Kaeufliche Liebe Band 2
Augen.
„Schneid die Zwiebel noch kleiner“, brumme ich und schnipple weiter Paprika.
„Mach ich doch“, schluchzt er, dabei wirft er mir einen bösen Blick zu.
„Yussuf wird sich um ihm kümmern, keine Sorge“, sage ich, lege das Messer weg und trete zu ihm.
Instinktiv schlinge ich einen Arm um seine schmalen Schultern. Mitleid. Nichts anderes. Aurels Körper bebt, die Tränen kommen nicht nur vom Zwiebelsaft. Ich weiß das, sage aber nichts dazu.
„Simon ist mein Freund, weißt du?“
Ich nicke stumm. Eine Straßenfreundschaft, aber sicher seine einzige. Ich nehme den Arm weg und wende mich zum Herd, wo die Pfanne schon wartet. Die Margarine bildet kleine Blasen.
„Gib mir mal die Zwiebel“, murmele ich und nehme Aurel das Brett mit den Schnipseln ab.
Es zischt, als ich sie in das heiße Fett gleiten lasse. Stumm reicht der Kleine mir das restliche Gemüse und guckt zu, wie ich alles vermenge.
„Glaubst du, er muss ins Gefängnis?“, fragt er leise.
„Ich weiß es nicht. Soll ich Yussuf anrufen und fragen, wie es Simon geht?“
„Würdest du das tun?“, Aurel schaut mit Kulleraugen zu mir hoch.
Mein Herz schmilzt. Er sieht jünger aus als seine fünfundzwanzig Jahre mit diesen Lolliaugen und den zerzausten Locken. Ich überlasse ihm die Aufsicht über die Pfanne und laufe ins Wohnzimmer, wo ich nach dem Telefon greife und Yussufs Nummer wähle. Mein Freund meldet sich nach ein paar Ruftönen, seine Stimme klingt angestrengt.
„Aladin hier. Hast du Neuigkeiten über Simon?“, komme ich gleich zur Sache.
„Oh ja, er wird auf jeden Fall zum Entzug eingewiesen. Zu einer Anklage wird es wohl nicht kommen, da dein Kollege zwar eine tiefe, aber dennoch ungefährliche Fleischwunde erlitten hat. Bis jetzt wird Simon geglaubt, dass er in Notwehr gehandelt hat“, erklärt Yussuf.
„Puh“, mache ich erleichtert. „Allerdings wird Harry nie zugeben, dass er den armen Kerl zum ungeschützten Verkehr nötigen wollte.“
„Du wirst es nicht glauben“, mein Freund lacht. „Wir haben einen Ohrenzeugen. Genau in der Kabine neben dem Tatort saß ein Mann, der an Obstipation leidet, und hat alles mit angehört.“
„Obsti- was?“
„Entschuldige, Verstopfung“, sagt Yussuf kichernd.
„Oh, ich hoffe, der Arme konnte dann doch noch…?“
„Oh ja, er hat vor Schreck Durchfall bekommen“, ächzt Yussuf und ich höre, dass er sich kaum beherrschen kann vor Vergnügen.
***
Aus dem Wohnzimmer dringt schallendes Gelächter. Ich rühre in der Pfanne und traue mich nicht, den mir zugewiesenen Platz zu verlassen, obwohl ich vor Neugier fast platze. Endlich kommt Aladin zurück, seine Augen funkeln fröhlich.
„Was ist so lustig?“, fahre ich ihn ungeduldig an.
„Simon geht’s gut. Er muss auf Entzug, aber er wird wahrscheinlich nicht angeklagt“, sagt Aladin schmunzelnd.
„Und das ist lustig?“
„Nein“, der Bulle beginnt wieder zu kichern und erzählt mir von dem Zeugen, woraufhin ich in sein Lachen einfalle.
Nur mit Mühe kann ich den Pfannenwender noch halten, so dass Aladin ihn mir kurzerhand wegnimmt und meinen Platz übernimmt. Die Vorstellung des armen Verstopften, der auf dem Klo hockend Zeuge geworden ist, ist einfach zu schön. Ich freue mich für Simon und gleichzeitig für mich, dass ich hier sein darf und gleich eine warme Mahlzeit bekomme. Das alles gluckst aus mir raus, bis ich mir stöhnend die Seiten halte und auf einen Stuhl plumpse.
Aladin mustert mich lächelnd.
„Dir geht’s gut, nicht wahr?“, sagt er leise.
„Oh ja“, ich schlinge beide Arme um mich und wiege mich langsam, um mein schmerzendes Zwerchfell zu beruhigen.
„Das ist schön“, murmelt Aladin.
Es ist schon später Nachmittag bis wir gegessen haben und ich mich dem Inhalt meines Rucksacks widmen kann. Die Wäsche wandert sofort in die Waschmaschine, sie muffelt. Mein restliches Habe breite ich andächtig auf Aladins Schreibtisch aus, den der für mich freigeräumt hat. Das Buch, meine Geburtsurkunde. Ein Foto, auf dem eine Frau abgebildet ist, es soll meine Mutter sein. Das ist alles.
„Oh Mann, Aurel“, sagt Aladin, der leise hinter mich getreten ist.
„Höre ich da Mitleid in deiner Stimme?“
Ich drehe mich um und gucke zu ihm hoch, die Brauen verärgert zusammengezogen.
„Ja“, gibt er unumwunden zu und lächelt mich freimütig an.
„Du brauchst kein Mitleid haben, ich habe alles, was ich brauche. Weltliche Güter sind mir nicht wichtig. Waren es noch nie. Es reicht doch,
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