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Kabbala-Box (2 Romane in einem Band)

Kabbala-Box (2 Romane in einem Band)

Titel: Kabbala-Box (2 Romane in einem Band) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Regner
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geblasen habe, wir sollten wohl auch dort einmal eine Müllbefreiungsaktion durchführen.)
      Das Mädchen, dessen selbst gedrehte Zigarette ich geraucht habe, bewegt sich. Das ist die einzige Reaktion, die ich von ihr seither zu sehen bekommen habe.
      Das unscheinbare Mädchen spricht mit der schlafenden Sylvia, wahrscheinlich antwortet sie ihr aus dem Nirvana. Manche Menschen sollten besser die Drogen von ihrer Lebensmittelliste stre ichen.
      „Du sprichst mit einer Leiche“, sage ich zu dem bleichen Ding.
      Das Mädchen heißt Hyacinthus orientalis.
      „Wie heißt du?“, bläffe ich sie an.
      „Hyacinthus orientalis.“
      „Deine Eltern haben dich aber nicht sehr gerne, oder?“ Ich lache und der Mops hechelt mit. Diesmal aber weil ihm sein Rücken von Verena massiert wird. Sie ist von dem Tier ganz begei stert und meint, er habe schon eine alte Seele, weil er so weise wirke. Ich höre ihr liebevoll zu und denke an die vielen Kackerlebnisse mit Mopsi und wie weise er reagiert hatte, als er in den Sandkasten des Kindes geschissen hat: Er ist einfach aus dem Sandkasten wieder hinausgestiegen.
      Das Mädchen, das sich selbst nach einer Pflanze benannt hat, sagt, dass sie dem Orden der Blumengöttinnen angehöre. Sie hatte – nach eigenen Aussagen – diesen Namen selbst gewählt, weil er doch irgendwie süß klingt.
      In dem Augenblick weiß ich, dass Graz die dümmsten Leute, neben den Zuwanderern und den verheirateten Ehemännern, die in Wahrheit schwul sind, gezüchtet hat. Hyacinthus orientalis ist ebenso in der Gruppe, die die Welt sauber machen will und alles, was gereinigt gehört, auch reinigt. Sie wohnt mit Verena zusammen in einem WG-Haus. Ich frage die beiden, wie sie ihr Haus finanzieren und Verena sagt, dass sie das Haus von ihren Großeltern geerbt hat und Hyacinthus orientalis zahlt deshalb auch keine Miete. Sie muss mit dem leben und haushalten, was ihr die Welt jeden Tag bietet. (Weise Entscheidung. Wow.)
      „Ich habe gehört“, sagt Hyacinthus orientalis, „dass du schon sehr lange an deiner Ex-Beziehung hängst und davon nicht loskommst. Wie kommt das?“
      Meine Blicke schweifen langsam, wie die eines in Trance versetzten Schamanen, zu Claudia, die versucht ist, sich – hinter einer großen Wolke, die ihr Joint verursacht –, zu verstecken. Sie schü ttelt die Schultern und sagt: „Antworte darauf!“
      „Ich weiß es auch nicht“, kommt mir wie aus der Pistole geschossen. „Wenn ich an den Mann denke, dann weiß ich, dass ich ihn liebe, obwohl er ein verheiratetes Arschloch ist, das mehr Schwanzbilder verschickt als es Profile gibt. Wenn ich die Chance gehabt hätte, ihm zu erklären, dass ich ihn niemals seiner Familie wegnehmen wollte, sondern nur SEIN FREUND SEIN WOLLTE, dann hätte ich vielleicht irgendwie, mögliche rweise, unter Umständen eine Chance gehabt. Aber ich hatte keine Chance bekommen, zu zeigen, zu erklären, verständlich zu machen, dass ich in Frieden komme.“ Ich hole Luft. Tränen kommen aus meinen Augen. Claudia möchte etwas sagen und ich hebe die Hand. Sie wird von mir durch diese Geste zum Stillschweigen gezwungen. „Ich liebe ihn. NOCH IMMER“, laut geschrieen, hey, das musste einmal raus. „Mein Herz hängt an diesem Mann und es hört nicht auf für ihn zu schlagen. Und sagt nicht, ich solle eine Therapie machen, ich hab nicht das Geld für professionelle Hilfe. Und die Selbsthilfegruppen für Verlassene Homosexuelle ist schon lange vor mir davongelaufen.“
      Hyacinthus orientalis, Claudia und Verena nicken sachte mit ihren Köpfen und erinnern so an den Wackeldackel. Und Hyacinthus orientalis sagt zu Claudia: „Er ist genauso wie du ihn mir beschrieben hast.“
      Und Verena sagt: „Du hast eine alte Seele, wie dein Hund.“
      Meine Blicke werden wieder böse, böser, am bösesten.
      „Ein echt besonderer Mensch“, sagt Hyacinthus orientalis. Jetzt breche ich erneut in Tränen aus.
      Verena, das Grüne Wunder, sagt mit sanfter Stimme: „Es gibt immer Hoffnung, egal was du nun sagst, wie sehr du meine Worte verteufelst, es stimmt, was ich sage.“
      „Und was sagst du?“, kommt mir tränenreich über die Lippen, „was sagst du denn schon, was mir helfen kann?“
      „Ich weiß“, kommt verständnisvoll über ihre Lippen, die sie wieder spitzt und sagt: „I need to dance, damit ist alles gesagt, was dich wieder in die Bahn bringen sol lte.“
      „I need to dance? Meinst du das im vollen Ernst?“
     

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