Juwelen der Liebe
wirklich begehrte, oder nur wegen des Geldes und Besitzes, die sie in die Ehe einbrachte.
Früher hatte dieser Gedanke sie nie beschäftigt. Und auch jetzt war er völlig unbedeutend, wie ihr Vater als erstes betonen würde. Nur für sie war diese Frage auf ganz selbstsüchtige Weise von Bedeutung. Sie wollte nun einmal lieber einen Ehemann, der sie auch als Mensch mochte.
Als sie noch mit der Aussicht leben musste , Maurice zu heiraten, hatte es keine Rolle gespielt - sie hatte sich in ihr Schicksal ergeben. Ihr wäre überhaupt nicht eingefallen, dass sie etwas Besseres haben könnte. Doch nun, nachdem sie nicht länger an Maurice gebunden war, sah sie keinen Grund, warum sie nicht einen Mann haben sollte, mit dem sie glücklich war, statt einfach nur mit ihm auszukommen.
Dieses Ziel zu erreichen, würde keine leichte Aufgabe sein. Sie war nicht gerade eine betörende Schönheit, die jeden Mann in ihren Bann zog. Ihre Mutter hatte gut reden gehabt, wenn sie behauptete, sie besäße ein hübsches Lächeln, das a n dere erfreute. So etwas erzählten Mütter ihren Töchtern nun einmal. Kimberly selbst hatte nie etwas Außergewöhnliches in ihrem Lächeln erkennen können, und es war schon schwierig genug gewesen, überhaupt ein echtes Lächeln zustande zu bringen, wenn sie im Spiegel auf ihre eher gewöhnlichen Züge starrte.
Sie hatte nicht viel mehr anzubieten als die üblichen Fähigkeiten einer wohlerzogenen Tochter, eine passable Singstimme, etwas Übung im Klavierspielen, geschickte Hände beim Nähen und die Fähigkeit, einen großen Haushalt reibungslos zu führen. Ihr Genie, mit Zahlen und Abrechnungen umzugehen und höchst profitable Geldanlagen ausfindig zu machen, hatte sie erst kürzlich entdeckt, und das zählte sicher nicht zu den Qualitäten, die ein Ehemann an ihr zu schätzen und zu nutzen wüßte. Finanzdinge waren Männersache.
Ihre Figur war schlank, in Anbetracht der Körpergröße eher etwas mager. Sie hatte dunkelblondes, lockiges Haar, was dem allgemeinen Geschmack entsprach, auch wenn Hellblond noch hübscher gewesen wäre. Ihre Züge waren eigentlich nicht besonders auffällig, trotz ihrer leicht kantigen Wangenknochen, die auf einen gewissen Starrsinn schließen ließen, den sie zwar selten zeigte, zu dem sie aber durchaus fähig war. Sie hatte hübsche Augen, die von einem dunklen, klaren Grün waren, was Leuten gelegentlich auffiel. Doch die meisten Menschen, die sie kannte, waren einfach nur höflich und sagten ihr deshalb irgendwelche Nettigkeiten.
Sie legte das Nähzeug beiseite und erhob sich, um auf ihren Vater herabzusehen. Mit ihrer Größe von fast einem Meter achtzig, die sie von dem mütterlichen Zweig der Familie geerbt hatte, überragte sie ihn knapp. Diese Tatsache irritierte Cecil beträchtlich, und seit sie voll ausgewachsen war, nutzte sie diese kleine Waffe, um ihn zu ärgern, was ihr großen Spaß machte. Ansonsten war ihre ungewöhnliche Statur eher störend, da sie unter normal großen Frauen immer auffiel.
»Ich beabsichtige nicht, Zeit zu vergeuden, Vater, aber erwarten Sie keine sofortigen Ergebnisse. Ich bin wenig daran interessiert, den erstbesten Mann zu nehmen, den Seine Gnaden empfehlen. Sie werden schließlich nicht mit dem Herrn für den Rest seiner Tage Zusammenleben. Aber ich muss es, und ohne eine gewisse Übereinstimmung werde ich mein Einverständnis nicht geben.«
Er war rot angelaufen, bevor sie zu Ende gesprochen hatte, doch etwas anderes hatte sie ohnehin nicht erwartet. Er hasste es, wenn sie ihre Absichten erklärte und dazu stand.
»Du wirst die Sache nicht verschleppen, um mir zu trotzen ...«
Kimberly schnitt ihm das Wort ab. »Wie kommen Sie nur darauf? Ist Ihnen noch nicht klargeworden, wie sehr es mir missfällt , hier zu leben? Oder haben Sie das auch übersehen, wie alles andere an mir?«
Darauf antwortete er nicht. Was sollte er auch sagen? Er ignorierte sie ständig, wenn er nicht gerade etwas Besonderes von ihr benötigte. Und er besaß noch nicht einmal den Anstand, durch ihre Bemerkung beschämt zu sein. Ihr Vater murmelte nur etwas Unverständliches, bevor er sich wiederholte. »Bemühe dich, die Sache nicht zu verschleppen.« Dann stolzierte er aus dem Salon.
Kimberly setzte sich seufzend wieder hin, ohne ihr Nähzeug aufzunehmen. Nervosität überkam sie, nachdem sie nun Gewi ss heit hatte und darüber nachdenken konnte, was ihr bevorstand. Sie würde allein reisen, was sie noch nie getan hatte. Zudem würde sie vielen
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