Juwel meines Herzens
gewesen, sie von sich wegzustoßen, schließlich war er um ein Mehrfaches besser dran ohne ihre Verachtung. Vorwürfe machen konnte er sich selbst. Wann hatte er sich nur wieder Bellamys Verhalten angewöhnt? Niemandem vertrauen. Niemals jemandem den Rücken zukehren. Die einfachen Regeln hatten doch in seiner Vergangenheit gut funktioniert, also würde er sich von einem vorlauten Frauenzimmer nicht zwingen lassen, sich selbst zu hinterfragen.
Nolan holte Jewel ein, wild entschlossen, ihr nicht genauso einfach die Leitung dieser Expedition zu überlassen, wie sie sich in sein Leben gedrängt hatte. »Die Anweisung lautet: dreißig Schritte.« Er schritt aus und versuchte zu verdrängen, dass sich die grüne Insel in ihren Augen spiegelte. Er hatte nicht gewusst, dass Wut sie so schön machte. Dann verlor er die Konzentration und musste stehen bleiben.
Sie schloss auf. »Das waren nur sieben.«
Er ging weiter. Hatte er sich geirrt, als er nach dem Kuss Verlangen in ihren Augen gesehen hatte? Hatte sie ihm von Anfang an nur etwas vorgespielt, gab es einen Plan, den sie verfolgte, um von ihm das zu bekommen, was sie wollte? Könnte er sich doch nur sicher sein, dass seine eigene Begierde ebenso oberflächlicher Natur war. Nolan wandte sich scharf nach rechts und begann, wieder zu zählen.
Keuchend holte Jewel ihn ein. »Das stimmt nicht!«
Er hielt an, damit sie zu Atem kommen konnte. »Aber ich befolge nur die Anweisungen der Karte.«
»Nein. Ich meine, die Hügel stimmen nicht mit der Zeichnung überein. Wir sollten durch ein Tal gehen, siehst du?« Sie hielt ihm die Karte hin.
»Ich glaube kaum, dass sie exakt ist«, wiegelte er ab, ohne einen Blick auf das Papier zu werfen. »Deswegen sind auch die Schritte bis zu diesem Punkt hier angegeben.«
Fragend neigte Jewel ihren Kopf. »Wenn du alles weißt, warum hast du den Schatz dann nicht schon früher gefunden?«
Nolan ging weiter, blieb dann aber stehen. Waren das jetzt zweiundzwanzig oder dreiundzwanzig Schritte gewesen? »Damals war ich noch nicht des Lateinischen mächtig. Glaub mir, die Zeichnung hält Narren zum Narren.«
Jewel fasste ihn am Arm. »Du meinst mich? Vielleicht soll das Latein aber auch aufgeblasene Alleswisser wie dich zum Narren halten, die Urteile über Menschen fällen, ohne irgendetwas über sie zu wissen!«
Nolan hörte auf, sich über seine Schrittzahl Gedanken zu machen. Er drehte sich um und sah ihr ins Gesicht. »Was zur Hölle soll das heißen?«
Sie funkelte ihn mit einer derartigen Feindseligkeit an, die ihn überraschte, egal ob sie nun berechtigt war oder nicht. »Du spielst den Gentleman, wenn es dir gerade genehm ist, aber im Grunde deines Herzens bist du keinen Deut besser als die anderen Männer, die ich getroffen habe.« Sie faltete die Karte zusammen, steckte sie sich ins Mieder und stapfte festen Schrittes davon. Ihre Worte ließen Nolan erschauern. In seiner Vergangenheit hatte es viele Momente gegeben, die bewiesen, dass er tausendmal schlimmer war als die anderen Männer, auf die sie bisher gestoßen war. Aber davon konnte sie nichts wissen – oder etwa doch?
Auch Tyrell schleppte sich jetzt den Hügel hinauf. Jewel lief auf ihn zu, es fehlte nur noch, dass sie ihn umarmte. Stattdessen begannen sie ein Gespräch, Tyrell nickte, und dann blickten beide in Nolans Richtung. Schmiedeten sie ein Komplott gegen ihn? Wehe, wenn er von der Karte wusste. Aber worüber sie auch sprechen mochten, es ärgerte Nolan weit mehr, die beiden beieinander zu sehen, als er es verbergen konnte. Obwohl ihn das Gespräch mit seinem Leutnant etwas beruhigt hatte, schien Jewel es darauf abgesehen zu haben, einen Keil zwischen ihn und seine Crew zu treiben. Er war einer Täuschung erlegen, als er gedacht hatte, sie hätte nichts vom Charakter ihres Vaters geerbt: Sie wusste ganz genau, wie sie die Schwachstelle eines Mannes finden konnte, und stieß dann gnadenlos zu. Auch dass sie weinen konnte, änderte nichts daran.
Er drehte sich um und folgte weiter den Anleitungen der Karte. Letzte Nacht hatte er alles auswendig gelernt. Niemals wieder würde er auf das Pergament angewiesen sein. Er fand die bezeichnete Stelle, hatte aber nicht das Gefühl, alles richtig gemacht zu haben. Dies war nicht der Ort, an dem Bellamy und er gemeinsam gegraben hatten; dessen zumindest war er sich sicher. Aber die Anweisungen auf der Karte waren auch alles andere als eindeutig.
Tyrell und Jewel holten ihn mit zwei Besatzungsmitgliedern ein, Wayland
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