Juwel meines Herzens
sie fest. »Hör mir zu, Mädchen. Ich verlasse mich darauf, dass du den Jungen zur Vernunft bringst. Er weiß nicht, was er will.«
Jewel nickte zustimmend und hoffte, er würde sie nun gehen lassen. Angst kroch ihren Nacken hinauf. Sie suchte das Deck ab, aber der Bug lag ungewöhnlich verlassen da. Niemand hielt sich in Sichtweite auf, und das dunkle Rollen der Wellen würde höchstwahrscheinlich jeden Schrei verschlucken.
»Nolan sagt Dinge, von denen du und ich wissen, dass sie nicht das sind, was er denkt.« Auch Waylands gesundes Auge flog jetzt hektisch über das Deck. Nackte Panik ergriff Jewel, wieder wollte sie sich loszerren, aber er hielt sie weiterhin mit erstaunlicher Kraft fest. »Er behauptet, nicht an dir interessiert zu sein, aber wie sieht er dich an? Mit Feuer. Ich habe es selbst beobachtet. Er ist verrückt nach dir.«
Jewel hörte auf, sich zu winden. Die Neugier, die Waylands Worte in ihr weckten, hatte die Oberhand über ihre Furcht gewonnen. Als der alte Seemann endlich von ihr abließ, rannte sie nicht davon, wie sie es vorgehabt hatte. Was er sagte, ergab einen Sinn. Oder sprach er nur die Worte aus, die sie hören wollte? »Aber alles, was ich tue, scheint ihn abzustoßen. Ich habe das Kleid angezogen, das er mir hat kaufen lassen, da ich dachte, er wollte es so, aber es schien ihn nur zu ärgern.«
»Hübsche Kleider sind etwas für Jungs wie Tyrell. Nolan ist ein erwachsener Mann. Er ist an Frauen gewöhnt, die wissen, was sie tun. Du kannst ihm deine Reize nicht unter die Nase halten und sie dann wieder verstecken. Du musst ihm zeigen, was du zu bieten hast, so einfach ist das.«
Jewels Körper verkrampfte sich. »Nur weil ich in einer Taverne gearbeitet habe, heißt das noch lange nicht, dass ich eine Hure bin.«
»Beruhige dich, das weiß ich. Aber wenn ich du wäre, dann hätten wir dieses Problem nicht, oder? Vertrau mir. Wenn du Nolan willst«, Wayland fasste sich verdeutlichend in den Schritt, »musst du ihn genau hier packen. Dann wirst du ihn auch bekommen.« Er schloss seine Darbietung mit einem Zwinkern ab. Als ob Jewel seine Geste missverstehen konnte!
»Ich muss gehen.« Sie drehte sich um.
Wayland hielt sie auf. »Du hast noch nie den Schwanz eines Mannes angefasst, oder?«
Jewel wollte sich befreien. »Müsst Ihr das nun auch noch fragen?« Sie erwog kurz, ihn mit ihrer anderen Hand zu schlagen, aber mit seinem narbenübersäten Gesicht würde er davon wohl sowieso nichts spüren.
Wayland hielt ihren Arm fest. »Beruhige dich, Mädchen. Scheinbar habe ich mich vertan, und du bist doch nicht ganz die Tochter deines Vaters. Dachte, du wärst aus härterem Stoff gemacht.«
Sie entzog sich ihm mit einem festen Ruck. »Ich bin aus härterem Stoff gemacht! Aber ich bin auch die Tochter meiner Mutter, und ich habe nicht vor, mit einem dicken Bauch zu enden – und ohne Mann, wenn das Baby erst auf der Welt ist.«
Wayland grinste. »Dann bist du ja doch nicht so naiv, wie ich meinte.«
Jewel war wütend. Sie war wütend auf Nolan, auf sich selbst und – plötzlich – auch auf ihren heißgeliebten Vater. Immer war sie zu beschäftigt damit gewesen, ihr vaterloses Leben zu betrauern, um wirklich zu verstehen, in was für einer schwierigen Lage ihre Mutter damals gewesen war – bis jetzt. Genauso wenig hatte sie einen Gedanken daran verschwendet, wie sehr es sie verletzt haben musste, dass der Vater ihrer Tochter sie verlassen hatte. »Da habt Ihr recht. Ich habe seine Freundlichkeit nur falsch eingeschätzt. Das ist es also, was Nolan will? Sex?«
»So habe ich mich nie ausgedrückt. Nun, aber ja, das will er. Und nicht nur das. Nolan ist nicht wie dein Vater, Gott hab ihn selig. Er würde dich nie verlassen, hätte er dich geschwängert – ganz im Gegenteil. Ich gebe dir nur einen Rat, wie du von ihm bekommst, was du haben willst. Er begehrt dich, das ist unleugbar. Aber er wird so lange das tun, was er will, bis du deine Hand um seine steife und harte Männlichkeit legst … wenn du verstehst, was ich meine.«
Oh, sie verstand nur zu gut. Ohne jemanden, der sie beschützte, hielten alle Männer sie für leichte Beute. Wie naiv sie gewesen war! Sie hätte wissen sollen, welches Verlangen hinter Nolans hungrigem Blick und seinem gestohlenen Kuss in Wirklichkeit steckte. Trotzdem hatte sie gedacht, dass er mehr in ihr sah als nur ihren Körper. Sie hatte geglaubt, er nähme sie als Frau wahr, sie, die Kraft und Verlangen in sich trug, um sich über ihre
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