Kabbala-Box (2 Romane in einem Band)
Ich reibe mir die Nase, spüre, dass es für heute reicht, ich möchte nichts mehr trinken, sehe auf der Kommode eine Flasche Rotwein stehen, nehme einen ganz kleinen Schluck und er schmeckt mir nicht sonderlich, alt und ausgelaugt. Ich stelle die Flasche angeekelt zurück. Plötzlich glaube ich alles seitenverkehrt zu sehen und berühre meine heiße Stirn. „Es reicht für heute“, sage ich zu mir (beinahe less than zero erreicht). Marianne lehnt noch an der Wand, die Hände mit dem Handrücken auf dem Boden, ich gehe aus dem Zimmer, sage Armin, dass Marianne voll breit ist, dann sage ich es auch Anna und einem anderen Mädchen, das ich nicht kenne. Sie sehen mich komisch an, ich glaube, sie haben mich nicht verstanden, sie nicken und gehen. In Manuelas Zimmer sehen sich alle ein Video an, es zeigt sie beim letzten Erholungstrip an einem See, nicht weit weg, war nur einmal dort, hatte mächtig viel Sex, kann mich aber nicht mehr so gut daran erinnern. Ich setze mich auf eine Matratze und nach wenigen Minuten (oder war es länger) fühle ich eine Hand auf meinem Knie, ich sehe mich um, habe tierischen Durst, möchte mir aber nichts holen. Die Berührung gefällt mir, drehe mich nochmals um und erblicke die Person, die mich berührt: ein etwas älterer Typ, der eine Sonnenbrille trägt. Anna flüstert mir ins Ohr, dass sie ihn kennt, er aber nicht gut ist. Ich flüstere zurück, zumindest glaube ich geflüstert zu haben und nehme das Glas mit Rotwein, das mir Anna gibt und sage deutlich: „Ich will nichts mehr trinken“, lächle und nehme einen Schluck aus dem Glas. Es fühlt sich gut an etwas zu trinken, um zu demonstrieren es eigentlich nicht zu wollen, aber jeder möchte, dass du trinkst und jeder glaubt, es ginge dir dann besser.
Mir wird leicht übel, ich spüre noch immer die Berührungen an meinem Knie, ich drehe mich zu dem Typ und sehe plötzlich keinen Typen mehr, sondern ein Mä dchen, eine Frau, Natalie ihr Name, ich kenne sie als Freundin mit Extrawünschen, heute wünscht sie sich einen Dreier mit mir und Manuela. Sie flüstert auch – alle flüstern sie –, ich verstehe sie nicht. Sie ist etwas älter und ich scheine ihr zu gefallen. Ich lache, sie lacht – Lachen ist immer richtig – und ich streichle ihren Hals, alle lachen, ich lache jetzt nicht. Sie kommt näher und ich komme näher, ich weiß nicht was passieren wird, ich habe keine Chance. Sie trinkt aus ihrem Becher, sie sagt es sei Tee und möchte ihn mir anbieten, ich zeige auf mein Getränk und wie gut es mir schmeckt, dabei weiß ich, dass jeder Schluck bereits zuviel ist. Im Raum ist ein Fernseher, ich sehe Fratzen und wie eine Frau vergewaltigt wird, alle sehen hin, keiner rührt sich, mein Knie wird nicht mehr gestreichelt. Ich geniere mich, die Frau schreit. Ich höre sie leise reden, sie bittet um Hilfe, niemand hilft ihr.
Ich stehe auf, gehe auf die Toilette, erledige mein Geschäft, die Musik ist weit weg von mir, ich schließe kurz die Augen, setze mich auf die Toilette; ich erwache neben der Toile tte. Ich höre aber noch immer dasselbe Lied: Don’t look back in anger . Ich versuche aufzustehen, ich sitze aber bequem, ich betrachte den Toilettenrand, er ist sauber, ein gutes Zeichen, ich versuche wieder aufzustehen und bin stolz auf mich, immer noch meine Grenzen zu erkennen, ich übergebe mich. Der Toilettenrand ist nicht mehr sauber. Ich denke an ein Gastspiel von vor zwei Jahren, hatte mächtig viel Spaß, trank oft alleine. Und langsam spüre ich nichts mehr (weniger als Null), und es ist gut nichts zu spüren, niemand tut dir weh, heißt nichts zu spüren, weniger zu werden, schlank zu sein.
Ich stehe auf, setze mich zum Rasten auf die Toilette, es klopft jemand energisch gegen die Toilettenwand, ich stehe auf, mache auf, gehe hinaus; Marianne musste schon dringend, sagt irgendwas Blödes zu mir, ich sage ihr: „du mich auch“, und g ehe weiter.
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… und ich sitze mal wieder auf einer alten Couch, sie richt leicht nach Moder und gegenüber von mir ein Typ, der wahrscheinlich Medizin studiert und ich höre ihm gelangweilt zu. Er ist genauso schlank wie ich und sieht genauso gut aus wie ich. Dann stieren meine Blicke rüber zu meiner damaligen Wohnungskollegin, Laura, sie dröhnt sich gerade zu, zum dritten Mal in dieser Woche.
„Die Leute werden immer gefühlloser“, sagt Peter, ein Studienkollege von Olsen, Olsen ist ein guter Freund von mir und ich bin ein guter Freund von ihm. Flora und Peter haben
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