Juwel meines Herzens
Lebensverhältnisse zu erheben, und die zudem schlau genug war, um mit ihm einen lang verborgenen Schatz zu heben. »Entschuldigt mich, ich werde mich in meine Kajüte zurückziehen. Ich hatte einen anstrengenden Tag.«
»Jetzt lass dir von unserem Captain nicht deine Stimmung verderben. Du bist die Tochter eines Piraten, so einfach ist das. Spiel dich nicht auf, auch Nolan ist ein Pirat, selbst wenn er es nicht zugeben will. Ihr beide gehört einfach zusammen. Ich versuche nur zu helfen.«
Waylands Bemerkung schwebte noch über dem Tosen des Meeres und in ihren Ohren, als sie wieder in ihre Kabine stürmte. Nolan war keinen Deut besser als Latimer Payne. Beide hielten sie für so verzweifelt, dass sie annahmen, sie würde alles dankbar nehmen, was man ihr bot.
In dem Zimmerchen wurde sie von dem Verlangen übermannt, sich das Kleid, das Nolan für sie hatte kaufen lassen, vom Leib zu reißen und es über Bord zu werfen. Die Wirklichkeit, wie sie sich in diesem Moment abzeichnete, war meilenweit von ihren jugendlichen Träumen entfernt. Nur weil sie die Karte zu einem Schatz besaß, bedeutete das noch lange nicht, dass man sie akzeptierte oder ihr Respekt zollte. Sie hatte keinen blassen Schimmer, was sie erwarten sollte oder nicht.
Vorsichtig löste sie die Schlaufen des Kleides und hängte es in den Schrank. Auf keinen Fall würde sie ihrem Drang nachgeben und sich wegen des Vorfalls nicht mehr an schönen Kleidern erfreuen. Im Gegenteil: Da Nolan sie nun ja mit allem versorgt hatte, was notwendig war, um eine ungewollte weibliche Ablenkung zu sein, würde er genau das von ihr bekommen.
[home]
Kapitel sieben
S ie erreichten Gardiners Island binnen weniger als anderthalb Tagen – in Rekordzeit. Für Nolan war es die längste Reise seines Lebens gewesen. Er hatte Jewel verletzt, sich wie ein Untier benommen, und sie hatte ihn dafür büßen lassen. Ihr Aufeinandertreffen in der Kombüse war ganz und gar nicht so gelaufen, wie er es geplant hatte. Er hatte gehofft, einen kühlen Waffenstillstand mit ihr zu schließen, aber als sie in dem Kleid mit vor Freude glänzenden Augen vor ihm erschienen war, hatte ihn ihre Sinnlichkeit wie ein Schlag ihres Vaters getroffen. Die Frauenkleider sollten dazu dienen, ihn zu desillusionieren, weil sie in ihnen mit Sicherheit wie eine gewöhnliche Frau aussah. Zu spät hatte er seinen Fehler erkannt. An Jewel war einfach nichts gewöhnlich.
Aus der Ferne wirkte Gardiners Island üppig grün. Im Inselinneren wuchsen Kiefern, und der graukristallene Sand sog die warmen Strahlen der Frühlingssonne auf und lud sie ein, an Land zu gehen. Sogar die rauhen Felsen, die aus der schwachen Brandung herausragten und ihr Skiff bei einem Sturm nur allzu leicht zerschmettern konnten, schimmerten friedlich: Die Insel bot ein gänzlich anderes Bild als bei seinem letzten Besuch. Damals hatten er und Bellamy die Insel im tiefsten Winter abgesucht. Ihnen war der heulende Wind durch die Kleider gefahren, und selbst die stärksten Bäume hatten sich unter ihm gebogen. Heute nun schien die Insel das Geheimnis eines verborgenen Schatzes zu wahren.
Trotz der Sonne, die ihm auf den Rücken brannte, als er eine der beiden Barkassen für den Landgang hinüberruderte, stieg von den Wellen noch immer Kälte auf. Sie ließ Nolan schaudern. Doch die Kühle hatte nichts mit dem erst kurz vergangenen Winter zu tun, sondern ausschließlich mit einer überaus überheblichen Göre. Jewels Lachen tanzte über das Wasser und klirrte schrill in seinen Ohren. Wie Metall auf Metall. Er konnte gerade noch an sich halten, seiner Miene nichts anmerken zu lassen. Gerade warf Tyrell, der das Skiff ruderte, in dem Jewel saß, als Antwort auf ihr klingendes Kichern lachend seinen Kopf zurück.
Wayland, der sich in Nolans Boot befand, verrenkte sich den Hals. »Die beiden sind so eng miteinander wie die Schenkel einer Jungfrau. Mit mir hat sie, seit wir Newport verlassen haben, kaum mehr ein Wort gesprochen.«
Nolan zerrte stärker als nötig an den Rudern. Er versuchte, seiner Frustration Luft zu machen, indem er sich von ihrem Boot absetzte. Jewel aus dem Weg zu gehen, war eine Sache – von ihr geschnitten zu werden, eine ganz andere. Obwohl er die Behandlung vermutlich verdient hatte, litt er darunter. Auch sein Gespräch mit Tyrell wegen Jewel war nicht wie geplant gelaufen. Sein Leutnant hatte zwar bereitwillig zugestimmt, sie mit äußerstem Respekt zu behandeln, solange sie an Bord war, doch Nolan fürchtete,
Weitere Kostenlose Bücher