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Kabeljau und Kaviar

Kabeljau und Kaviar

Titel: Kabeljau und Kaviar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
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übernommen und unablässig im Kreis auf den Schienen
herumgefahren.
    Offenbar war alles in stetiger
Bewegung. Die Hühnchen marschierten in das Restaurant hinein und kamen wieder
heraus, der Abfall auf den Müllhalden wurde von Kränen aufgepickt und
herumgeschwungen, ein Löffelbagger an einer Baustelle schaufelte Sand von einer
Halde und lud ihn dann auf einer anderen Halde wieder ab. Für Menschen, die
gern mit Hebeln spielten und Freude daran hatten zuzusehen, wie man mit wenig
Aufwand große Wirkung erzielte, mußte diese Anlage ein Erlebnis sein.
    Max konnte sich lebhaft vorstellen, wie
Wouter am Schaltpult waltete, die Hebel betätigte und den verrückten Hühnern
zusah, wie sie sich ihren Weg in das Restaurant und wieder heraus hackten.
Bestimmt hatte er dabei seine Lokomotivführerkluft getragen, die er auch
angehabt hatte, als Max und Tom ihn tot im Führerstand fanden. Er entdeckte
einen identischen Anzug, der an der Innenseite der Tür hing. Vielleicht besaß Wouter
aber auch spezielle Overalls für große und kleine Züge. Oder der Anzug an der
Tür war Besuchern zugedacht.
    »Sind viele Freunde der Tolbathys
hergekommen, um mit Wouters Zügen zu spielen?« erkundigte er sich bei Rollo.
    »Worauf Sie sich verlassen können. Die
sind manchmal in drei Reihen um die Anlage gestanden und haben Casey Jones und Runaway Train gesungen, sich die Kehlen mit ‘ner Ladung Martinis
geschmiert und mich dann runtergeschickt, um Nachschub zu holen. Meine Herrn,
wir haben hier oben oft einen Riesenspaß gehabt.«
    Nachdenklich koppelte Rollo von seinem
Schaltpult am anderen Ende des Raumes aus einen Kühlwagen ab, der zur Chesapeake&Ohio-Linie
gehörte und nun an einen vorbeifahrenden Bangor&Aroostock-Güterzug
ankoppelte.
    »Wie haben Sie das denn gerade
gemacht?« wunderte sich Max.
    »So hab’ ich das gemacht«, entgegnete
Rollo und betätigte wieder die Hebel.
    »Sie können also von Ihrem Platz aus
Waggons an- und abkoppeln? Mein Cousin hatte auch eine elektrische Eisenbahn,
als wir Kinder waren, aber er mußte die Waggons immer mit der Hand anhängen.«
    Rollo schenkte Max einen herablassenden
Blick. »Kinderkram. Vielleicht genug für euch Grünschnäbel, aber das hier ist
was für Große. Zuerst mußte das auch mit der Hand gemacht werden, aber dann hat
Wouter elektromagnetische Spulen eingebaut. Warten Sie, ich zeig’ Ihnen mal
was.«
    Er bewegte einen großen Hebel. Züge,
Kräne, sogar die marschierenden Hühner blieben abrupt stehen. Dann verließ er
den Raum. Durch die offenen Türen konnte Max sehen, wie Rollo vorsichtig um den
Drachen herumging und an der am weitesten entfernten Tür stehenblieb. Er hatte
die Hände in den Taschen und versuchte auf ziemlich auffällige Weise so
auszusehen, als bewege er sich nicht. Urplötzlich begannen die Züge wieder zu
fahren.
    »Das hat Wouter auch immer gemacht«,
gluckste er. »Den Trick hat er keinem verraten.«
    Das wäre wahrscheinlich auch gar nicht
notwendig gewesen. Max hatte natürlich längst erraten, daß es sich um eine
kleine Fernbedienung handelte, wie sie viele Leute für ihr Garagentor oder den
Fernsehapparat benutzten.
    »Hat Wouter alles selbst ausgetüftelt«,
prahlte Rollo. »Die Züge hier sind fast alle noch von seinem Vater oder von Tom
und Wouter, als sie klein waren. Wouter hat die Schalter selbst konstruiert und
eingebaut. Auch in die Kräne. Sogar in die kleinen Hühner da, damit die ihre
kleinen Tüten hochheben und wieder absetzen können.«
    »Gütiger Himmel! Wouter muß ja ein
wahrer Zauberer gewesen sein!«
    »Jawoll! Hat nicht viel gegeben, was
Mr. Wouter nicht hingekriegt hat, wenn er sich’s in den Kopf gesetzt hat. Und
er hat immer ‘ne Menge merkwürdiger Ideen gehabt.«
    »Das glaube ich gern«, meinte Max und
betrachtete dabei die Hühner. Ihm war gerade auch eine Idee gekommen.
    »Sagen Sie mal, Rollo, hat Wouter ab
und an Aufträge für seine Freunde erledigt? Deren Züge repariert oder
dergleichen?«
    Rollo tat so, als habe er Max’ Frage
nicht verstanden. »Warum hätt’ er denn Aufträge annehmen sollen? Mr. Wouter hat
doch hier schon genug zu tun gehabt, finden Sie nicht?«
    »Hat man ihn denn nicht manchmal um
etwas gebeten? Warten Sie, ich formuliere die Frage anders: Stellen Sie sich
einmal vor, Sie hätten selbst eine elektrische Eisenbahn wie diese hier und
wollten Ihren Kran auch so herrichten lassen, daß er Sand hochheben und fallenlassen
kann; hätten Sie dann nicht Wouter Tolbathy gebeten, das für Sie

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