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Kafka am Strand

Kafka am Strand

Titel: Kafka am Strand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haruki Murakami
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sein?«
    Hoshino schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht.«
    »Leer, wie ein leeres Haus. Wie ein unverschlossenes, leeres Haus. Jeder, der will, kann einfach so hinein. Davor fürchtet sich Nakata sehr. Nakata kann machen, dass es Sachen vom Himmel regnet. Aber meistens weiß er überhaupt nicht, was er vom Himmel fallen lässt. Was soll er machen, wenn als Nächstes zehntausend Küchenmesser vom Himmel fallen, oder eine große Bombe oder Giftgas? Bloß um Entschuldigung bitten reicht da nicht.«
    »Ja, da hast du Recht. Mit einer Entschuldigung ist’s in so einem Fall nicht getan«, pflichtete der junge Mann ihm bei. »Blutegel sind ja schon hart an der Grenze, viel schlimmer darf s also nicht kommen.«
    »Johnnie Walker ist einfach in Nakata reingekommen und hat ihn Dinge tun lassen, die er nicht tun wollte. Johnnie Walker hat Nakata benutzt. Und Nakata konnte sich nicht dagegen wehren. Er hatte nicht die Kraft dazu. Weil Nakata keinen Inhalt hat.«
    »Und deshalb möchtest du wieder der normale Nakata werden. Du selbst mit einem richtigen Inhalt.«
    »Jawohl, genau. Nakata ist ja dumm. Er kann nur Möbel machen, also hat er eben Tag für Tag Möbel gemacht. Es macht Spaß, Tische, Stühle und Kommoden zu machen. Dinge zu machen, die eine Form haben, ist gut. In diesen vielen Jahren hat Nakata sich nie gewünscht, wieder der normale Nakata zu werden. Außerdem gab es nie jemanden in seiner Nähe, der in Nakata hinein wollte. Er brauchte keine Angst zu haben. Aber jetzt, wo dieser Johnnie Walker da war, muss Nakata sich fürchten.«
    »Und was hat Johnnie Walker dich machen lassen, als er in dir war?«
    Ein ohrenbetäubendes Krachen zerriss plötzlich die Luft. Als habe es irgendwo ganz in der Nähe eingeschlagen. Hoshinos Trommelfelle brannten. Nakata legte den Kopf schräg und streichelte, während er auf den Donner lauschte, weiter langsam mit beiden Händen die Oberfläche des Steins.
    »Es wurde Blut vergossen, das nicht vergossen werden sollte.«
    »Blut vergossen?«
    »Aber das Blut war nicht an Nakatas Händen.«
    Der junge Mann überlegte eine Zeit lang, kam jedoch nicht dahinter, was Nakata ihm sagen wollte.
    »Also, wenn man jedenfalls diesen Stein wegrollt und den Eingang öffnet, fällt alles Mögliche ganz automatisch wieder an die richtige Stelle, ja? Wie Wasser von einer höheren an eine niedrigere fließt.«
    Nakata dachte nach. Oder machte zumindest sein nachdenkliches Gesicht. »So einfach geht das wohl nicht. Nakata musste den Stein finden. Und jetzt den Eingang öffnen. Genau gesagt, Nakata weiß nicht, wie es weitergeht.«
    »Aber wieso ist der Stein eigentlich in Shikoku?«
    »Der Stein ist überall, nicht nur in Shikoku. Und es muss auch nicht unbedingt ein Stein sein.«
    »Versteh ich nicht. Wenn es ihn überall gibt, wäre es doch besser gewesen, das in Nakano zu machen. Das hätte uns viel Mühe erspart.«
    Nakata strich sich über die kurzen Haare. »Es gibt ein schwieriges Problem. Nakata hat vorhin die ganze Zeit dem Stein zugehört, aber er kann ihn noch nicht so gut verstehen. Aber Nakata und auch Herr Hoshino mussten wohl hierher kommen. Und die große Brücke überqueren. In Nakano hätte es wahrscheinlich nicht geklappt.«
    »Kann ich dich noch was fragen?«
    »Jawohl. Was denn bitte?«
    »Wenn wir es schaffen, den Eingang zu öffnen, könnte das dann das Signal für irgendeinen Superknaller sein? Oder vielleicht taucht ein komischer Geist auf wie in Aladin und die Wunderlampe, oder der Froschkönig hopst raus und knutscht uns ab oder wir fallen den Marsmenschen zum Fraß?«
    »Kann sein, dass was passiert, aber vielleicht passiert auch gar nichts. Nakata hat so was ja auch noch nie aufgemacht. Wir erleben es erst, wenn der Eingang offen ist.«
    »Und es kann auch etwas Gefährliches sein?«
    »Jawohl.«
    »Du liebe Güte«, sagte Hoshino. Er nahm ein Päckchen Marlboro aus der Tasche und zündete sich mit dem Feuerzeug eine an.
    »Mein Großvater hat immer gesagt, es ist meine Schwäche, mich unüberlegt mit Fremden einzulassen. So war ich schon als Kind. ›Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr‹, so heißt es doch. Aber das ist schon in Ordnung. Nicht zu ändern. Wir sind extra nach Shikoku gekommen und haben den Stein gefunden. Jetzt noch unverrichteter Dinge zurückzufahren wäre Quatsch. Wir machen den Deckel auf – auf eigene Gefahr. Und sehen mit eigenen Augen, was passiert. Dann haben wir unseren Enkeln wenigstens was zu erzählen.«
    »Jawohl. Ich möchte

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