Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Käfersterben

Käfersterben

Titel: Käfersterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Schmöe
Vom Netzwerk:
ihr bis zum Hals. Alle Türen waren angelehnt. Katinka lauschte. Ihr Kopf summte vor Konzentration und Aufregung. All mein Blut ist in meinem Kopf, dachte Katinka. Das ist die Panik. Gleich kriege ich einen Schlaganfall.
    Sie stieß die erste Tür rechts auf und zielte. Das Bad. Winzig, wie Dani gesagt hatte. Katinka zerrte den Duschvorhang zur Seite. Leer. Auf dem Bord über dem Waschbecken die üblichen Sachen: Zahnbürste, Lotion, Nagelfeile, Lippenstift. Ein Regal mit den restlichen Utensilien. Shampoo, Haargummis und Co. Nichts Bemerkenswertes.
    Gleich links ging es in die Küche. Weder besonders aufgeräumt, noch besonders chaotisch. Eine benutzte Kaffeetasse mit einem braunen Rest darin, Brotkrümel. Leere Mineralwasserflaschen aus Plastik in einem Korb. Katinka lehnte sich gegen den massiven Holztisch und wartete. Im Haus war nichts zu hören. Sie war sich sicher, dass niemand hier war. Irgendeine archaische Intuition gab durch, dass sich kein lebendes Wesen außer ihr selbst im Haus befand.
    Kein lebendes. Vielleicht täusche ich mich.
    Sie straffte sich und durchsuchte die beiden Wohnräume. Eines hatte Dani als Schlafzimmer eingerichtet, mit einem französischen Bett. Am Kopfende hing ein Gauguin, ein Druck, provisorisch auf einen Keilrahmen gepinnt. Eine dunkelhäutige Frau lag bäuchlings auf einem Bett. Sie war nackt und sehr schön. Im Hintergrund lehnte eine Gestalt mit schwarzer Kapuze. Ein Zettel mit Danis Handschrift steckte hinter dem Keilrahmen. Katinka nahm sich nicht die Zeit, ihn zu lesen.
    An der Wand neben der Tür hing das Foto eines jungen Mannes. Er sah Dani enorm ähnlich. Die Gesichtszüge ein wenig schärfer geschnitten, die Wangenknochen deutlicher hervortretend, aber die Augenpartie der Danis zum Verwechseln gleich. Katinka erinnerte sich an Danis Bruder. Livio. Wie das Salatöl. Er war ein paar Jahre jünger als seine Schwester, aber in ihre künstlerischen Fußstapfen getreten.
    Im Zimmer gab es keinen Schrank. Stattdessen war eine Garderobenstange an die Querseite gesetzt worden. Katinka ging die Kleider durch. Alles normal. Das zweite Zimmer wirkte unfertig. Zwei Sessel, ein Sofa waren nebeneinander abgestellt worden, ohne System, einfach so. Nichts lag herum, keine Zeitung, kein Kissen. Kein Bild an der Wand. Hier hätte ich geschlafen, dachte Katinka. Wahrscheinlich der erste Gast seit Danis Einzug.
    Der letzte Raum musste das Atelier sein. Katinka drückte sich an die Wand, bevor sie die Tür aufstieß. Ein paarmal rief sie, dann ging sie zögernd weiter.
    Auf einer Werkbank lagen Danis Werkzeuge. Entfernt erinnerten sie Katinka an eine Zahnarztpraxis, mit einem Hauch von Folterkammer dazu. Alles war ganz ordentlich. Man konnte auf den ersten Blick erkennen, dass sie ihr Arbeitsmaterial sehr sorgfältig behandelte. Unmengen Draht in unterschiedlichen Stärken lagerten in einer Ecke. Es gab ein paar Maschinen, von denen Katinka nicht einmal ahnte, wozu sie gut waren. Rohe Specksteinblöcke stapelten sich an der linken Wand. Ein Paar Gummistiefel lag auf dem Boden. Über allem schwebte feiner Staub, weiß wie Gips. Katinka konnte die Körnchen in den spärlichen Sonnenstrahlen durch die Luft tänzeln sehen. Dann standen da halbfertige Skulpturen, oder auch fertige, das vermochte Katinka nicht zu entscheiden. Auf abstrakte Kunst verstand sie sich nicht. Sie hockte sich mitten im Atelier auf ihre Fersen. Versuchte, den Raum atmen, leben zu hören. Seine Geschichte zu erlauschen, die Stimmen der Menschen, die als letzte dagewesen waren.
    Ein kratzendes Geräusch hinter ihr.
    Sie fuhr herum, die Waffe in beiden Händen.
    »Sind Sie wahnsinnig?« Heppner stand in der Tür. »Wollen Sie mich umbringen?«
    »Keine Rede.« Katinka ließ die Pistole sinken.
    »Ich muss weiter. Meine Frau kann nicht den ganzen Vormittag allein im Geschäft stehen.«
    Deiner Frau geht es wahrscheinlich um andere Dinge als um das Geschäft, dachte Katinka und beobachtete, wie Heppner nervös die verschwitzten Locken zurückstrich.
    »Danke für Ihre Hilfe.«
    »Ich stelle Ihnen eine Rechnung.«
    »Tun Sie das.« Sie würde sie ohnehin nicht bezahlen, und sie war sich sicher, dass er das wusste. Ohne ein Wort wandte er sich um und ging.
    Katinka sicherte die Beretta und steckte sie ins Holster. Sie fischte ein Paar Latexhandschuhe aus ihrem Rucksack und untersuchte das Haus gründlich.
    Unter Danis Sachen im Schlafzimmer fand sie ihr Ebenbild aus Speckstein, hellblau schimmernd. Eine nackte Katinka, sitzend,

Weitere Kostenlose Bücher