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Titel: K Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T McCarthy
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Bösewichte.«
    »Ach, vergessen wir Konstantinopel nicht«, ermahnt ihn HumInt. »Was Mekka angeht, haben die dort doch den Finger am Abzug. Jeden Moment könnten sie eine bewaffnete Verschwörung auslösen – eine, die sich wie ein Lauffeuer durch die gesamte muslimische Welt ausbreiten würde.«
    »Dann nehmen wir den Türken also die Arbeit ab, wenn wir die Araber aufstacheln?«, fragt Macauley.
    »Hängt davon ab.«
    »Wovon?«
    »Von der Rolle der muslimischen Sowjets in Dschidda.«
    »Ganz genau!« Voller Erregung schiebt der Oberst den Suppenteller beiseite. »Letztlich dreht sich nämlich immer alles um die Sowjets. Arabien wird bolschewikisch, dafür sorgt allein schon die zionistische Einwanderung nach Palästina.«
    »Aber ich habe gedacht«, wirft Serge schüchtern ein, »die Juden und Araber hassen sich.«
    »Mag sein«, erwidert der Oberst. »Aber Moskau bringt es durchaus fertig, die beiden gegeneinander auszuspielen.«
    Das Hauptgericht kommt. Mehr Wein wird ausgeschenkt.
    »Es sieht nicht danach aus«, fährt HumInt fort, nachdem sie alle einige Bissen vom Lammkotelett gegessen haben, »als wäre die russische Niederlassung gegenwärtig besonders aktiv.«
    »Erst recht ein Grund zu der Annahme, dass da was im Busch ist«, antwortet der Oberst. »Zeit zur Vorbereitung, Phase der Observation und so. Wenn die stillhalten, ist meist was los. Man denke nur an die Schweizer.«
    »Stimmt, um die haben Sie sich in den letzten Monaten besonders aufmerksam gekümmert«, sagt Macauley. »Hab mich schon gefragt, wieso.«
    »Hintertür nach Deutschland und somit Außenposten des sowjetischen Marxismus. Die Schweizer haben hier sogar ihre eigene Zeitung; wird von Bankiers, Uhrmachern und dergleichen gelesen. Unwahrscheinlichster aller Kanäle, und deshalb besonders gefährlich…«
    »Manchmal glaube ich«, sagt HumInt, »dass wir eher vor unserer eigenen Haustür genauer hinschauen sollten. Da ist Sinn Féin, die Labour Party …«
    »Genau!«, faucht der Oberst. »Und woher erhalten die ihre Befehle? Man muss doch sehen, was Sinn Féin, das KEF, die Jungperser, Labour, Spartakus und was weiß ich noch miteinander verbindet: Man folge nur der kyrillischen Schrift…«
    »Und Sarikat al Islam?«, fragt Macauley.
    »Ist nicht ganz so leicht, denen auf die Schliche zu kommen«, gibt der Oberst zu. »Das Ministerium für Indien daheim ist ziemlich unkooperativ. Hören wir übrigens auch ab.«
    »Sarikat al Islam?«

    »Nein, nein, das Ministerium für Indien, das Auswärtige Amt – durchaus denkbar, dass sie uns durch sie bespitzeln lassen …«
    »Und dann ist da Churchills altes Schreckgespenst, die Ägyptische Rachegesellschaft«, setzt HumInt hinzu.
    »Existiert die denn tatsächlich?«, fragt Macauley.
    »Jetzt ja.«
    »Ich meine mich zu erinnern, dass Standard Oil sie benutzt hat, um Unruhen anzufachen«, sagt der Oberst mit leicht zusammengekniffenen Augen.
    »Ich mich auch«, sagt HumInt, der so unbestimmt vor sich hin stiert, als versuche er, eine bestimmte Kontur zu erkennen. »Die oder die Kemalisten, das war mir nie ganz klar …«
    Das Gespräch wird auch noch auf der Fahrt nach Abu Zabal fortgesetzt und verstummt erst, als sie die Stadtgrenze hinter sich lassen. Wortlos starren die vier Männer in die Wüste. Der Oberst döst vor sich hin; als ihn ein Schlagloch wach rüttelt, murmelt er das Wort »Komintern« in seinen Bart, nur klingt es eher wie »Komm mal her« oder auch wie »Komme gern«. Sie fahren durch Dattelpalmenhaine und hinter dem alten Isamila-Kanal an einem Dorf vorbei, an dessen Ausläufern ein Schlachthaus steht. Schädel und Gedärme wurden über die Mauer geworfen zum Fraß für die Hunde, die nur kurz die blutverschmierten Schnauzen aus ihren aasigen Futternäpfen heben, um dem Automobil mit ihren Blicken zu folgen, ehe sie sich wieder in Haut und Knorpel vergraben. Die Station liegt gleich hinter dem Dorf. Die vier Masten, jeder über achtzig Meter hoch, umwebt ein Kabelnetz.
    »Wie auf dem chilenischen Archipel«, sagt Serge.
    »Wie bitte?«, fragt Macauley.
    »Muss ziemlich leistungsstark sein«, antwortet Serge.
    »Darauf können Sie wetten!«, ruft Macauley stolz aus. »Muss schließlich bis nach Leafield in Oxfordshire reichen.«

    Der Oberst und HumInt schlendern zu einem Tisch mit einer großen Kanne, aus der Kaffee an Ingenieure und Arbeiter ausgeschenkt wird, alles ausnahmslos Europäer, von denen einige einen Blaumann mit dem Aufdruck »Verein der britischen

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