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Käfersterben

Käfersterben

Titel: Käfersterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Schmöe
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herum, als könnten sie ihren Anblick gegenseitig nicht ertragen. Der Terminplaner an der Wand hätte mehr Eintragungen enthalten können.
    Katinka sehnte sich nach einem Telefonat mit Tom, aber sie rief nicht an. Sie fuhr ihr Notebook hoch und suchte die Liste mit den Künstlernamen aus ihrem Rucksack. Das digitale Adressbuch führte sie vorbildlich. Sofort fand sie die Faxadressen ihres Vaters: die private und die seines Büros. Schnell schrieb sie ein paar Zeilen und bat um Rückruf.
    Sie ging in den Nebenraum, wo sie Wasser aufsetzte und ihr Waffenschränkchen kontrollierte. Nur eine Routinesache, ein Automatismus, sie trug die Pistole bei sich. Wie üblich wusste sie nicht, ob sie das Blatt mit der beschriebenen Seite nach unten oder nach oben in das Faxgerät einlegen sollte. Sie wählte die Nummer und beobachtete, wie die Maschine das Papier verschlang und am anderen Ende wieder ausspie.
    Sie legte es ein zweites Mal ein und tippte die Büronummer.
    Im Ausgabefach schlummerte eine Seite. Eine unschuldige DIN-A-4-Seite. Sie musste schon eine Weile da liegen. Katinka nahm sie in die Hand.
     
    Liebe Katinka.
    Ich muss unbedingt mit dir sprechen. Treffen am Dienstag, 15. 6. 2004, um 22 Uhr auf dem Staffelberg.
    Bitte komm unbedingt! Komm allein!
    Dani
    Gelähmt starrte Katinka auf das Fax. Sie musste es oben auf das Gerät legen, so sehr zitterten ihre Hände. Es war keine Kennung angegeben. Das ist strafbar, dachte sie. Kein Datum, kein Ort. Wo zum Teufel hatte Dani dieses Schreiben weggeschickt? Abgesehen davon, dass Katinka zunächst keinerlei Erleichterung darüber verspürte, ein Lebenszeichen von Dani in den Händen zu halten, fragte sie sich, weswegen Dani nicht einfach angerufen hatte. Sie mixte sich einen Nescafé. Schon seit längerem hatte sie sich nicht um Milch gekümmert. Sie musste den Kaffee schwarz trinken.
    Dani hat nicht angerufen, weil sie nicht will, dass ich Fragen stelle, dachte Katinka. Und jetzt will sie mich treffen. Ausgerechnet auf dem Staffelberg, wo Booz seine Leicheninstallation gemacht hat.
    Die Vorstellung, nach den nervenzerreißenden Stunden gestern Nacht schon wieder eine ähnlich schauerliche Aktion vor sich zu haben, gefiel ihr überhaupt nicht. Gemeinsam mit dem schwarzen Gebräu hinterließ sie einen schauderhaft galligen Geschmack. Zwar war es um 22 Uhr noch beinahe hell um diese Zeit, aber das Bergplateau lag mit Sicherheit verwaist hoch oben über dem Tal.
    Sie könnte ja jemanden mitnehmen. Jemanden, von dem Dani nichts zu wissen brauchte. Hardo. Britta. Ka-tinka lachte laut auf. Britta würde bei aller Kaltschnäuzigkeit nicht noch einmal so ein Abenteuer wagen.
    Blieb also Hardo. Katinka stellte die Tasse weg.
    Es war die vernünftigste Lösung. Aber sie war sich unsicher. Es fühlte sich nicht richtig an. Sie wog das Telefon in der Hand. Ihre Finger weigerten sich, seine Nummer zu tippen. Sie dachte an die drei gestohlenen und durchbohrten Käfer. Legte das Telefon weg.
    Konnte Dani Hilfe brauchen, weil sie ein Verbrechen begangen hatte? Katinka fuhr sich durchs Haar. Hatte am Ende Dani die Käfer ›erdolcht‹? Um eine neue Kunstinstallation zu schaffen? Eine markige Botschaft an die Kollegen vom Typ des Arian Booz? Katinka stöhnte. Die Kopfschmerzen machten sich wieder bemerkbar. Sie trank zuviel Kaffee.
    Das mochte des Rätsels Lösung sein. Dani, der reitende Husar, die bildhauernde Überfliegerin, die talentierte Künstlerin. Sie hatte eine Dummheit gemacht und suchte nun nach der Fluchttür. Katinka begann sich zu entspannen. Selbst wenn Dani wirklich Mist gebaut hatte. Es war immer noch besser, als ihre Einzelteile irgendwo aufzuklauben. Und ich Knallerbse habe sie auch noch vermisst gemeldet, dachte Katinka, und ihr damit wahrlich keinen Gefallen getan. Sie war drauf und dran, Sabine Kerschensteiner anzurufen und alles rückgängig zu machen, als das Telefon klingelte. Katinka lief in der Vorraum.
    »Palfy?«
    »Hier auch. Was ist denn das für eine Geisterliste, die du mir ins Büro geschickt hast?«
    »Hallo, Papa. Ich dachte, du könntest mir was über die Künstler sagen, die …«
    »Künstler?« Ignaz Palfy spielte gekonnt die Entrüstung des Selbstgerechten. »Ich kenne keinen einzigen von denen!«
    »Womöglich … decken die Personen auf der Liste nicht direkt deine Schwerpunkte ab.«
    »Jetzt lass aber mal den Hahn auf dem Mist, geliebte Tochter«, steigerte sich Ignaz Palfy. »Ich bin auch nicht eben erst auf der Ursuppe dahergeschwappt.

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