Juwelen der Liebe
Melissa hatte ihn geliebt. Soviel hatte auch Cecil zugegeben. Also musste zumindest etwas Anständiges an ihm gewesen sein, wenn ihre sanfte Mutter ihn lieben konnte.
Dann kehrte der Mann, der fortgeritten war, zurück. Hinter ihm erschien ein Hüne, der in dem zotteligen Mantel aus Schaffell noch riesiger wirkte. Der wilde Ausdruck wurde durch den mächtigen Pelz und das goldblonde, lang herunterhängende und von Silbersträhnen durchzogene Haar noch verstärkt. Seine tief zerfurchten, herb geschnittenen Züge ließen noch immer ahnen, wie gut er einmal ausgesehen hatte, und sie verstand, wie er das Herz jeder jungen Frau gewinnen konnte.
Er sah direkt zu Kimberly, als er unter dem Fallgitter erschien, und hielt seinen durchdringenden, beunruhigenden Blick auf sie gerichtet, während er langsam näher ritt. In seinen Augen, die von dem gleichen dunklen Grün wie ihre eigenen waren, stand ein kalter, lebloser Ausdruck, als ob der Mann keine Freude kannte.
Es wurde schnell eine Gasse gebildet, damit er absitzen konnte. Kimberly war unwillkürlich näher zu Lachlan gerückt, der beschützend den Arm um ihre Schultern legte. Nein, auf diese Begegnung war sie nicht vorbereitet. Ganz und gar nicht.
Dann stand er vor ihr, Ian MacFearson, die Legende, und der Alptraum aller kleinen Kinder: ihr Vater. Als sie bemerkte, dass auch er sich fürchtete, obwohl er es sorgfältig zu verbergen versuchte, stieß sie den angehaltenen Atem aus. Er war so nervös und unsicher wie sie selbst, und diese Erkenntnis siegte.
Sie lächelte ihm zu. »Hallo, Vater.«
51
Kimberly reichte Ian ein Glas heißen Würzwein, bevor sie sich neben ihn auf das Sofa in ihrem Wohnzimmer setzte. Wahrscheinlich würde sie an den Seiten überall blaue Flecken bekommen, so heftig hatte er sie mit seinen Bärenkräften umarmt, bev or es ihr gelang, alle MacFear sons aus der Kälte ins Schloss zu bitten.
Ian hatte geweint. Darüber war sie noch immer verwundert, und sie hätte es kaum bemerkt, so fest wie er sie umarmte, wenn nicht einer ihrer Brüder eine Anspielung gemacht hätte.
Lachlan kümmerte sich darum, Schlafgelegenheiten für die vielen Gäste zu organisieren, damit sie einige Zeit mit ihrem Vater allein verbringen konnte. Sie wusste nicht, ob es eine gute Idee war, wo sie sich doch erst kurz kannten und noch nicht miteinander warm geworden waren. Doch sie hatte so viele Fragen an ihn, und die Neugier ließ ihr keine Ruhe.
»Woher wusste n Sie, dass ich hier bin?« begann sie vorsichtig.
»Ich bekam diese Woche einen Brief von Cecil Richards. Zuerst dachte ich an einen bösen Scherz. Er teilte mir mit, dass seine Frau gestorben sei.« Ian schloss die Augen, da ihn dieser Gedanke noch immer schmerzte, doch er sprach weiter. »Daher sehe er keinen Grund mehr, Melissas Bastard als sein Kind zu beanspruchen.«
»Das ist nicht ganz richtig; und es war auch nicht wirklich seine Entscheidung. Meine Mutter starb vor mehr als einem Jahr, aber er hat mir erst vor wenigen Wochen gesagt, dass Sie mein Vater sind, und nicht er. Und es ist ihm eher gegen seine Absicht herausgerutscht. Da es nun einmal geschehen war, dachte er wohl, ich könnte versuchen, meinen richtigen Vater zu finden. Da wollte er mir zuvorkommen und es Ihnen als erster sagen.«
»Ich ertrage den Gedanken noch immer nicht, dass sie tot ist«, sagte er leise. »Ich habe schon vor Jahren alle Hoffnung aufgegeben, sie für mich zu bekommen oder sie jemals wiederzusehen, aber ich habe nie aufgehört, sie zu lieben. Das war für die Ewigkeit. Und ich hätte mir nie vorgestellt, dass sie sterben...« Er schluchzte auf, und es dauerte einen Augenblick, ehe er weitersprach. »Es tut mir leid, Mädchen. Aber für mich ist es, als wäre sie eben erst von mir gegangen, und ich habe es noch nicht ganz akzeptiert.«
»Das verstehe ich, aber ich bin auch verwirrt. Cecil sagte, dass Sie Ellie geliebt und meine Mutter nur verführt hätten, um sich an ihm zu rächen.«
Bei diesen Worten wurde er rot vor Zorn. »Dieser Bastard. Ist er wirklich zu einem solchen Lügner geworden, um seine eigenen Fehler zu verbergen? Wenn jemand Rache wollte, dann er.«
»Was ist denn wirklich geschehen?«
»Er liebte Eleanor, aus ganzem Herzen. Doch er konnte nicht erkennen, welch eine gierige Opportunistin sie war. Er entschuldigte alles, was sie tat. Für ihn war sie unfehlbar. Und sie willigte ein, ihn zu heiraten. Sie wollte seinen Reichtum und die gesellschaftliche Stellung als Gemahlin eines Earls -
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