Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kabeljau und Kaviar

Kabeljau und Kaviar

Titel: Kabeljau und Kaviar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
Vom Netzwerk:
geöffnet hatte. Als sie Max sah, preßte
sie Imogene sofort an ihren schützenden Rock.
    »Falls Sie von der Presse sind — «
    »Ich bin Jeremy Kellings Neffe.«
    Die reizende Kleine riß sich gewaltsam
vom Rockzipfel ihrer Mutter los und kreischte: »Sstimmt ganiss! Dass iss der
Mann, der Cousine Sawah wegen ihwem Geld geheiwatet hat!«
    »Bist du jetzt wohl still, Imogene!«
wies die Mutter sie zurecht. »Man spricht doch nicht vor fremden Leuten von
Geld. Außerdem weißt du genau, daß Cousine Sarah überhaupt kein Geld hat.«
    »Wawum hat er sie dann geheiwatet?«
    »Keine Ahnung, Schätzchen.«
    »Weiss er ess denn selbss?«
    »Und ob, aber dir werde ich es bestimmt
nicht verraten«, beschied ihr Max.
    Er kapitulierte vor der Kleinen und
wandte sich der Mutter zu. »Ich weiß, daß Dork aus dem Krankenhaus entlassen
worden ist, und ich muß ihn unbedingt sprechen. Wenn Sie mich nicht auf der
Stelle einlassen, werde ich veranlassen, daß Jem überall verbreitet, Sie
wollten Ihrem Kind zu Weihnachten eine Donald-Duck-Figur schenken.«
    »Das können Sie doch nicht machen!«
stieß die Frau entsetzt hervor.
    »Mama, der Mann hat ein böwes Wowt
gessagt«, kreischte die Tochter.
    »Allerdings, und ich werde es gleich
noch mal sagen, wenn ihr nicht endlich zu Potte kommt«, knurrte Max. »Wo haben
Sie eigentlich diese Geschichte von Cousine Sarah her? Sie sind doch lediglich
die Schwester von Cousin Lionels Frau, oder nicht?«
    Inzwischen hatte er sie nämlich
wiedererkannt. Die Strümpfe hatten ihn vorübergehend irritiert. Ihre
Ähnlichkeit mit Tante Appie Kellings Schwiegertochter Vare reichte bereits aus,
in Max ein Gefühl aufkeimen zu lassen, das ein schottischer Museumskurator
einmal als das kalte Grauen bezeichnet hatte. Der Kurator hatte sich dabei zwar
auf ein Pop-art-Kunstwerk bezogen, auf dem eine Suppendose dargestellt war,
doch Vares Schwester sah in ihrem Aufzug ganz ähnlich aus, so daß die Analogie
durchaus gerechtfertigt schien. Das bedeutete, daß der altkluge Fratz an ihrem
Knie eine Cousine ersten Grades von Vares selbstgezogener kleiner
Schlägertruppe Jesse, Woodson, James und dem kleinen Frank war. Diese fünf
Schätzchen hätten sich durchaus gestern abend zusammengetan haben können, um
den Zug anzuhalten und die Fahrgäste zur Strecke zu bringen; als Versuch, sich
auf diese Weise einen langweiligen Abend abwechslungsreicher zu gestalten.
Diese Theorie schien zwar überaus verlockend, doch war sie leider
höchstwahrscheinlich absolut falsch. Max schenkte Imogene einen besonders
strengen Blick und wandte sich im besten Mike Hammer -Stil wieder der
Mutter zu. »Wenn Sie mich nicht sofort reinlassen, fange ich an zu quaken.«
    »Unverschämtheit!«
    Sie gab jedoch endlich die Tür frei und
zog Imogene mit sich, so daß Max das Haus ohne jegliche Gewaltanwendung
betreten konnte. Das Innere von Dorks Heimstatt entsprach so ziemlich seinen
Erwartungen. Mit Ausnahme der Fahrkartenschalter hätte man glauben mögen, man
befände sich in einer Miniaturversion der Pennsylvania-Station in New York, wie
sie vor vielen Jahren einmal ausgesehen haben mochte.
    Die Wände waren überladen mit gerahmten
Fotografien, einige in Farbe, andere in Schwarzweiß, wieder andere auf recht unprofessionelle
Art handkoloriert. Auf allen Bildern konnte man Bahnhöfe sehen, die von
Gartenanlagen umgeben waren.
    Die Möbel waren offenbar Nachahmungen
aus der Zeit Jakobs I., mit einer auffallenden Vorliebe für Ziernägel aus
Messing, außerdem gab es stinkvornehme Polstermöbel in Dunkelrot und Olivgrün.
Ohne die störende Gegenwart der jüngeren Mrs. Dork, um die es sich allem
Anschein nach handelte, sowie ihres grübchenbewehrten kleinen Lieblings hätte
er die angenehm pompöse Wartesaalatmosphäre bestimmt genossen. Unter den
gegebenen Umständen allerdings wollte er lediglich hinter sich bringen,
weswegen er gekommen war, um sich möglichst schnell wieder aus dem Staub machen
zu können.
    »Komm schon, Imogene«, brummte er.
»Bring mich zu deinem Großvater. Und bloß keine faulen Tricks.«
    Imogene tippelte auf der Stelle zu ihm
herüber und schob ihre kleine Hand in die seine. Doch dann riß sie sich
unvermittelt wieder los, als habe sie eine heiße Herdplatte berüht. »Muß ich,
Mommy?«
    »Bring den Herrn bitte zu Großvater,
Imogene.«
    Lorista, das war ihr Name. Inzwischen
war Max alles wieder eingefallen. Er hatte sie auf einer von Tante Appies
schrecklichen Teepartys getroffen, zu denen die Kellings

Weitere Kostenlose Bücher