Juwel meines Herzens
Caspers kühles Lächeln. »Keine Geschäfte. Aber ich verspreche dir etwas. Wenn du deinen Mann nicht augenblicklich dazu bringst, das Mädchen freizugeben, dann schlachte ich jedes Mitglied deiner Mannschaft einzeln ab. Und mit dir werde ich beginnen.«
Der hübsche Jack nickte und bückte sich, um etwas aus seinem Stiefel zu holen. Sofort griff Nolan nach seinem Schwert, worauf der andere innehielt und die Augen zusammenkniff. Mit einer langsamen, vorsichtigen Bewegung zog er einen dünnen Dolch aus einem Schlitz seines Stiefels – offensichtlich war Nolans Crew beim Durchsuchen der Gäste nicht gründlich genug gewesen. Nolan hielt den Atem an und nickte.
»Ich weiß, dass du zu deinem Wort stehst, Nolan. Aber somit lässt du mir keine andere …
Wahl.
« Jack Casper drehte sich auf seinen Fußballen und schleuderte sein Messer in Richtung des Piraten, der Jewel umfasst hielt. Ein Schmerzensschrei löste sich aus dessen Kehle, als er den Griff umklammerte, der Sekunden später in seinem linken Auge erzitterte. Befreit stolperte Jewel nach vorne, während ihr Kidnapper auf die Knie fiel. Seine Schreie vor Schmerz und um Hilfe klangen noch lange nach.
Nolan zog Jewel an sich. Sie zitterte so stark in seinen Armen, dass er sie noch fester an sich drückte. Trotz all der Zuschauer, die seine Gefühlsschwäche nun bemerken würden, küsste er sie aufs Haar und flüsterte ihr beruhigende Worte zu. »Ich bin froh, dass dein Augenmaß noch immer das Gleiche ist wie früher, Jack«, stieß er hervor, als er seiner Stimme wieder traute, doch ein verräterisches Beben konnte er trotz allem nicht unterdrücken.
Der hübsche Jack rieb sich das Handgelenk. »Na ja, nicht ganz. Ich habe auf seine Kehle gezielt.«
Jewel befreite sich aus Nolans Armen. »Du hast es gewusst! Du hast alles gewusst, was er plante. Warum hast du ihm nicht einfach die verdammte Karte gegeben?«, fauchte sie.
Nolan versuchte, sie zurück in seine Arme zu ziehen. »Beruhige dich, Liebste. Jetzt bist du ja wieder in Sicherheit.« Er musste sie dicht bei sich halten, um sein eigenes rasendes Herz zu beruhigen. Schon früher hatte er Jack mit Waffen werfen sehen, sogar im Spiel ein kleines Vermögen gegen ihn verloren, weil er seine Zielgenauigkeit unterschätzt hatte. Jetzt hatte er zugelassen, dass Jack ein Mitglied seiner eigenen Crew getötet hatte, und damit mehr riskiert als Jewels Leben: Er hatte sein eigenes aufs Spiel gesetzt. Wenn er einen Fehler gemacht und Jewel deshalb nicht überlebt hätte, wäre er an diesem Schmerz zugrunde gegangen.
Sie widersetzte sich ihm noch immer, aber er hielt sie am Arm, so dass sie sich nicht losmachen konnte.
Wayland schlug erst Jack Casper auf den Rücken, dann sagte er zu Jewel gewandt: »Reg dich nicht auf, Mädchen. Das Messer im Auge hat die gleiche Aufgabe wie eine aufgeschlitzte Kehle erfüllt. Und es ist noch nicht einmal tödlich.«
Casper ging zu seinem Mann hinüber. »Doch, dieses Mal schon.«
Marcus wand sich auf den Deckplanken. »Jack, Jack! Wo bist du? Werde ich jetzt sterben, Jack?«
Der Piratenkapitän gab Wayland ein Zeichen. »Komm. Hilf mir mit ihm.«
Wayland kniete sich neben den Verletzten und blickte Jack fragend an. »Soll ich das Messer rausziehen?«
»Nein. Ich glaube, das würde das Auge gleich aus seiner Höhle lösen.« Er musterte Wayland. »Nicht persönlich gemeint, aber ich glaube, das würde ich jetzt nicht vertragen. Hilf mir nur, ihn aufzuheben.« Er schob seine Hände unter Marcus’ Schultern und setzte ihn auf.
»Jack? Bist du hier, Jack? Werde ich sterben, Jack?«
»Ich fürchte schon, Marcus.« Casper griff hinter sich und förderte einen größeren Dolch aus dem Futteral seiner Jacke zutage. Nolan musste so bald wie möglich mit seiner Mannschaft über ihre Durchsuchungsmethoden sprechen. Der Piratenkapitän zog das Messer einmal an Marcus’ Hals entlang, dann verstummten dessen Schreie. »Hilf mir jetzt, ihn hochzuheben. Fertig? Eins, zwei, drei.« Gemeinsam mit Wayland hob er die leblose Gestalt an und warf sie über die Reling. Nach ein paar Sekunden durchbrach ein platschendes Geräusch die Stille.
Jewel presste ihr Gesicht an Nolans Brust und schluchzte. Nolan streichelte sanft über ihr Haar. In der Nacht hatte das Blut, das an Deck vergossen worden war, seinen Schrecken verloren. Die große Pfütze wirkte im Dunkeln so harmlos wie Wasser. Um Jewel den schrecklichen Anblick am Morgen zu ersparen, ließ Nolan einen Mann aus der Mannschaft die
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