Kabal: Gesamtausgabe der Order of Burning Blood Trilogie Band I bis III (German Edition)
wandern und tat ein paar Schritte. Der Schnee knirschte eigenartig unter ihren Sohlen. Sie zog ihre Handschuhe aus und nahm ihn in die Hände. Winzig kleine Eiskristalle schmolzen auf ihrer Haut. Dampfend hing ihr Atem vor ihr in der Luft und sie stieß kleine Wölkchen aus, nur zum Spaß.
Sie hatte niemals die verschneiten Gipfel der Berge Iidrashs erklommen und das Kloster der Flammengrube lag nicht hoch genug, als das dort Schnee fiel. Das Gefühl unter ihren Sohlen war ihr daher völlig fremd, denn auf dem Kontinent Iidrash schneite es sonst nirgendwo.
Charna war bereits ein Stück voraus auf dem steinigen und vereisten Weg gewandert und Seraphia tapste ihr eilig hinterher. Ein kalter Wind blies den pulverigen Schnee über den schmalen Pfad und sie folgte den weißen Wirbeln fasziniert mit den Augen. Klar und deutlich drang jedes noch so kleine Geräusch durch die klirrend kalte Luft zu ihr, dennoch lag eine Stille über allem. Keine Pflanze wuchs hier oben, kein Tier war in Sicht. Seraphia fühlte sich wieder wie ein Kind und sog jeden Eindruck von dieser fremden Landschaft gierig in sich auf.
Sie wanderten schweigsam für zwei Stunden tiefer und tiefer in das Tal und passierten bald die Baumgrenze. Bäume mit Nadeln statt Blättern wuchsen kegelförmig in die Höhe. Seraphia kannte sie nur von Zeichnungen und berührte neugierig die pieksenden Nadeln an den dünnen Ästen, die sich unter der Last des Schnees herabbogen. Sie nahm die fremdartige Umgebung mit wachsender Begeisterung wahr.
Dies ist beinahe exotischer als der Traum von Kitaun! Ich komme mir vor, als wäre ich in einer anderen Welt ...
Sie lachte vergnügt und atmete die eiskalte Luft ein. Ein harziger Geruch hatte sich auf ihre Finger gelegt und sie wusste, dass er von den eigenartigen Bäumen stammte.
Charna zeigte auf Tojantur. Sie waren bereits auf gleicher Höhe mit einem glänzenden Bauwerk und sie hielt inne.
»Der Turm ist nur wie die Spitze eines Eisbergs. Tief unter dem Eis liegt die eigentliche Stadt.«
Seraphia war verblüfft. »Eine ganz Stadt ist da unten?«
»Es ist ein bisschen wie Idrak, nur dass hier weniger Menschen leben und viele Bereiche von Tojantur verlassen sind. Es ist ein gefährlicher Ort. In seinen Tiefen treiben sich eigenartige Wesen herum und eine sonderbare Macht wohnt Tojantur inne. Wir werden durch eine Region eindringen, die kaum jemand kennt und wer sie kennt, betritt sie nicht ohne Not. Es handelt sich um Kammern unter der Erde, die man durch einen vergessenen Tunnel erreichen kann, der vom Boden dieser Klamm dort beginnt.«
Charna deutete auf eine Felsspalte zu ihrer Rechten, aus der ein bogenförmiger Träger herausragte, an dem lange Eiszapfen herabhingen.
»Sollten wir nicht allmählich einer Person begegnet sein? Es ist wie ausgestorben hier.«
»Nein. Das ist normal. Es führt nur ein Weg direkt nach Tojantur. Der Fluss Eijskaart. Wir sind auf der anderen Seite Tojanturs - hier oben lebt niemand, wegen der Werwölfe und der Tuskaniim.«
» Werwölfe ? Und was sind Tuskaniim?«
»Männer, die sich in ihrer Initiation in Werwölfe verwandelt haben, werden von den Frauen der Berge, den Tuskaniim, gefunden und in die Höhlen geführt, die sich wie ein Labyrinth durch das Gestein dieses Bergmassivs ziehen. Die Tuskaniim sind eine archaische, primitive Sekte, die den alten Wegen der Eishexen folgt. Ihre Macht ist groß. Sie bleiben in der Regel jedoch unter sich. Sie sind sehr territorial und dulden niemanden hier.«
Seraphia sah sich unbehaglich um und Charna lächelte.
»Wir werden seit einer Stunde beobachtet. Dort oben, und dort«, sagte sie und winkte freundlich einem Paar gelblich schimmernder Augen in einem Schatten zu, das sich daraufhin zurückzog.
Seraphia räusperte sich. »Sollten wir nicht etwas zurückhaltender sein?«
Charna lachte und heulte laut wie ein Wolf. Es klang erstaunlich echt und Seraphia riss die Augen auf, als ihre Stimme ein vielfaches Echo in den Bergen fand.
»Ich habe immer Verstecken mit den Werwölfen gespielt, als ich noch ein Kind war.«
Seraphia starrte die Hohepriesterin fassungslos an, als diese wieder den Weg entlang ging.
Selbstverständlich. Warum nicht? Das ist doch ganz normal für ein Kind ... Versteckspiele mit Werwölfen ...
Seraphia folgte ihr hinüber zur Klamm und blickte ein paar Mal über die Schulter, achtete auf das Glitzern fremdartiger Augen zwischen den Felsen und Schneeverwehungen, konnte jedoch keine Werwölfe oder sonst jemanden
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