Käptn Snieders groß in Fahrt
still, denn er verbrennt sich so sehr dabei, daß ihm die Haut in Streifen von der Nase fällt. Das Wasser kochte. Ei, das war eine unliebsame Geschichte! Wir wußten bis dahin noch nicht, wie sich ein Schiff in kochendem Wasser verhält. Aber das sollten wir bald lernen. Während wir noch grübeln, wer den ganzen Ozean wohl so böswillig erhitzt haben könnte, bekommen wir auf einmal ganz warme Füße, so richtig von den Fußsohlen bis zum Knie. Zuerst ist uns das gar nicht unangenehm, warme Füße sind gesund, denken wir, wenn der Kopf man kalt bleibt. Aber nach und nach werden die Füße wärmer als warm, nämlich heiß, und zwar noch weiter als bis zum Knie, bis zum Bauch! Und bei Leo Gorny, der nur Segelschuhe anhat, bis zur Brust. Wir blicken auf die Decksplanken hinunter und sehen, daß der Teer in den Fugen zu schmelzen beginnt und die Bretter dunkelrot glühen. D as konnte j a heiter werden! Noch zwanzig Minuten, und wir würden bei lebendigem Leibe gebraten, das stand fest.
Da ruft doch plötzlich unser Smutje, dem es in seiner Kombüse wegen der Doppelhitze zu heiß geworden und der darum auf Deck herausgekommen ist: Jungs, gebt mir mal einen Kescher, da schwimmt ne ganze Menge Kochfisch herum.'
Er hatte recht! In dem glühenden Wasser waren die Fische zu Hunderten gekocht worden und trieben nun eßfertig an der Oberfläche. Wir holten schnell siebzehn große Badewannen herauf und füllten sie mit den köstlichen Fischen. Fidi Breckwold verbrannte sich allerdings die linke Hand, weil er die glühende Reling angefaßt hatte, um mit dem Kescher besser hinunterlangen zu können. Mittlerweile war uns der Boden unter den Füßen so heiß geworden, daß wir zu hüpfen anfingen, immer von einem Bein auf das andere. Selbst das half aber nicht mehr viel, denn nun glühten sogar schon unsere Ohren, und bei Richard Borgmann waren alle Haare versengt, bis auf die, die ihm auf den Zähnen wuchsen. O Kinder, wenn ich das jetzt so erzähle, fängt mir vor Erinnerung noch das Wasser im Munde an zu kochen, obwohl ich doch in dieser angenehm kühlen Klasse sitze.
Wir fühlten das Schiff unter unserer Hüpferei erzittern und schauderten bei dem Gedanken, in wenigen Minuten in dem dampfenden Wasser baden zu müssen. Jeden Augenblick konnte das Schiff auseinanderbrechen. Der Großmast hatte sich in der mörderischen Hitze gebogen und stand da wie ein unglückliches Fragezeichen.
In dieser unbeschreiblichen Gefahr setzte unverhofft ein solcher Tropenregen ein, wie ich ihn seitdem nie wieder erlebt habe. Die Wolken über uns platzten laut knallend und gossen mindestens dreiundzwanzig- bis vierundzwanzigtausend Hektoliter Wasser auf uns und unsere Jungfrau von Blumenthar. Ihr könnt euch denken, was geschah! Als das kalte Wasser auf unsere heißen Körper und das glühende Schiff fiel, verdunstete es sofort und versuchte, als Dampfwolke wieder aufzusteigen. Aber es kam natürlich nicht weit, weil es von dem heftigen Regen getroffen und wieder niedergedrückt wurde. Kaum war es indes wieder unten, da wurde es wieder hochgeschleudert.
Es war ein fürchterlicher Kampf.
Und wir waren mittendrin in dieser Sauna. Wir schwitzten wie die Kesselputzer. Natürlich konnten wir nichts mehr sehen, denn der Dampf war so dicht wie echter Londoner Nebel im November. Wir hofften nur, daß das kalte Wasser von oben allmählich das heiße von unten besiegen möchte.
Tja, und das tat es Gott sei Dank auch.
Nach vier Stunden wurde die Sicht klarer, die Hitze ließ nach, und der Ozean glättete sich. Wir sahen einander ungläubig an, betasteten uns gegenseitig und stellten beglückt fest, daß wir das Schlimmste überstanden hatten, wenn wir auch alle braun geworden waren von der großen Hitze wie die Neger. Die Jungfrau von Blumenthal“ ächzte zwar mächtig und leckte auch an vielen Stellen, aber sie schwamm noch und wollte auch vorerst nicht auseinanderbrechen.
Bald brauchten wir nicht mehr zu hüpfen, weil die Planken abgekühlt waren. Und allmählich wurde uns der Regen, der uns das Leben gerettet hatte, sogar lästig. Er lief in alle Ritzen und begann nach und nach, das Schiff zu füllen. Zum Glück floß ja das meiste Wasser wieder aus den Leckstellen hinaus, aber es blieb immer noch genug.
Weil wir mit Recht fürchteten, der viele Kochfisch in den Badewannen könnte durch die Berieselung mit dem kühlen Regenwasser wieder lebendig werden, holten wir Salz, Pfeffer, grüne Gurken und achtzig Kilogramm Lorbeerblätter herauf und
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