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Käfersterben

Käfersterben

Titel: Käfersterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Schmöe
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die Beine untergeschlagen. Sie erkannte sich sofort. Sie besaß ja das Foto, aber selbst ohne diese Gedächtnisstütze hätte sie sich gleich identifiziert, einen knappen Meter hoch, den Kopf gesenkt, eine Hand offen auf den Knien, die andere neben ihrem Körper baumelnd. Dani hatte sie perfekt getroffen. Peinlich berührt wandte sie sich von der Plastik ab.
    Trotz minutiöser Suche fand Katinka nichts Persönliches. Keine Handtasche, keinen Taschenkalender, kein Adressbuch, keine Briefe. Einen Computer besaß Dani wohl auch nicht, nicht einmal einen Wandkalender. Es gab keine privaten Aufzeichnungen, außer Skizzen im Atelier, ein paar Notizen über nachzubestellendes Material und Überlegungen für die Planung ihrer neuen Ausstellung. In der Küche fand Katinka einen Einkaufszettel, mit einem Magneten an der Kühlschranktür befestigt: Mineralwasser. Sonst nichts. Allerdings hatte Dani eine ausgeklügelte Vorratshaltung. Mehl, Zucker, Salz, Konserven, Süßigkeiten, Bier, Rotwein, Marmelade, ungemahlenes Getreide und Trockenobst in großen Mengen. Frische Sachen dagegen gab es wenig. Katinka fand ein paar Bananen im Kühlschrank und eine ganze Batterie Joghurt. Sie verließ das Haus und legte einen Stein in die Tür, damit sie nicht zufiel.
    Es blieb ihr nichts anderes übrig. Sie musste ihn anrufen. Er hatte Urlaub, aber es war halb zwölf an einem gewöhnlichen Samstag. Als Hauptkommissar Harduin Uttenreuther im Spätherbst des vergangenen Jahres nach Südamerika gereist war, hatte er sein Handy abgestellt. Halb hoffte Katinka, er würde es diesmal genauso machen. Und gleichzeitig wünschte sie sich von Herzen, dass er sich melden würde. Mit seiner knorrigen Stimme, unzugänglich, oft barsch, mitunter abweisend, aber ein Fels an Zuverlässigkeit. Sie vertippte sich. Löschte mit einem wütenden Aufschrei die Ziffern. Wählte nochmal.
    Er meldete sich sofort.
    »Katinka Palfy hier.«
    »Palfy!« Ihr fiel ein, wie er kürzlich gesagt hatte, für sie sei er immer erreichbar. »Haben Sie mich gestern schon mal angerufen?«
    Katinka zögerte kurz. Sie entschied sich für die Wahrheit.
    »Ja. Aber ich hab’s mir anders überlegt.«
    »Handys sind schon sonderbare Gesellen«, sagte Hardo. »Sie melden einem auch erfolglose Versuche. Ich hatte die Nachricht ›Palfy hat angerufen‹ auf meinem Display.«
    »Ich hatte einen Notfall«, sagte Katinka. »Aber jetzt ist ein neuer dazugekommen.« Für einen Augenblick schwappte eine kalte Welle über sie hinweg. Sie fühlte sich den Katastrophen schutzlos ausgeliefert. Da stritten die Eindrücke der letzten Stunden miteinander. Toms resignierte Stimme. Danis Blick über den Fluss. Ihre eigene Unsicherheit über ihre Beziehung. ›Du bist dir deiner Gefühle nicht sicher.‹ Der Gedanke an Danis tote Eltern. In welchem Leben war sie plötzlich gelandet. Tief holte sie Atem und berichtete Hardo so knapp wie möglich von dem Wiedersehen mit Dani, der Einladung auf die Datsche und dem gelben Spielzeugbeetle vor der Tür.
    »Das ist in der Tat eigenartig«, sagte Hardo. Sie hörte Geschirr klappern.
    »Waschen Sie gerade ab? Ich weiß, dass Sie Urlaub haben. Aber vielleicht verraten Sie mir, an wen ich mich bei der Polizei noch wenden kann. Solange es nicht Oberkommissarin Winkler ist.« Katinka verband mit Hardos Kollegin eine höchst unangenehme Erinnerung. Die Kriminalistin hatte es sich im vergangenen Jahr nicht nehmen lassen, Katinka als Hauptverdächtige in einem Mordfall ins Spiel zu bringen. Katinka steckte immer noch die unangenehme Befragung durch Kommissarin Winkler in den Knochen.
    »Wo sind Sie jetzt?«
    »Bei Danis Haus.«
    »Im Märchenwald? Oder wo ist das!«
    »Sie haben doch Urlaub.« Sie beschrieb ihm den Weg.
    »Fassen Sie nichts an!«, befahl Hardo.
    Genervt drückte Katinka auf den Aus-Knopf. Er redete mit ihr, als klebte auf ihrer Stirn ein Zettel mit einem ›A‹ drauf – ›A‹ für Anfänger.
    Katinka ging ein Stück durch den Garten und setzte sich auf den Steinpfeiler von vorhin. Sie ließ ihre angestrengten Augen von der Leine. Die Hügelkette hatte die Farbe gewechselt. Sie schimmerte nun in einem schattigen Grün. Katinka nahm die Brille ab und klemmte sie mit dem Bügel in ihr T-Shirt. Die Pracht der Natur wurde zu einem impressionistischen Gemälde, aufgelöst in einzelne, bizarr ineinander verschwimmende Umrisse und Farbkleckse. Bis Hardo hier auftauchte, hatte sie noch genug Zeit, um über die zentrale Frage in dieser ganzen Angelegenheit

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