Kälteschlaf - Indriðason, A: Kälteschlaf - Harðskafi
sein, wenn ich das mal so fies ausdrücken darf. Er wollte sie aus dem Haus haben, aber da hat María nicht mitgespielt.«
»María und Baldvin haben keine Kinder?«
»Baldvin ist zeugungsunfähig, und María hatte kein Interesse«, erklärte Karólína unumwunden.
»Wann werdet ihr eure Beziehung offiziell machen?«, fragte Erlendur.
»Du hörst dich an wie ein Landpfarrer.«
»Entschuldige, ich wollte nicht …«
»Baldvin ist rücksichtsvoll«, sagte Karólína. »Er will ein ganzes Jahr warten. Ich habe ihm gesagt, dass das vielleicht etwas übertrieben ist, aber er bleibt dabei. Frühestens nach einem Jahr, sagt er.«
»Aber du bist damit nicht sehr glücklich?«
»Ich kann ihn gut verstehen. Diese ganze Tragödie und all das Drumherum. Es besteht ja auch kein Grund zur Eile.«
»Wusste María von eurer Verbindung?«
»Darf ich fragen, um was es eigentlich geht? Wonach suchst du? Glaubst du, dass Baldvin ihr etwas angetan hat?«
»Glaubst du das?«
»Nein. Zu so etwas ist er nicht imstande. Er ist Arzt! Weshalb glaubst du, dass es kein Selbstmord war?«
»Ich glaube gar nichts«, sagte Erlendur.
»Ist das eine schwedische Erhebung, oder …?«
»Hast du davon gehört?«
»Baldvin ist da etwas zu Ohren gekommen. Wir haben keine Ahnung, was da gespielt wird.«
»Wir sammeln ein paar Informationen, um diesen Fall zum Abschluss bringen zu können«, sagte Erlendur. »Wusstest du, dass er etliche Hundert Millionen von seiner Frau erbt?«
»Davon habe ich erst kürzlich erfahren. Er hat es mir neulich gesagt. Ihr Vater hat da wohl mit Land spekuliert?«
»Ja, er besaß ein Stück Land in Kópavogur, und die Grundstückspreise haben gewaltig angezogen. Baldvin ist der alleinige Erbe.«
»Ja, so etwas Ähnliches hat er erzählt. Ich glaube, er hat selbst erst vor Kurzem davon erfahren. Das hat er mir zumindest gesagt.«
»Ich habe gehört, dass dieses Geld ihm gut zupasskommt«, sagte Erlendur.
»Wirklich?«
»Er ist hoch verschuldet.«
»Baldvin hat sich mit Aktien verspekuliert, das ist alles, was ich weiß. Es gab da eine Fehlinvestition, irgendein Bauunternehmen, das pleiteging, und außerdem hat er Schulden, weil er sich eine private Praxis eingerichtet hatte, und die lief nicht so gut. Wir reden nicht viel über solche Dinge. Jedenfalls bislang nicht.«
»Du hast aufgehört, als Schauspielerin zu arbeiten, nicht wahr?«, fragte Erlendur.
»Ja, so gut wie.«
»Darf ich fragen, weshalb?«
»Ich habe in etlichen Stücken mitgespielt. Keine besonders großen Rollen, aber …«
»Ich gehe leider viel zu selten ins Theater.«
»Ich fand die Rollen, die mir angeboten wurden, nicht gut genug. Also, ich meine, bei den großen Bühnen. Und außerdem ist die Konkurrenz hart. Die Welt des Theaters ist ziemlich gnadenlos, das spürt man bereits an der Schauspielschule. Hinzu kommt das Alter. Eine Schauspielerin in meinem Alter ist nicht mehr gefragt. Ich habe einen guten Job in einem Finanzunternehmen, und falls sich irgendwelche Regisseure an mich erinnern, bekomme ich hin und wieder auch mal eine kleine Rolle.«
»Soweit ich weiß, war deine größte Rolle die Magdalena in diesem schwedischen Stück. Wie hieß es doch noch?«, sagte Erlendur und tat so, als könne er sich nicht an den Namen des Stücks erinnern.
»Wer hat dir das gesagt? Jemand, der sich an mich erinnert?«
»Ja, eine gute Bekannte von mir, sie heißt Valgerður. Sie geht häufig ins Theater.«
»Und sie konnte sich an mich erinnern?«
Erlendur nickte. Er sah, dass er keine Fragen zu befürchten hatte, weshalb er sich eigentlich mit anderen Leuten über Karólína unterhielt. Sie schien sich aus was für Gründen auch immer geschmeichelt zu fühlen. Ihm fielen die Worte des Schauspiellehrers über Karólínas Traum von der Berühmtheit ein. Wie hatte er sich ausgedrückt? Der Traum, eine Diva zu werden.
»Hoffnungsfeuer«, sagte Karólína. »Es war ein sehr gutes Stück, und es stimmt, das war die größte Rolle, die ich gespielt habe, als ich auf dem Weg nach oben war, wenn man so sagen kann.«
Sie lächelte.
»Die Kritiker waren nicht sonderlich begeistert, sie hielten es für ein altmodisches Küchenmelodram. Die schreiben manchmal wirklich das Letzte, und sie wissen so selten, wovon sie reden.«
»Meine Freundin war sich aber nicht ganz sicher, sie dachte, sie hätte die Rolle vielleicht mit einer in einem anderen Stück verwechselt, mit einer Person, die ebenfalls Magdalena hieß.«
»Was?«
»Die war aber
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