Kabbala-Box (2 Romane in einem Band)
darin wohnenbleiben. Schon deshalb weil mein Nachbar mich ständig an meinen größten Fehler in meinem Leben erinnerte: an die Liebe.
Scheiß auf die Liebe.
Ja, einige von Euch werden mich nun verteufeln. Offen und ehrlich gesagt: Scheiß auf die verfickte Liebe.
Im Chor meine Damen und Herren: „Scheiß auf die Liebe.“ – Huch, wie wird mir? Mir geht’s schon besser.
Mir gingen viele Gedanken durch den Kopf, viele verfickte Ideen, wie ich diesen verdammten Schmerz einfach wieder vergessen konnte. Vergessen. Einfach vergessen. Da entschloss ich mich ein Profil auf der schwulsten Internetseite dieser Welt zu kreieren: den Bauen Seiten ! – Wo sonst? Ich wollte eine Armee ins Leben rufen – mir treu ergeben –, die sich meinen sexuellen Wünschen beugen sollte, die mich mit ihren Schwänzen und Löchern befriedigen (bei Tag und in der Nacht) und in ihrer Funktion als Sklaven meinem Willen gehorchen. Und die Drag Queen Olivia Jones sollte zum Kerkerwächter ernannt werden. Ich hab ihr über Facebook den Job angeboten, sie hat ihn abgelehnt.
Scheiß auf Olivia.
Tja, was soll Mann machen? Da das mit dem Sklavenhalten und der Kerkerwächterin Oliva Jones nichts geworden ist, musste sich Mann nach anderen Methoden umsehen. – Wenn man die Männer nicht in einen Raum (zusammen in Ketten und Handschellen gelegt) einsperrt (und Miss Jones nicht als Kerkerwächterin daherkommt), können diese Knechte im Endeffekt ja doch wieder machen was sie wollen. Deshalb verflüchtigte sich dieser Wunschgedanke recht schnell und blieb mit dem Ausbleiben von Miss Jones’ Antwort im wahrsten Sinne des Wortes im Dunkeln liegen.
Scheiß auf die Dunkelheit.
Es blieb nur die allgemeine Sucht nach Ablenkung (und wenn das nur ein heißer Spacefick ist) übrig.
Alte Kontakte waren seit meinen wilden Zeiten auf dem schwulsten Internetportal zwar geca ncelt worden, doch da die Devise jeder mit jedem noch immer galt und als ein ungebrochener Schwur – seit die Griechen den Analsex erfunden hatten – durch die Gehirnwindungen der Männer kreist, war es leicht, alte Bekannte (und deren Penisse) wiederzuentdecken. Verwundert war ich nur, dass der eine oder andere sein bestes Stück tatsächlich um Zentimeter größer anbot, als es tatsächlich war. Tja, Glück muss man haben und dumm fickt nun mal gut. Da das Betrügen unter den Schwulen nach wie vor stärker in deren Gehirnwindungen verankert war, als das Wort Liebe oder Treue, waren nicht nur das Lügen über Gefühle so sicher wie das Amen im Gebet, sondern auch bestimmte Fakten und Details (Penisgröße wurde schon angemerkt): das Alter stimmte zumeist nicht, das Aussehen mittlerweile auch nicht, da ein jeder Volltrottel heutzutage Photoshop 3.0 auf seinem Laptop installiert hat und natürlich das Gewicht, das manchmal horrende Unterschiede zu dem, was angegeben war, in realer Natur geboten wurde. Ausreden wie: „Ich hatte seit drei Wochen keinen Stuhlgang“ oder „Ich habe gerade eine ziemlich schwierige Zeit“, waren da nur die feinfühligeren Ausflüchte zu den plötzlichen Unwahrheiten, die bei einem Treffen abrupt auftraten.
Mir fällt leider nur ein Zitat von Roberto Blanco ein: „Ein bisschen Spaß muss ein!“
Die Ernüchterung: Auf den Blauen Seiten begegnete mir ein altbekanntes Gesicht. Es hatte einen neuen Namen: fucktogehter. Junge Schwule waren von so einem Namen immer begeistert, das wusste der Arzt und deshalb nannte er sich auch so. Na ja, er hatte sich auf seinem Profil um 10 Jahre jünger gemacht (da wären wir mal wieder beim Lügen) und wenn er Bilder von sich mitschickte, dann war da kein Face zu sehen, sein Ruf als Nicht-schwuler-Arzt musste doch bewahrt bleiben, aber dafür sah man seinen Schwanz, gut der war nicht gefotoshopt, diese Bilder waren echt.
Auf jeden Fall schrieben wir uns – wir normale Schwule – über die Blauen Seiten eine Message nach der anderen. Eine ganze Weile sogar. Er erzählte mir, dass er mich noch lieben würde. Darüber war ich ziemlich erstaunt, ganz ehrlich. Wie konnte das sein? Er hatte doch unmissverständlich klar gemacht, ich wäre der Antichrist in seinem Leben gewesen und mit dem Antichrist wollte man ja nicht gerade eine Beziehung führen. (Und für alle, die sich jetzt fragen, wie Paris Hilton zu ihren Liebhabern kommt, so liegt die Antwort nahe, dass sie nicht der Antichrist, sondern schlicht und einfach nur eine Sirene ist.)
Nach ein paar Minuten des gewöhnlichen
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