Juwel meines Herzens
schleppte sich in einiger Entfernung hinter ihnen her. Als wäre Jewel die Königin der Insel, die von ihrer Entourage begleitet wurde.
»Hier.« Nolan deutete auf den Fleck, zu dem ihn seine abgezählten Schritte geführt hatten. Hier, auf dem Gipfel des Hügels, fanden sich kaum größere Felsen oder aufragende Kiefern. Mit einem Wald vor ihnen und dem Strand in ihrem Rücken befanden sie sich in relativer Abgeschiedenheit. Die beiden Männer der Crew nahmen ihre Schaufeln in die Hände und setzten zu graben an.
»Das ist so aufregend!« Jewel sog die Luft ein. Sie hüpfte zwar nicht wie ein kleines Mädchen auf und ab, aber aus ihrem atemberaubenden Lächeln, das sie jedem der versammelten Männer mit Ausnahme von Nolan und Wayland zuwarf, sprach wahre Begeisterung.
Nolan knurrte unwillig.
Weil sich der Boden als hart und unnachgiebig erwies, entledigten sich die beiden Männer vor Anstrengung ihrer Hemden. Nolan hatte geplant, abwechselnd zu graben. Auch hatte er mit feinkörnigem Sand gerechnet, aber die Männer kamen so langsam voran, dass er es sich anders überlegte. Er stieß sich schon jetzt von dem Baum ab, an dem er lehnte, und kam ihnen zu Hilfe.
»Wir sollten die Insel erkunden. Tyrell, würde es Ihnen etwas ausmachen, mich zu begleiten?«, fragte Jewel.
Nolan zog seine Jacke aus. »Zum Teufel damit! Mr. Tyrell ist im Dienst.«
»Trotzdem glaube ich, Miss Sanderson sollte besser nicht alleine auf Entdeckungstour gehen, Captain.« Tyrell starrte Nolan an. Es war das erste Mal, dass er ihm offen widersprach.
Jewels Blick funkelte herausfordernd. Nolan war klar, dass sie seinen Wünschen nicht gehorchen würde. »Hier kann ich nur untätig beim Graben zusehen. Und auch, wenn du Bedenken hast, ich wüsste zu gern, ob der Hügel da drüben nicht aussieht …« Sie zügelte sich, ehe sie etwas über die Karte verriet. »Ich weiß jedenfalls nicht, was es schaden sollte, wenn wir uns ein bisschen umsehen. Bei dieser Geschwindigkeit kann es noch Stunden dauern, bis die Männer tief genug gegraben haben, damit wir herausfinden können, ob der Schatz nun hier liegt oder nicht.«
»Wie schön, dass du das bemerkt hast. Ich glaube, wir alle sollten uns beteiligen.« Nolan bückte sich, hob eine Schaufel auf und warf sie Tyrell zu. »Also los.«
Nolan krempelte sich die Ärmel hoch, und Tyrell folgte seinem Beispiel, während er in Jewels Richtung entschuldigend mit den Schultern zuckte. Nolan griff sich eine Schaufel und grub ein paar Meter entfernt von seinen Männern. Jewel ließ sich unter dem Blätterdach einer großen Ulme nieder, während Wayland zu ihr hinüberschlenderte und mit dem Rücken am Baumstamm hinabglitt. Unwillkürlich rutschte Jewel mit abgewandtem Gesicht beiseite.
Nolan ließ seinen Blick zwischen den beiden hin und her wandern und verstand plötzlich. Es war nicht die Distanz allein, die er zwischen sich und Jewel aufgebaut hatte, die zu ihrem Hass geführt hatte. Auch Wayland war für die Veränderung verantwortlich. Für Nolan gab es daran keinen Zweifel. »Wayland, kommt hier rüber und macht Euch nützlich.«
»Ich bin kein Buddler, Captain. Das überlasse ich lieber Euch Landvolk.« Der alte Pirat kicherte.
Mit der Schaufel in seiner Hand marschierte Nolan zu ihm hinüber. »Fangt an zu graben, oder sagt hallo zu Eurer neuen Heimat.«
Missmutig ergab sich Wayland und rappelte sich auf. Doch Nolan gelang es nicht, sich seiner finsteren Stimmung zu entledigen. Der Pirat hatte Jewel etwas erzählt – womöglich etwas aus ihrer gemeinsamen dunklen Vergangenheit – und sie damit gegen sie beide aufgebracht.
Ein kalter Schauer überlief ihn trotz des heißen Tages. Wenn Wayland ihr die Wahrheit über den Tod ihres Vaters gesagt hatte, wäre Jewel mehr als nur wütend. Sie würde Blut sehen wollen – und zwar seines. Nolan rammte seine Schaufel so hart in die Erde, dass ihm ein heftiger Schmerz durch den Arm fuhr. Vielleicht spielte sie ja mit dem Gedanken, ihm mitten in der Nacht die Kehle durchzuschneiden? Nicht zum ersten Mal wunderte er sich, wer Jewel Sanderson wirklich war. Was hatte sie noch gleich über Urteile gesagt, die man über andere übereilt fällt?
In den nächsten drei Stunden hatte er genügend Zeit, sich darüber den Kopf zu zerbrechen. Seine schlechte Laune unterband alle Kommentare der Männer, als die Erde zu Schlamm wurde und unter dem Schlamm Wasser zum Vorschein kam. Die Sonne versank hinter einer Gruppe von Kiefern und nahm die letzte Wärme
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