Juwelen der Liebe
Und du bist absolut sicher, dass sie es immer noch sind?«
Der Blick der türkisfarbenen Augen sagte ihr genau, in welche Richtung seine Gedanken gingen. Ein leichter Schauder durchrieselte sie, wie es gewöhnlich geschah, wenn er sie mit diesem erhitzten Ausdruck ansah. Ein Stelldichein am helllichten Tag, in einem unbenutzten Teil des Schlosses, das hörte sich aufregend an.
»Warum gehen wir nicht los und finden es selbst heraus?« schlug sie vor, wobei ihre Stimme viel heiserer als vorher klang.
»Das war genau mein Gedanke.«
4
Es war das größte Gebäude, das Kimberly jemals gesehen hatte. Sie war in Victorias Palast gewesen, als sie bei ihrem letzten Besuch mit ihrer Mutter in London der Königin vorgestellt wurde, so dass ihr Gebäude von königlichen Ausmaßen vertraut waren. Sherring Cross jedoch, der Herzogsitz von Ambrose Devlin St. James, übertraf in seiner Größe jeden Palast, den sie kannte, und war umgeben von tadellos gepflegten, grünleuchtenden Rasenflächen, so weit das Auge reichte. Der Anblick konnte beinahe einschüchternd genannt werden, dabei war sie auch so schon nervös genug.
Je mehr sie über den Grund ihrer Einladung nachgedacht hatte, desto unbehaglicher wurde ihr. Allein die Vorstellung, jemanden vom Rang eines Herzogs von Wrothston damit zu behelligen, ihr bei der Suche nach einem Ehemann behilflich zu sein, genügte. Die Bosheit ihres Vaters kannte wahrhaft keine Grenzen. Seine Gnaden, der Herzog, würde wohl kaum begeistert davon sein, ihr den geschuldeten Gefallen zu tun, ebensowenig wie sie es war, die Wohltat anzunehmen.
Auch die Reise war nicht angenehm gewesen. Ihr taten alle Knochen weh von de r dreitägigen Fahrt in der Kut sche , die unterwegs zu allem Übel auch noch ein Rad verloren hatte, so dass sie stundenlang herumstehen musste , bis es repariert war. Dann wurde es noch kälter, als es für die Jahreszeit normal war, und der kleine Kohlenbrenner, den sie mit sich führte, hatte nicht ausgereicht, um sie wenigstens ein bi ss chen zu wärmen.
In einer der Herbergen, wo sie übernachtete, hatte ihr außerdem eine Gruppe ungehobelter Schotten im Raum nebenan die Nachtruhe geraubt. Sie hatte im Grunde nichts gegen Schotten. Nur ihr Vater machte sie allesamt schlecht, weil er ihnen die Schuld am Tod der Frau gab, die er geliebt hatte. Ein Tod, der nach ihrer Meinung und auch der des Gerichtes auf einen Unfall zurückzuführen war.
Seit ihrer Kindheit kannte sie diese Gefühle, denn Cecil hatte aus seiner unsterblichen Liebe für eine andere nie einen Hehl gemacht und sie auch nicht vor seiner Ehefrau, Kimberlys Mutter, verborgen. Im Gegenteil, er sprach immer wieder über das Thema. Kimberly hatte sich nie von seinen Vorurteilen anstecken lassen, vielleicht weil sie sich ihrem Vater nicht wirklich nah fühlte. Manchmal fand sie sogar, dass diese Frau sich glücklich schätzen konnte, einem Leben mit dem Earl entkommen zu sein, auch wenn dies durch ihren Tod geschehen war. Das waren allerdings seltene Gedanken. Sie kamen meist, wenn ihr Vater etwas getan hatte, das ihr wirklich zuwider war.
Der Lärm dieser Schotten nachts in der Herberge hatte sie dennoch geärgert. Auch nach drei Beschwerden beim Wirt waren die Männer nicht leiser geworden. Zum Glück war ihr Vater nicht dabeigewesen, um eine Szene zu machen. Er hasste Schotten so sehr, dass die Situation nicht nur lästig, sondern auch peinlich geworden wäre. Sie machte sich selbst schon genügend Vorwürfe, einen dieser Männer angefahren zu haben, als sie ihm am nächsten Morgen in der Halle begegnet war. Der arme Bursche war noch gar nicht richtig wach gewesen, und nachdem sie ihrem Zorn Luft gemacht hatte und empört davongestürzt war, hatte er ihr mit weitaufgerissenen Augen nachgestarrt. Erst Stunden später, als sie schon wieder in der Kutsche saß, bedauerte sie ihren scharfen Ton. Normalerweise verlor sie selten die Nerven. Müde und daher reizbar zu sein galt bei ihr nicht als Entschuldigung.
Ihre neue Zofe war auch keine Hilfe. Mary bekam das Reisen beinahe noch schlechter als Kimberly. Ihre dauernden Klagen bei dem kleinsten Ruck, bei jedem unfreiwilligen Aufenthalt oder wenn das Wetter noch schlechter wurde hätten sogar die Geduld einer Heiligen strapaziert. Doch das Mädchen fand wenigstens nachts ihre Ruhe, wenn sie mit Kimberly das Quartier teilte. Sie schlief tiefer als ein Stein.
Als würde das alles noch nicht reichen, hatte Kimberly sich außerdem einen Schnupfen geholt. Ihre Nase
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