Kabbala-Box (2 Romane in einem Band)
gesprochen, sie studiert Mathematik, musst du wissen.“
„Du meinst, wenn sie nicht gerade schläft.“
„Ja, ja, du und dein Sarkasmus“, sagt Claudia, jetzt aber lächelnd, was für mich eine Art von Zustimmung ist.
Der Mops frisst jedes Leckerli, das ihm gegeben wird mit Akribie auf und genießt die Streiche leinheiten, er schnieft und röchelt und leckt und hechelt. Ich begrüße die bleichgesichtigen Mädels, eine heißt Verena, die kenne ich (glaube ich), die andere hat einen so komischen Namen, dass ich ihn mir nicht merke, aber sie winken mich an. Wie nett.
Ich ziehe gleich nochmals an dem selbst gedrehten Joint und mir geht es schon viel besser. „Wem ge hört das Kind?“, frage ich und deute auf ein lieblich dreinschauendes Ding, dass dicht hinter den Mädels steht und uns zusieht.
Die Mädels drehen sich langsam von mir weg und dem Kind hinter ihnen zu, als ob dort ein Mon ster auf sie warten würde. „Also, meine Bleichgesichter, ihr werdet doch wohl wissen, ob ihr ein Kind mit in den Park gebracht habt.“
Claudia hatte einen Ausdruck im Gesicht als würde sie mit bloßer Willenskraft versuchen, einen Lö ffel zu verbiegen, zu Deutsch: sie starrt das Kind an, das sie anstarrt und dabei grinst. Oh Schreck. Entweder ist das Kind bekifft oder ich. Tief durchatmen. Die Atmosphäre ist wie in einem Horrorfilm, der eine verlassene Scheune zeigt, die ganz bestimmt nicht verlassen ist.
Die Wahrheit sagen. Höflich sein. Rücksicht nehmen: „Seid ihr alle bescheuert?“, kommt mir so über die Lippen geschossen. Nun bekommt das Kind meine volle Aufmerksamkeit, das eine H ose und ein T-Shirt mit Disney-Motiven trägt: „So, wer bist du denn?“
Die Disney-Werbetrommel antwortet mir: „Darf nicht sagen.“
„Dann nenne ich dich jetzt Michael, weil du so schön tanzt.“ Das kleine Kid, vielleicht zwei Jahre, keine Ahnung, tanzt und bewegt sich einfach voll lieb.
„Wieso Michael?“, fragt das kleine tanzende Kid. – Die Kiffer-Tanten bleiben geistesabwesend.
„Von Michael Jackson, der konnte auch super-gut tanzen, wie du, du erinnerst mich irgendwie an ihn.“
Ich merke, wie sich ein Gefühl von Nostalgie in mir aufbaut und ich summe ein paar Takte von Black or White . Mopsi tanzt ebenso vergnügt wie das Disney-Kind mit dem Michael-Jackson-Groove.
Ich ziehe nochmals ordentlich an dem Joint von dem scheintoten Mädchen und MJ fragt mich: „Glaubst du an Monster?“
„Sieh dich doch um!“, sage ich dem Kid. Die gedanklichen Brücken von Kindern sind bemerkenswert. „Nein“, beschwichtige ich ihn sofort, „es gibt keine Monster, das verspreche ich dir.“
„Doch, es gibt Monster. Das gelbe monsterfressende Monster gibt es aber wohl.“
„Nein, das gibt es nicht wirklich, MJ.“
„Hat es große Augen?“
„Da es das Monster nicht gibt, hat es auch keine großen Augen!“
„Hat es eine große Nase?“
Ich ziehe lieber nochmals an dem Joint; sich mit Kindern zu unterhalten ist anstrengend. Zu tun hatte ich mit ihnen bisher auch noch nicht viel und ich merke, dass ich mich in ihrer Gegenwart nicht wohl fühle. Und schlau sind sie auch nicht. Deshalb gehen sie ja auch zur Schule – zumindest zählt MJ bald zu den Kindergarten-Anfängern. Aber Angst – besonders vor Monster – können diese Windelscheißer riechen, wie der Teufel das Weihwasser.
Wir hören eine aufgeregte Mutter rufen: „Ricardo-Emanuel Maier, wo bist du?“
„Oh, das wird die Mutter sein!“, sage ich zur Runde und rufe laut in Richtung der aufgeregten Mutter: „Hier drüben ist MJ ähm Richard … ähm Ricardo. Ihr Kind ist hier!“
Aufgeregt kommt Mama Disney auf uns zu. Sie erkennt sofort, dass wir nicht gerade koscher sind und sagt ein kurzes und schnelles Danke. Wir nicken vergnüglich mit unseren runden G esichtern und MJ winkt mir nach, während seine Mutter noch mit ihm schimpft, rufe ich MJ zu: „Ich ändere meine Meinung MJ, Monster gibt es doch.“
Claudia lacht.
Verena lacht.
Ein Girl, das plötzlich neben Claudia sitzt, lacht ebenso.
Sylvia lacht nicht, die blickt wahrscheinlich gerade ganz tief ins Nirvana.
Mopsi kommt zu mir geeilt (alles dreht sich schon wieder), legt eines seiner kleinen Pfötchen auf meine Oberschenkel und sieht mich mit treuen Augen an. Ich streichle ihm über sein Köpfchen und sage ihm, dass es mir leid täte, dass ich mich so wenig um ihn kümmere. „Früher war das anders,
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