Kabbala-Box (2 Romane in einem Band)
„Seriously! So wahr ich hier neben dir sitze, deine Töle streichle und mich morgen wieder meinem Projekt Haltet Graz sauber widmen werde.“
„Verena, du …“, ich breche ab und denke mir die Worte I need to dance .
„…“
Nein, sie helfen nichts.
Hyacinthus orientalis holt aus ihrem Jointvorrat noch einen heraus und sagt: „Mein Freund, eigentlich mein Ex-Freund, aber wir nehmen das nicht so genau, hat mir die gemacht, eigenartig. Sind voll die Dröhnung.“
Sie zündet sich noch einen an. Und Claudia fragt, warum ich denn keine Musik mehr mache. Ich sage ihr, dass ich es nicht genau wisse, warum ich nicht mehr singe und spiele. Derweil ich missmutig meine Gesangskarriere durchleuchte und mich erinnere, wie es letztes Jahr im Park mit Cla udia und ihrer Freundin, die jetzt ihre Ex-Freundin ist, begonnen hat, ziehe ich ordentlich an dem Joint. Jessas ist der stark, denke ich mir mit zugekniffenen Augen.
„Dein Ex-Freund muss dich aber sehr lieben. Ist hier der gesamte Vorrat von P ete Doherty drinnen?“, frage ich gequälten Blickes, als ich an dem Joint ziehe.
Plötzlich sieht mich Mopsi wieder an, der sich gerade den Bauch von Verena streicheln lässt: Sei kein Depp und lass es einfach fließen.
„Ach Mopsi“, sage ich und Verena sowie Claudia sehen mich ganz erschrocken an. Verena sagt, dass er wieder mit der alten Seele kommuniziere. Hyacinthus orientalis kann leider nichts sagen, sie ist weggetreten, in der Fachsprache nennen wir es: high. „Ich weiß nicht, was ich tun soll?“
Mopsi dreht sich plötzlich – und ganz unerwartet schnell – um und sagt: Ich weiß es.
Und plötzlich hüpft das haarige Ungetüm herum, scheinbar die letzten Sonnenstrahlen zu verj agen. Ich sehe ihn, sehe sein gemütliches Gesicht, seine zwar kümmerliche aber liebliche Gestalt. Er hechelt und steckt sein Näschen zwischen Blumen und allem möglichen Zeug, das herumliegt. Und ich sage plötzlich: „Meinst du I need to dance ?“
Ja was meinst du, was ich hier tue? Die nächste Revolution ausrufen? Ich tanze. I need to dance.
Ich stehe auf. Ich versuche es. Mir ist nicht wohl bei der ganzen Sache. Und Tränen entweichen mir schon wieder. Das Gesicht des Arztes, des einen, den ich liebe, er steht jetzt vor mir und ich möchte ihm doch nur sagen, dass ich ihn liebe und dass ich eine Chance verdient haben. Nach all der Zeit! Nicht weil ich jung und schön bin, sondern weil ich ihn einfach liebe und weil solche Gefühle eine Chance verdient hätten. Aber aus irgendeinem Grund gibt es in der Causa Arzt kein Happyend. Ich bewege ein Bein nach vor und eines zurück. Verena lächelt mich an und sagt: „Wunderschön, der Typ.“
Dann steht Claudia auf und sagt: „Ich hab auch etwas wegzutanzen. Du nicht auch?“
Verena überlegt und sieht uns noch eine Weile zu, wie wir einfach tanzen, mitten im Park. Kein einziger Grazer findet es merkwürdig, niemand sieht uns doof an. Und ich frage mich, ob ich irgendwas versäumt habe, tun das schon viele? Schmerz wegtanzen. Hat Susanne Fröhlich in ihrem Yogabuch über das Wegtanzen von Sorgen geschrieben?
Ich sehe zum Himmel hoch, sehe die Wolken, das langsam dunkler werdende Blau, aber genieße die angenehmen Sonnenstrahlen. Die Yogagruppe ist von unserem plötzlichen Tanz ganz gerührt und einer davon sagt: „Coole Idee. Ausdruckstanz nur durch den Rhythmus der N atur.“
Wir lachen. Ich wische mir eine Träne fort. Verena lächelt und tanzt den Typ ein wenig an. Claudia und ich hüpfen jetzt und lachen. Es werden mehr. Mehr, die finden, dass es eine gute Idee ist, einfach nur zu tanzen und ich rufe laut: „I need to dance.“
Um Sylvia herum kreisen wir, schlagen Rad, tanzen fröhlich. Wir nehmen uns die Luft zum Atmen, strömen sie aus uns heraus; Atmen ist befreiend, derweil reinigt die Natur die Luft, macht sie sauber und wir atmen ihre grüne Seele von neuem ein.
Der Hund hüpft und viele rufen auf einmal: „I need to dance.“ Ein richtiger Chor setzt ein, weil es viele Menschen gibt, die sich die Seele frei tanzen müssen. Hyacinthus orientalis kreist ihre Hüften und Sylvia liegt am Boden und bleibt scheintot. Es sieht fast so aus, als beten wir das Girl an, als würden wir sie besingen. Mein Mops hüpft wie wahnsinnig und viele Menschen berühren mich. Ich gehöre zur Gründerbewegung dieser herrlichen Idee. „Lauter“, rufen einige und wir tanzen einfach, wir tanzen uns einfach die Seele frei.
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