kilometer Distanz abschießen?«, wandte Mallory ein.
»Zu seinem Ausbildungsprogramm gehören Ausweichmanöver.«
»Wäre das nicht die Aufgabe seines Piloten?«
»Sie verlieren ihre Piloten schon mal«, sagte der Alte und rubbelte dem Drachen die Schnauze.
»Ist mir aufgefallen«, sagte Mallory trocken.
Auf einmal ertönte ein Brüllen, und ein Flammentuch zuckte heran und versengte dem Drachen das Hinterteil. Er kreischte überrascht, während sich Mallory zu Boden warf, dann behutsam den Kopf hob und sich umsah.
»Was zum Teufel war das?«, wollte er wissen.
»Oh, nur Süßer Fratz«, antwortete der Alte und deutete auf einen anderen riesigen Drachen. »Sie sah, dass ich Knuddel gestreichelt habe, und wurde eifersüchtig.«
Mallory rappelte sich auf. »Na ja, es dürfte klar sein, dass der Drache, nach dem ich suche, nicht hier ist. Findet man auf der Insel eine Einrichtung, die sich auf Taschendrachen spezialisiert?«
»Nur ein Stück weit die Straße entlang«, sagte der Alte. »Vielleicht achthundert Meter. Gehen Sie nach links, wenn sich die Straße gabelt, und halten Sie nach asbestverkleideten Hundehütten Ausschau.«
»Danke«, sagte Mallory. Auf einmal sah er etwas Weißes in der Ferne aufschimmern. »Was ist das?«, fragte er.
»Der Typ im weißen Laborkittel? Er ist vom DDI.«
»Dem DDI?«, wiederholte Mallory.
»Dem Drachen-Diät-Institut. Er überprüft eine bescheuerte Theorie, die Ernährungsweise der Drachen führte bei ihnen zu Sodbrennen, was durch das Feuerspucken bewiesen würde.«
»Was fressen diese großen Drachen?«
»Alles, was kleiner ist als sie selbst«, antwortete der Alte.
»Dieser umfassende Ernährungsplan klingt danach, als wäre seine Theorie nur schwer zu belegen.«
»Immerhin hält sie ihn beschäftigt. Ich kenne Schriftsteller und Schauspieler, die für regelmäßige Gehaltsschecks glatt einen Mord begehen würden.«
»Sie dürfen Detektive mit auf die Liste setzen«, sagte Mallory und machte sich auf den Weg zur Taschendrachenfarm.
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