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Käfersterben

Käfersterben

Titel: Käfersterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Schmöe
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entscheiden. Als sie nahe genug an den Staffelberg herankam, sah sie seine steilen Felsen in die Lüfte ragen. Von Westen her von der Sonne beschienen schickten sie eine Aureole von Erhabenheit durch das Maintal. Der Abendstimmung in diesen hellen Juninächten konnte sich niemand entziehen, und noch weniger in der von sanften Hügeln durchzogenen Landschaft mit ihrem felsigen Thron in der Mitte.
    Katinka kam bei Bad Staffelstein am Kreisverkehr aus dem Konzept. Sie fuhr einige Male durch den Kreisel, bis sie sich für die richtige Abzweigung nach Schwabtal entschied. In Loffeld war ein Wanderparkplatz angezeigt. Sie hielt und stellte den Motor ab. Als sie das Radio einschaltete, kamen in Bayern 5 die Nachrichten.
    Katinka stieg aus. Es war immer noch zu kühl, aber der Wind war nicht mehr so schneidend. Sie konnte jetzt riechen, dass die Schafskälte allmählich an Kraft verlor. Da sie so selten in die Natur kam, sog sie mit Wonne den Duft der Weizenfelder in sich auf. Ein Hauch von Orange lag über allem. Es würde einen prachtvollen Sonnenuntergang geben. Heute Abend würde sie den Fall Dani abschließen, die Käfermorde vergessen und sich wieder auf Fälle konzentrieren, die ihr etwas einbrachten, ohne ihre Nerven zu zerfetzen.
    Die herrliche Abendstimmung gab den Ausschlag für ihre Entscheidung, das Auto stehen zu lassen und zu Fuß auf das Plateau zu steigen. Sie war gut in Form und würde etwa eine halbe Stunde brauchen. Sie käme zu früh oben an, aber sie könnte sich abseits halten und beobachten, wie und von wo Dani aufkreuzte.
    Katinka ging unter der Brücke durch und entschied sich an der ersten Abzweigung für den breiteren Weg. Der Pfad nach links mündete in den Karlsteig. Ein Golf parkte dort, ein altes Modell, giftgrün lackiert. Katinka fiel das Kennzeichen auf. Eine Bamberger Nummer mit vier Vieren hinten. Schnapszahlen auf den Nummernschildern waren groß in Mode. Sie musste an die Youngtimer denken. Ein Schild wies darauf hin, dass dienstags die Staffelbergklause geschlossen war.
    Na, Bingo, dachte Katinka. Ob Dani das gewusst hat? Keine Kneipe, keine Menschen, keine Zeugen.
    Sie ging zügig voran. Holunder blühte zu beiden Seiten des Weges. Sie liebte den Duft der weißen Blüten und träumte davon, Hollerküchla zu backen: Holunderdolden, in Pfannkuchenteig getunkt und im heißen Fett gebacken. Beinahe glücklich tänzelte sie über den Weg und strich behutsam über die Blütenpracht. Essen musste warten. Ich werde unvorsichtig, dachte Katinka. Diese Mittsommerstimmung macht mich ganz kirre.
    Konzentriert lief sie weiter und wunderte sich, wie steil der Weg kurz darauf anstieg. Links war ein Gehege eingezäunt. Ein paar Yaks wendeten die zottigen Köpfe in Katinkas Richtung. Yaks in Franken, wunderte sie sich. Was Tom wohl dazu sagen würde. Der Weg führte in großzügigen Serpentinen nach oben. Sie sah im Hintergrund den Alten Staffelberg auftauchen. Während des Studiums war sie öfters hier gewesen. Auf dem Gipfelplateau befanden sich Reste eines keltischen Oppidums. Der Gedanke, dass schon 4000 Jahre vor Christus Menschen auf dem Berg gesiedelt hatten, faszinierte sie nach wie vor. Diese Gegend wurde sogar in der Geographielehre des Griechen Ptolemäus erwähnt. Katinka stellte sich vor, wie die geheimnisvolle keltische Stadt, die hier oben ungefähr hundert Jahre vor Christus entstanden war, ausgesehen haben mochte. Sie dachte an Münzpräger, Töpfer, Händler, an den Lärm von Ziegen und Schafen, an offene Feuer und an Schmiede, die mit muskulösen Armen Bronze und Eisen verarbeiteten.
    Ihr Atem ging keuchend. Inzwischen war sie eine Viertelstunde gegangen. In der nächsten Kurve entschied sie sich für eine Abkürzung durch die Wiesen. Ein Trampelpfad führte steil hinauf. Sie erreichte einen Vorsprung und blickte sich um. Weit hinten sah man die Türme der Basilika Vierzehnheiligen. Der braune Stein leuchtete warm im Abendlicht. Nicht allzu weit entfernt hörte sie ein Auto. Nur ganz leise wehte das Knirschen von Reifen auf Kies herüber. Der stille Abend und das eigentümliche Licht verwirrten ihre Sinne. Unmöglich zu sagen, wie weit das Geräusch entfernt war. Katinka kontrollierte ihre Uhr. 20 Uhr 48.
    Sie hatte genug Zeit, aber aus einem Grund, den sie nicht nennen konnte, fühlte sie sich unruhig. Sie würde Dani treffen. Und sie fühlte Angst vor dem, was Dani ihr erzählen würde. Wie sie reagieren würde, falls Dani von ihr etwas verlangte, was sie nicht tun könnte. Was

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