Käptn Snieders groß in Fahrt
einige zur Ansicht zuschicken.“ Heini angelte vom Bücherbord einen Hefter herunter und reichte ihn Herrn Latternicht.
„Es sind noch zehn Geschichten, mehr leider nicht, im Augenblick haben wir ja Ferien“, sagte er.
„Zehn ist eine ganze Menge“, rief Herr Latternicht. „Damit hätten wir alles in allem fünfundzwanzig, glaube ich. Moment, nein, vierundzwanzig, die eine war ja als Vorwort gedacht.“
Er blätterte in der Mappe und las hin und wieder eine von den in sauberer Handschrift geschriebenen Seiten. Einmal lachte er laut auf.
„Köstlich, köstlich“, rief er und schüttelte den Kopf. Als er die Mappe zuklappte, sagte er: „Ich glaube, Heini, wir brauchen uns um den Verkauf keine Sorgen zu machen, das Buch wird ein Schlager.“ Er steckte die Mappe in seine Tasche und verabschiedete sich.
Nun konnten die Jungen natürlich ihre Neugier nicht länger bremsen und fragten Heini, was denn los sei.
„Och“, sagte der, „das solltet ihr eigentlich noch nicht erfahren. Aber weil ihr eben dabei wart, kann ich es ja ruhig verraten. Herr Latternicht ist ein Verleger, und wir machen zusammen ein Buch.“
„Ein Buch?“ fragte Kluten verblüfft. „So richtig gedruckt wie ein Lesebuch?“
Heini nickte.
„Ja“, sagte er, „im Herbst soll es fertig sein.“
„Mensch“, sagte Max, „dann bist du ja ein richtiger Dichter,
was?“
„Ich bin eigentlich mehr der Herausgeber“, antwortete Heini. „Der Dichter des Buches ist ein ganz anderer. Ihr kennt ihn sehr gut. Aber mehr will ich für heute nicht verraten, sonst ist es keine Überraschung mehr.“
Ein Ausguck kommt an Bord
Die Grippewelle im Oldenburger Land ebbte allmählich ab, und viele Lehrer konnten den Unterricht wiederaufnehmen. Herr Heinecke aber hatte eine doppelte Lungenentzündung dazubekommen. Er mußte noch für einige Wochen im Krankenhaus bleiben.
Darum spielte Käpten Snieders nach den Ferien auch weiterhin den Schulmeister.
Es war ihm recht. Er hatte sich so an das Lachen und Lärmen und Necken der Kinder gewöhnt, daß er froh war, am ersten Schultag wieder in der Klasse stehen zu dürfen.
Als sie alle vor ihm saßen, die Großen und die Kleinen, der Hund und die ganz Kleinen, und ihn erwartungsvoll ansahen, da dachte er, Mensch, was sind doch die Lehrer zu beneiden, daß sie ihr Leben lang inmitten von soviel Jugend sein können.
Er setzte sich rittlings auf den Stuhl vor dem Pult, ließ sich vom Knastermaat die Pfeife in Brand setzen und holte aus zu einer ganz und gar einmaligen Geschichte, die er als Leichtmatrose in der Südsee erlebt hatte.
Aber bevor er anfing, hob Wolfgang Lofing den Finger.
„Na, was gibt es, Wolfgang?“ fragte der Kapitän.
Der Junge stand auf und sagte: „Sie haben meinem Bruder in Wilhelmshaven gesagt, daß er bei Ihnen wohnen könnte.“
„Hab’ ich, mein Jung, hab’ ich, und das mein’ ich auch so. Ist er denn schon wieder zurück aus Kuwait?“
„Nein, nein, das nicht. Er kommt erst in drei Wochen. Sie sagten ihm, Sie hätten noch eine Hängematte auf dem Boden, in der er schlafen könnte.“
„Stimmt auch. Zwei Stück hab’ ich sogar, und beide sind gut im Schuß. Lisabeth Bröders hat sie letztens erst nachgesehen. Wenn du willst, kannst du also auch noch bei mir schlafen.“
„Vielen Dank“, sagte Wolfgang, „aber ich wollte Sie um etwas ganz anderes bitten.“
„Na, denn man los!“ ermunterte ihn der Alte.
„Können wir nicht hier in der Klasse eine Hängematte aufspannen?“ fragte Wolfgang. „Da hinten von Wand zu Wand, das müßte doch gehen?“
„Menß, Wolfgang“, rief Rudi, „willßte inne ßule ßlafen?“
„Nein, Rudi“, antwortete Wolfgang, „für mich soll die Hängematte gar nicht sein.“
„Für dich nicht?“ fragte der Kapitän. „Für wen denn sonst?“
„Für Heini Brackwede.“
„Für Heini Brackwede? Ja, kann denn der in einer Hängematte liegen?“
Wolfgang nickte.
„Er möchte doch so gerne dabeisein, wenn Sie Ihre Geschichten erzählen.“
„So“, brummte der Alte, „hat er mir noch gar nichts von verraten.“
„Er darf jetzt nicht allein sein“, sagte Wolfgang leise. „Der Arzt hat ihn gestern noch einmal gründlich untersucht und gesagt, daß er nicht mehr gesund werden könne.“
„Jaja“, sagte Käpten Snieders, „ich hab’s schon gehört. Der arme Junge!“
Die Kinder saßen still und dachten an Heini.
„Aber wie kriegen wir ihn hierher? Hat er denn einen Wagen?“ fragte der Kapitän,
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