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Titel: K Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T McCarthy
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das eine vertrauliche Information. Ich könnte Ihnen sagen, dass ich derlei wissen darf und Sie mich derlei fragen dürfen, falls ich es denn wüsste, was ich leider nicht tue. Erst müssen die Maulwürfe mit ihrer Arbeit fertig werden.«
    »Die Maulwürfe, Sir?«
    »Die Mineure. Sie graben sich unter dem Niemandsland durch, um Sprengstoff unter Gräben und Geschützen und was weiß ich wo anzubringen. Die müssen behutsam vorgehen, dafür sorgen, dass nichts einbricht, müssen leise sein und horchen, ob nicht deutsche Schanzgräber ihrerseits unter ihnen einen Tunnel treiben, was weiß ich …«
    Serge faszinieren die Mineure, diese Maulwürfe. Er stellt sich vor, wie ihre Nasen beim Graben zucken, wie sie sich Stethoskope aufsetzen und sie an den Boden pressen, um auf Schanzgräber zu lauschen, die ihr Unterminieren unterminieren. Falls sie welche hören, sagt er sich, könnten sie jederzeit einen noch tieferen Tunnel graben und die Unter-Unterminierer unterminieren – und das immer so weiter, zumindest so lange, wie dies Volumen und Masse des Globus zulassen –, bis sie in der Erde dann auf ihren geschmolzenen Kern treffen oder, falls sie den umgehen, in Australien wieder auftauchen, nur um festzustellen, dass dort kein Krieg herrscht, weshalb sie, da sie zum Kriegsgeschehen sowieso nicht rechtzeitig zurück sein würden, nur tatenlos herumsitzen und in die Sonne blinzeln könnten…
    In den Tagen bis zum Vorstoß wird die deutsche Seite mit Sperrfeuer belegt, ein Dauerbeschuss: Die Granaten kommen in Reihen wie die Zähne eines gigantischen Kamms, der lose Fasern kardiert und jedes Mal eine Strecke von knapp zehn Metern beharkt. Das Donnern der Geschütze im Westen klingt, obwohl über anderthalb Kilometer verteilt, fast zeitgleich, und
das nachfolgende, gleichermaßen lang gezogene Grollen der Detonationen im Osten, die mit jeder Salve ein wenig weiter fortrücken, erinnert Serge, der wieder im Hausboot schläft, an das Geräusch von Wellen, die über ihn hinwegrollen, einem zurückweichenden Ufer entgegen; kaum schlägt die längste Welle auf fernen Kies, wölbt sich eine neue, kurze Welle auf und brandet schwungvoll heran. Nach fünf Tagen und Nächten in diesem Lärm aber wacht er auf, und es ist still. Nicht allein der Kanonendonner hat aufgehört, auch die meisten kleinkalibrigen Geschütze sind verstummt, das Böllern und Blitzen des Artilleriefeuers. Nichts scheint mehr zu passieren. Sämtliche Maschinen der Staffel stehen in den Hangars. Als Serge den ungewöhnlich hellen Winterhimmel absucht, entdeckt er im Blau nicht ein einziges Flugzeug. Desolat und traurig sieht das Firmament aus, als schwante ihm, dass die schönen Maschinen es schmähten, und verstünde den Grund dafür nicht.
    Der Vorstoß beginnt am nächsten Tag. Fast alle Maschinen der 104. Staffel sind auf die eine oder andere Weise daran beteiligt. Die RE8 sollen Warteschleifen fliegen, bis um Punkt halb zwölf die Minen der Mineure explodieren – das ist dann das Signal, um im Tiefflug den Vormarsch des ihnen jeweils zugeordneten Infanteriebataillons zu beobachten und dem Zug der Soldaten durchs Niemandsland zum Ziel zu folgen. Sie sollen das Vordringen an Stationen melden, die eigens zu diesem Zweck anderthalb Kilometer hinter der Front eingerichtet wurden, damit diese dann die Position der Truppen ans Hauptquartier weitergeben – wo, so nimmt Serge an, eine Art Kriegsversion des Maklerspiels auf einem Tisch ausgebreitet liegt und die Figuren Helme statt Zylinder tragen, Transporter statt Autos fahren und tollwütig knurrende Hunde über flache Piktogramme geschoben werden, die Gräben darstellen, Hügel oder Maschinengewehrnester. Serge und Gibbs werden dem 10. Bataillon zugeteilt; ihr Ziel ist ein Dickicht.

    »Ein Dickicht, wie?«, schnaubt Gibbs verächtlich. »Bevor man uns da rausschickt, hätte man uns lieber einen Vortrag über Forstwirtschaft halten sollen.«
    »Wofür nehmen Sie Ihren Rasierer mit, Sassen?«, fragt Walpond-Skinner einen Piloten in der ersten Reihe.
    »Für den Fall, dass ich abgeschossen werde und man mich gefangen nimmt, Sir. Muss doch auf mein Äußeres achten.«
    »Warum schicken Sie nicht gleich Ihren Seidenpyjama voraus und lassen sich Ihre Post nachsenden? Los, bringen Sie ihn zurück ins Quartier! Das Einzige, was Sie brauchen, wenn Sie abgeschossen werden und in einem Stück landen, ist eine Leuchtpistole, mit der Sie Ihre Maschine in Brand setzen.«
    »Ich muss auch noch mal rüber zum Hausboot«,

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