Kabbala-Box (2 Romane in einem Band)
ist weg.
Die gut aussehende Lederjacke, Manuel, ist wahrscheinlich nicht schwul – also auch weg.
Kohle – noch nie da gewesen. Also im Prinzip auch weg! Die letzte Lohnüberweisung vor knapp einer Woche hat mich mit Ach und Krach in die schwarzen Zahlen katapultiert, aber auch nicht mehr und nicht weniger. Das Geld auf dem Sparbuch reicht für drei Monate, wenn übe rhaupt, aber ich muss ja auch von was leben. – So geht es einem Durchschnittsbürger, der einen Beruf erlernt und die HAK-Matura hat. Nebenher noch in Latein und Französisch als Externist maturierte, weil er einmal geglaubt hat, dass eine feine und gutbürgerliche Allgemeinbildung eine bessere Chance auf einen Job im Büro ergeben könnte. – Nix da! Wenn du niemanden kennst, wird dir auch nicht geholfen.
Was mache ich, wenn ich die Miete nicht mehr zahlen kann? Ich sehe mich schon vom Beate-Uhse-TV-Team umzingelt: „Hier sehen Sie Klaus, wie er fickt. Hier sehen Sie Klaus, wie er am Strichermarkt hockt und wartet, bis er gefickt wird. Hier sehen Sie Klaus, wie er nach einem Fre ier sucht, den er ficken wird.“ Nein, das bin ich nicht und so will ich auch nicht enden. Nicht bei Beate Uhse-TV.
Aber was dann? Die einzige Idee, die ich im Moment habe: ab nach Hause. Ab ins Bett und die scheiß Zeitungsanzeigen durchsehen, mich arbeitslos melden und die Decke über den Kopf zi ehen. Ich bin müde, so müde …
Leider kann ich meine Vitalfunktionen, vor allem die des Verdauungstraktes, nicht über Stunden einschläfern. Vor allem dann nicht, wenn ich vorher Kaffee gesoffen habe wie ein Yeti, der von seinem Winterschlaf erwacht. Boa, ich könnte ausrasten. Beim Sex so hart und in der Firma so zart. Normalerweise warnt man seine Mitarbeiter vor, aber Trude, die ist doch keine Geschäft sfrau. Egal, ich muss weiter. Ich muss aufs Klo. Fuck, fuck, doppelfuck.
Dort erledige ich einmal mein Geschäft. Ich kacke vor lauter Schock. Ich bin arbeitslos. Jetzt wird es mir so richtig bewusst, der Mops blickt in die Toilette und verzieht die Nase. „Musst ja nicht reinkommen“, sage ich laut zu ihm, und er sieht mich von der Seite an. Er glaubt wohl in dem Augenblick, ich sei seine Mutter, vielleicht wegen des Gestanks.
Ich brate mir ein Steak, dazu gibt es Spargel. Scheiß auf die Diät. Ich muss was essen. Mopsi ist begeistert davon, dass ich schon so früh zuhause bin. Wir essen gemeinsam, er kriegt auch ein paar Stücke von dem Steak ab und liebt – gleich wie ich – den Spargel. Ich wundere mich, aber sagt man nicht, dass die Tiere Eigenschaften von ihren Herrchen abkupfern … ich lache. „Dich gebe ich wieder zurück, sobald es der Nachbarin besser geht.“
Der Mops hechelt nicht mehr.
Jetzt fällt es mir wieder ein. Ich bin arbeitslos. Die Lederjacke namens Manuel ist nicht schwul. Der Arzt ist weg. Geld ist auch weg. Wohnung wird dann auch bald weg sein. Fassung ist in diesem Fall jetzt auch weg. Mir schießen Tränen in die Augen.
Ich seufze und sage zum Mops: „Wenigstens weine ich nicht wegen dem Arzt, hat auch was Gutes.“ Und der Mops taucht seinen kleinen Kopf in die Schüssel voll mit Fressen ein und schlingt was das Zeug hält. „Ja“, säusle ich, „so benimmt sich aber kein Lord.“ Und der Mops sieht mich mit seinen treuen Augen an. Unglaublich.
Ich schnappe mir meine Gitarre, tränenverschmiert, meinen Strohhut, mit einem Seufzer und schreibe auf einem Blatt Papier folgende Nachricht: Suche Mitglieder zum gemeinsamen Musizieren.
Mit meinem Krimskrams und dem Mops geht es auf zum Arbeitsamt.
Immerhin habe ich schon etwas erreicht. So ist das ja nicht. Der Agentur für Arbeit und Wirtschaft wird wohl etwas einfallen, wie sie mich vermitteln kann. Schon als ich das neue Gebäude am Eggenberger Gürtel sehe, bin ich erstaunt, wie viel Geld für solch ein Gebäude ausgegeben wird. „Eine Verschwendung von Steuergelder“, ist mein einziger Kommentar. Mopsi: „Wuff.“ Recht hat er. Die Gitarre hab ich umgehängt, der Strohhut baumelt zwischen Gitarrenarm und Nacken und der Mops – mit erhobenem Gesichtchen – sprintet neben mir. Vor dem Arbeitsamt stehen Männer, meist Ausländer, die rauchen. Am liebsten würde ich mir eine schnorren, aber ich bin nicht in Flirtstimmung. Keiner spricht auch nur ein Wort, jeder ist bemüht, nur ja nicht den Blick des anderen zu kreuzen. Der Aschenbecher, der neben dem Eingang steht, quillt über.
Drinnen ist das Gebäude auch nicht besser. Ich hatte das verdrängt – aber seit meinem
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