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Kabbala-Box (2 Romane in einem Band)

Kabbala-Box (2 Romane in einem Band)

Titel: Kabbala-Box (2 Romane in einem Band) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Regner
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Chattens auf den Blauen Seiten wechselten wir das Medium und begannen SMS zu schreiben. Es lag in der Luft, dass wir uns heute Nacht noch sehen würden und so war es auch. Ein Telefongespräch ließen wir sausen. Ihr kennt doch das ganze Geschwafel, das unnötig über die Handynetze gehalten wird.
      Der Arzt sagte dann, als wir uns sahen, etwas ganz Außergewöhnliches zu mir: „Ich möchte mich für dich ändern!“
      Die sieben Siegel sprangen auf und der Tod kehrte in die Welt zurück. Sorry, falscher Gedankengang. Ähm, er sagte, er wolle sich für mich ändern und ich war so blöd, ihm zu glauben. Ein paar Wörter der Liebe und ich war im siebten Himmel. Dabei hätte mir jeder Aztekenpriester im nüchternen Zustand sagen können, dass es nur dummes Gerede gewesen war.
     
    *
     
    Tränen überhäufen mich, decken mich zu. Mir steht das Wasser bis über den Kopf hinaus und ich versuche durch meine Tränen, das Wasser abzulassen, es gelingt mir nicht, soviel Tränen hat kein einzelner Mensch. Ich bin so verdammt blöd. Meine Schreie gehen weg, fort von mir, ich schreie meine verkackte und verkaterte Seele an; suche nach Erlösung, Frieden im Herzen. Eine Lösung für meine Sorgen, meine Probleme. Die Hände zittern ein wenig, es ist aber kein Zittern, das durch einen Musen-Kuss hervorgerufen wird, sondern weil ich nicht mehr kann. Die Geschichte tötet mich. Und der Laptop wird ausgeschaltet, mein Hirn würde ich auch gerne auf die gleiche Weise ausschalten – und genauso kostengünstig und für so wenig Aufwand. Wenn ich mein Gehirn ausschalten muss, muss ich tief in die Tasche greifen. Speed, Kokain und der ganze Scheiß ist doch ziemlich teuer.
      Scheiß Leben.
      Es ist zu schwer für mich. Die Themen zu dramatisch, die Sucht unerträglich. Warum habe ich keine Sucht nach Leben entwickelt?
     
    Handy, es vibriert, ich sollte rangehen.
      „Ja, Mann, ich bin unterwegs“, sage ich genervt zu Alice, der ein Fan von Alice Cooper ist und sich nach ihm benannt hat. Alice heißt in Wirklichkeit Alexander, aber Alexander findet er für einen staatlich geprüften Drogendealer (Abschluss im Gefängnis, Praktikum auf der freien Stricherstraße Berlins) nicht so passend. Alice ist Drogendealer und ich bin einer seiner Kunden. Oft, es passiert mir wirklich oft, wenn ich in der Straßenbahn sitze und in Richtung Jakominiplatz drive, da erinnere ich mich an die Zeit zurück, wo ich nur gelegentlich einen Joint rauchte oder ein bisschen Ecstasy zu mir nahm. Einstiegsdrogen nennt man sie wohl. Sind sie auch.
      Nur ein bisschen fliegen, ein wenig die Sorgen vergessen, mehr wollte ich nicht. Bekommen h abe ich viel mehr als erwartet. Eine ganze neue Welt hat sich mir offenbart, eine, die mir ganz schnell das Geld aus der Tasche zieht und ständig erneuert werden möchte. Im Endeffekt habe ich weniger als zuvor, obwohl ich sie ständig erneuere, diese neue Welt muss aufgebaut werden, mit weißem Schnee, ich muss sie mir schön machen. Die neue Welt ist sehr teuer und ich kann sie mir nicht mehr leisten und sie verlangt ihren Sold von mir.
      Wie ein Vampir lebe ich. Nachts komme ich aus meinem dunklen Bau heraus. Aber der U mkehreffekt ist eingetreten. Ich schleiche nicht umher, um mir Opfer zu suchen und aus ihren Adern Blut zu saugen, sondern ich werde ausgesaugt, Stück für Stück nehmen sie mir all meine Lebensenergie. Energie … was ist das?
      Scheiß Energie.
      Energie ist ein Motor, ständig laufend, immer und überall, der von nichts anderem angetrieben wird als von einer Quelle ewigen Seins. Diese Quelle ist mein Stoff. Es geht mir so gut, wenn ich ihn habe. Wow, kann ich nur sagen. Es geht mir so verdammt gut, wenn ich ganz weit oben bin. Und nur mit dem Stoff bin ich ganz oben.
      Es gibt so viele Geschichten über mich, dass buchstäblich das gesamte Stift Rein damit bepfla stert werden könnte. So viele Wörter, so viele Buchstaben, so viele einsame Seelen, die diesen Stoff in sich bergen und davon erzählen könnten. Doch wir erzählen ihn nicht. Wir bleiben unter uns.
     
    Wenn ich die Typen, die in der Straßenbahn sind, betrachte, so wird mir schlecht. In Graz ist die Schauspielbühne für Stereotyp-Statisten für immer und für alle Zeiten geöffnet. Eine Manege voller Kreaturen, die begafft werden … hauptsächlich von mir, und ich zahle keinen Eintritt dafür.
      In der Straßenbahn trifft sich alles. Da wäre einmal die aufgedonnerte Tussi, die mit ihrem pi nken Täschchen und einem

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