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Käfersterben

Käfersterben

Titel: Käfersterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Schmöe
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Gewalt willen trainiert. In den Frauenkursen wollen viele einfach mehr Sicherheit entwickeln und Selbstverteidigung lernen. Generell konzentrieren sich aber alle auf die geistige Komponente, um ihre Selbstdisziplin zu schulen und ihr Selbstvertrauen zu stärken.«
    »Wo bekommt man ein Samuraischwert?«
    »Bin ich Jesus? Keine Ahnung! Manche Waffengeschäfte sind wohl auf Stichwaffen spezialisiert. Im Internet findet man bestimmt Unmengen an Angeboten. Zulegen kann man sich ja alles, heutzutage.«
    »Kennen Sie einen Hansi Schmidt?«
    Utzmann sah Katinka argwöhnisch an.
    »Ich gebe über meine Kunden keine Daten oder so raus, nicht einmal das Geburtsdatum«, sagte er. »Damit fährt man nie gut. Ich verdiene mein Brot mit den Kursen und diesem Studio. Was wissen denn Sie, wie man als Unternehmer derzeit schrubben muss, um auf zwei Beinen zu stehen.«
    »Weiß ich alles«, sagte Katinka.
    »Ach so, ja, natürlich, Sie sind ja auch selbständig … und geht das?«
    »Geht. Bei nur einer Mahlzeit pro Tag.«
    Verdattert sah Utzmann sie an. Sie hörte förmlich die Zahnräder in seinem Kopf einrasten und stellte sich vor, wie er nachdachte, ob ihre Bemerkung ein Witz oder ernst gemeint war. Schnell griff er nach ein paar kopierten Blättern auf seinem Begrüßungstresen:
    »Das wäre unser aktueller Stundenplan, und hier ist die Ankündigung für die neuen Kurse ab September.«
    »Danke. Ich melde mich.«
    »Tschüss dann!«
    Sie hatte den Eindruck, Utzmann war froh, dass sie ging.
     
    Der Wagen sprang sofort an, das mysteriöse Klappern war verstummt. Katinka nahm es als gutes Omen. Ein paar Sonnenstrahlen quälten sich durch die grauen Wolken. Dennoch war es so kalt, dass sie die Heizung einschaltete. An einer Apotheke in Memmelsdorf wurde die Temperatur angezeigt. 14 Grad. Grün angestrichener Winter, dachte Katinka. Der Alte Fritz hat’s erfaßt. Während sie weiter Richtung Holzhof fuhr, probierte sie verschiedene Gesprächsvarianten aus. Sie könnte die gute Fee spielen, die Janas Seele Erleichterung versprach, wenn sie sich nur endlich in Sachen Daniela Zanini einmal aussprechen würde. Oder sie machte auf miesen Cop und drohte Folter an. Mit klopfendem Herzen steuerte sie in die schmale Straße hinter dem Ortsschild. Sie parkte vor der Einfahrt in den Hof und ging die letzten Schritte zu Fuß. Alles sah genauso aus wie zuvor. Der Geländewagen parkte an der gleichen Stelle, als sei er nicht bewegt worden. Über dem Gutshof lag tiefe Stille.
    Im Teich in der Mitte herrschte allerdings Bewegung. Die Wasseroberfläche kräuselte sich. Jemand stelzte im Wasser herum. Als Katinka ausstieg, hörte sie das erboste Quaken einer Ente. Mitten im Weiher stand Jana, die Hosen bis zum Schritt hochgekrempelt.
    »Ist Ihnen nicht kalt da drin?«, rief Katinka hinüber.
    Jana schreckte so heftig zusammen, dass sie einknickte und bis zu den Hüften im Teich versank.
    »Sind Sie bescheuert?«, brüllte sie. Mit hochrotem Kopf stakte sie zum Ufer.
    »Ich fragte nur, ob es nicht kalt ist. Wir haben’s ja noch nicht so sommerlich.«
    Jana stapfte aus dem Teich. An ihren nackten Beinen klebte Entengrütze. Ihre Jeans und der Pullover klumpten nass und schwer an ihrem zarten Körper.
    »Ich muss dringend mit Ihnen sprechen«, sagte Ka-tinka und hielt sich beide Optionen offen. Noch hatte Jana die Messlatte für die ›gute Fee‹ nicht überdehnt.
    »Ach so? Darf ich mich vielleicht vorher trockenlegen?«
    Katinka lief ihr einfach nach. Jana ging nicht zum Wohnhaus, sondern marschierte geradewegs auf den Stall zu, in dem Katinka sie am Tag zuvor angetroffen hatte.
    »Wohnen Sie hier drin?«
    Jana sagte kein Wort. Sie querte den Vorraum und betrat das Stallgebäude. Mehrere mannshohe Holzsäulen standen in unterschiedlichen Abständen darin verteilt. An ihre Seiten waren großformatige Fotos geklebt. Fotos, die Formen und Farben zeigten, mit denen Katinka nichts anfangen konnte.
    »Was ist das?«, fragte sie.
    Jana stand in der hintersten Ecke. Sie zog ihre nassen Sachen aus, ohne auf Katinka zu achten. Nackt stellte sie sich vor einen Schrank und wühlte nach frischer Wäsche und einem trockenen Pullover. Statt einer Hose wickelte sie sich ein Handtuch um die Beine.
    »Aufnahmen von Blüten hier aus der Gegend«, sagte Jana. »Um ein Vielfaches vergrößert.«
    »Ist so was wie das hier«, Katinka wies auf die Säulen, »eine Installation?«
    »Soll mal eine werden.«
    »Wo stellen Sie das aus?«
    »Geheimnis.«
    Jana kam zurück.

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