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Kälteschlaf - Indriðason, A: Kälteschlaf - Harðskafi

Kälteschlaf - Indriðason, A: Kälteschlaf - Harðskafi

Titel: Kälteschlaf - Indriðason, A: Kälteschlaf - Harðskafi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indriðason
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durch die Berge oberhalb von Eskifjörður. Manchmal zelte ich dort.«
    »Aber du findest nie etwas.«
    »Nein. Nur Erinnerungen.«
    »Reicht es nicht, Erinnerungen zu haben?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Harðskafi? Was ist das?«
    »Ein Berg. Deine Großmutter glaubte, dass Bergur dort zu Tode gekommen sei. Ich weiß nicht, warum sie das geglaubt hat, es war so eine Eingebung von ihr. Wenn das stimmt, muss er vom Sturm dort hingetrieben worden sein. Wir sind natürlich beide mit dem Rücken zum Wind herumgeirrt. Deine Großmutter ist oft in die Berge gegangen, bis wir aus der Gegend fortgezogen sind.«
    »Bist du auf diesen Berg raufgeklettert?«
    »Ja, er ist gar nicht so schwierig zu besteigen, trotz seines hart klingenden Namens.«
    »Aber jetzt hast du damit aufgehört, oder nicht?«
    »Ja, das mache ich kaum noch, höchstens mit den Augen.«
    Eva Lind ließ sich seine Worte einige Zeit durch den Kopf gehen. »Du bist natürlich ganz schön alt geworden.«
    Erlendur grinste.
    »Hast du es aufgegeben?«, fragte Eva Lind.
    »Das Letzte, was meine Mutter mich fragte, war, ob ich meinen Bruder gefunden hätte. Das ist ihr noch in der Stunde ihres Todes durch den Kopf gegangen. Ich habe manchmal darüber nachgedacht, ob sie ihn gefunden hat. Ob sie ihn im Jenseits gefunden hat. Ich selbst glaube nicht an ein Leben nach dem Tod, ich glaube an keinen Gott und an keine Hölle, aber deine Großmutter hat an all das geglaubt. So war sie erzogen worden, und sie war überzeugt, dass der Lebenskampf hier auf der Erde weder der Anfang noch das Ende von allem sei. In diesem Sinne war sie vielleicht damit ausgesöhnt zu sterben, und sie sprach darüber, dass Bergur in guten Händen sei. Bei seinen Leuten.«
    »Alte Leute reden so«, entgegnete Eva.
    »Sie war überhaupt nicht alt. Sie starb in den besten Jahren.«
    »Heißt es nicht, wen die Götter lieben, den holen sie jung?«
    Erlendur sah seine Tochter an.
    »Ich glaube nicht, dass die Götter mich je geliebt haben«, sagte Eva Lind. »Ich kann mir das zumindest nicht vorstellen. Ich weiß auch gar nicht, weshalb sie das hätten tun sollen.«
    »Ich weiß nicht, ob die Menschen ihr Schicksal in die Hände von Göttern legen sollten, wer auch immer sie sein mögen«, sagte Erlendur. »Man ist für sein Schicksal immer selbst verantwortlich.«
    »Du hast gut reden. Wer hat dein Schicksal bestimmt? Ist nicht dein Vater bei total verrücktem Wetter mit dir in die Berge gegangen? Was hatte er da oben mit seinen Kindern verloren? Hast du dich das nie gefragt? Kriegst du nie die Wut, wenn du daran denkst?«
    »Er konnte nicht wissen, was kommen würde. Er hat diesen Gang nicht unternommen, damit wir im Schneesturm umkommen.«
    »Aber er hätte sich anders verhalten können, wenn er an seine Kinder gedacht hätte.«
    »Er hat sich immer liebevoll um uns beide gekümmert.«
    Sie schwiegen. Erlendur beobachtete ein Auto, das von der Uxahryggur-Piste auf den Weg nach Þingvellir einbog.
    »Ich habe mich immer selbst gehasst«, sagte Eva Lind schließlich. »Und ich war wütend. Manchmal bin ich vor Wut fast geplatzt. Wütend auf Mama und auf dich und die Schule und diese gemeinen Typen, die sich über mich lustig gemacht haben. Ich wollte mich selbst los sein. Ich wollte nicht ich sein, weil ich mich vor mir geekelt habe. Ich habe mich selbst misshandelt und anderen gestattet, das ebenfalls zu tun.«
    »Eva …«
    Eva Lind starrte zum wolkenlosen Himmel hoch.
    »Nein, so war es«, sagte sie. »Wut und Ekel. Das ist keine gute Kombination. Ich habe viel darüber nachgedacht, nachdem ich herausgefunden hatte, dass das, was ich gemacht habe, nur eine natürliche Fortsetzung von etwas war, was schon vor meiner Geburt begonnen hatte. Etwas, was total außerhalb meiner Kontrolle war. Die größte Wut hatte ich auf dich und Mama. Warum musstet ihr mich bekommen? Was habt ihr euch dabei eigentlich gedacht? Was hatte ich auf meinem Startguthaben? Nichts. Ein Fehler von zwei Menschen, die sich nie wirklich kannten und sich nie kennenlernen wollten.«
    Erlendurs Gesicht nahm einen gequälten Ausdruck an. »Es gibt kein Startguthaben, Eva.«
    »Nein, vielleicht nicht.«
    Sie schwiegen.
    »Ist es nicht an der Zeit, dass wir diesen netten Sonntagsausflug beenden und zurück in die Stadt fahren?«, fragte Eva Lind schließlich und sah ihren Vater an.
    Ein weiteres Auto kam ganz gemächlich die Straße entlanggefahren und bog auf die Uxahryggur-Piste ein. Ein Ehepaar mit zwei Kindern saß darin.

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