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Titel: K Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T McCarthy
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Stanley. »Ihr werdet schon sehen.«
    Am nächsten Tag rollt er eine SE5 aus dem Bessoneau-Hangar, an der er nicht weniger als sieben Lewis-MGs befestigt hat. Sie ragen in jeder nur denkbaren Richtung aus der Maschine; eines hängt sogar unterm Heck.
    »Um sie gegen die Bisse der Haie zu schützen«, erklärt Stanley und tätschelt dabei die Heckwaffe.
    »Wie willst du die denn alle bedienen?«, fragt Serge.
    »Ich spring von einem zum anderen, je nachdem, aus welcher Richtung sie kommen. Ich werde diesen ganzen Aufbau spielen lernen wie ein Instrument – eine Orgel zum Beispiel: Da kann man auch nicht alle Register und Pedale gleichzeitig bedienen, doch weiß man, wie, funktioniert die Chose trotzdem …«
    Walpond-Skinner verbietet Stanleys Igelei: »Hätte die Königliche Luftwaffe eine Dreihundertsechzig-Grad-Kugelschleuder gewollt, hätte sie eine gebaut. Ihre Aufgabe ist das Fliegen. Zwei Geschütze für jede Maschine – mehr nicht!«
    Eine Woche später ist Stanley tot. Serge erbt seine Ausgabe der Sonette Shakespeares und entdeckt gleich im ersten Widsuns Worte über den frischen Jugendschein und prallen Lenz et cetera, doch die Zeile, die ihm im Gedächtnis haften bleibt, stammt aus einem späteren Sonett, aus Nummer 65, ein Vers über die Liebe, der Tinte Dauer verschafft. Er hört
ihn immer wieder: Wenn er Befehlskopien liest, sich Teer aus dem Gesicht wischt oder das dunkle Wasser an den schwimmenden Hausbooten vorbeiziehen sieht. Clegg und Watson fangen derweil Fische im Fluss, setzen sie in der Kantine in ein Glasgefäß aus und studieren ihr Verhalten.
    »Er hatte recht, weißt du«, sagt Watson. »Wir brauchen ein Anti-Hai-Geschütz; diese Stelle unterm Heck ist ungeschützt und schlecht einzusehen.«
    »Sieh dir den an«, sagt Clegg und zeigt auf einen aufwärtsgerichteten Barsch, der nahe der Oberfläche an einem Toastkrumen nibbelt. »Er hängt am Propeller.«
    »Die beiden orangefarbenen Fische da haben eine gute Position eingenommen«, kommentiert Watson. »Keiner unter ihnen und über ihnen jede Menge freier Platz zum Aufsteigen …«
    Das Aquarium ändert die Art und Weise, wie Serge am Himmel oben die Dinge sieht: Schwere Wolken über ihm sehen jetzt aus wie die aneinandergedrängten Bäuche eines Schwarms Wale; die hohen, schwankenden Pappeln werden zu Tangwedeln, die verkohlten Ruinen eines bombardierten Dorfes zu Korallenansammlungen. Kund den Meeren . An Tagen, an denen endloser Regen die Trennlinie zwischen Flusswasser und den vom Himmel fallenden Wassermassen verwischt, gleiten die Männer durch die Kantine wie Fische durch ihr Gefäß, Flüssiges schleust durch ihre Kiemen.
    »Hier steht: zwei Whiskey, ein Champagner«, verkündet Gibbs und gießt den Inhalt dreier Flaschen in einen Metalleimer.
    »Ella hat zu singen aufgehört«, beschwert sich Clegg und setzt dabei eine so bekümmerte Miene auf, dass sein Gesicht an einen Guppy erinnert.
    »Dann spendier dem Grammophon einen Drink«, rät ihm Gibbs.

    »Das Bellorophon!«, singen die betrunkenen Soldaten, requirieren den Eimer, schleppen ihn in die Musikecke, kurbeln den Apparat an und beginnen, den Cocktail in den Schalltrichter zu träufeln. Kaum tropft er auf die Scheibe am anderen Ende des Trichters, wird die Musik schwächer und beginnt zu eiern, als würde sie unter Wasser aufgeführt. Die Männer kugeln sich vor Lachen. Und als Ella schließlich vollends ertrinkt, stimmen sie selbst ein Lied an:
    Nehmt den Zylinderblock aus meinen Nier’n,
Die Pleuelstange aus meinem Hirn, meinem Hirn,
Zieht mir die Nockenwelle aus dem Rücken
Und lasst uns den Flieger zusammenstückeln.
    Wie ein Tonarm, der auf die Gabel zurückkehrt, wendet sich das Gespräch in den Pausen zwischen den Liedern wieder den Toten zu.
    »Ich hab’s genau gesehen«, sagt ein Pilot über einen anderen Piloten, der ebenso gut hier sitzen und dasselbe über einen anderen Piloten erzählen könnte. »Vorn am Motor hat der Tank Feuer gefangen, also hat er das Heck gesenkt, damit die Flammen nicht aufs Cockpit übergreifen. Aber sie kamen viel zu schnell auf ihn zu. Also hat er versucht, das Feuer auszuschlagen. Als das nicht klappte, ist er aus dem Sitz gestiegen und auf dem Rumpf nach hinten gelaufen. Zum Schluss hockte er hinten am Heck. Dann ist er gesprungen.«
    »Hat man seine Leiche gefunden?«
    »Im Wäschehof einer alten Frau.«
    »Dieser Trenchard ist irre«, knurrt Gibbs. »Den Ballonmännern, deren Körbe an Seilen hängen wie an Schürzenzipfeln,

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