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Kafka am Strand

Kafka am Strand

Titel: Kafka am Strand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haruki Murakami
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einer Kneipe um die Ecke verabredet und hatte keine Zeit für einen verrückten Alten. Aber Nakata sah ihn streng an und schüttelte den Kopf.
    »Nein, Herr Wachtmeister, Nakata möchte alles erzählen, solange er sich noch erinnern kann. Vielleicht hat er morgen schon etwas Wichtiges vergessen.
    Nakata war auf dem Gelände im zweiten Block, um dort auf Wunsch von Familie Koizumi ihre Katze Goma zu suchen. Plötzlich tauchte ein großer schwarzer Hund auf und brachte Nakata zu einem Haus. Es hatte ein großes Tor, und ein großes schwarzes Auto stand davor. Die Adresse weiß Nakata nicht. Die Umgebung hat er auch nicht erkannt. Aber vielleicht war es in Nakano. Dort war ein Mann mit einem komischen Hut, der Johnnie Walker hieß. Ein ganz hoher Hut. Im Kühlschrank in der Küche lagen viele Katzenköpfe. Ungefähr zwanzig Stück. Er hat die Katzen gefangen, ihren Kopf abgesägt und ihr Herz aufgegessen. Aus den Seelen der Katzen hat er eine besondere Flöte gemacht. Mit dieser Flöte wollte er als Nächstes Menschenseelen fangen. Johnnie Walker hat vor Nakatas Augen Kawamura mit einem Messer getötet. Und noch mehrere andere Katzen. Mit dem Messer hat er ihnen den Bauch aufgeschlitzt. Auch die kleine Goma und Fräulein Mimi sollten sterben. Da hat Nakata das Messer genommen und Johnnie Walker erstochen.
    Herr Walker selbst hat Nakata gebeten, ihn umzubringen. Aber Nakata wollte gar nicht. Ja, wirklich! Nakata hat bis jetzt noch nie jemanden umgebracht. Nakata wollte nur, dass Johnnie Walker aufhört, die Katzen zu töten. Aber Nakatas Körper hat nicht gehorcht. Er hat sich von selbst bewegt. Nakata hat das Messer genommen und einmal, zweimal, dreimal in Johnnie Walkers Brust gestochen. Herr Walker ist auf den Boden gefallen, Blut kam, und er ist gestorben. Das Blut ist auch auf Nakata gespritzt. Danach hat Nakata sich ganz schwindlig hingesetzt und ist eingeschlafen. Aufgewacht ist er am Abend auf diesem leeren Grundstück. Fräulein Mimi und die kleine Goma waren auch dabei. Das war vor kurzem. Nakata ist zu den Koizumis gegangen und hat Goma abgeliefert, und Frau Koizumi hat ihm gebratene Auberginen und eingelegte Gurken mitgegeben. Dann ist Nakata sofort hergekommen. Er hielt es für besser, dem Herrn Gouverneur Meldung zu machen.«
    Als er mit geradem Rücken und fast in einem Atemzug seine Geschichte zu Ende erzählt hatte, holte Nakata tief Luft. Zum ersten Mal in seinem Leben hatte er so lange geredet. Nun fühlte sich sein Kopf völlig leer an.
    »Bitte, richten Sie dem Herrn Gouverneur alles aus.«
    Fassungslos hatte der junge Polizist Nakata zugehört. Aber im Grunde hatte er nichts von dem verstanden, was Nakata gesagt hatte. Johnnie Walker? Die kleine Goma?
    »Jawohl. Ich werde dem Herrn Gouverneur Meldung erstatten«, sagte er.
    »Und er soll Nakata nicht die Unterstützung streichen.«
    Der Polizist setzte ein ernstes Gesicht auf und tat, als würde er sich Notizen machten. »Ja. Ich schreibe es mir lieber auf. Der Betreffende hofft, dass ihm die Unterstützung nicht gestrichen wird. Das reicht, oder?«
    »Jawohl, Herr Wachtmeister. Vielen Dank, dass Sie Nakata Ihre Zeit geopfert haben. Bitte grüßen Sie den Herrn Gouverneur.«
    »Das werde ich tun. Passen Sie auf sich auf, und schlafen Sie gut.«
    Nun fiel dem Polizisten doch noch etwas ein. »Übrigens dafür, dass Sie jemanden umgebracht haben und voller Blut waren, sind Ihre Sachen aber gar nicht blutig.«
    »Ja, stimmt. Ehrlich gesagt, hat sich Nakata darüber auch schon gewundert. Plötzlich war es nicht mehr da. Unglaublich. Erst war er voller Blut, und dann ist es auf einmal weg. Komisch.«
    »Ja, komisch.« Nach der anstrengenden Schicht klang die Stimme des Polizisten ermattet.
    Nakata schob die Tür auf und wollte gehen, hielt dann aber inne und wandte sich noch einmal um. »Herr Wachtmeister, sind Sie übrigens morgen Abend auch hier?«
    »Bin ich«, sagte der Polizist argwöhnisch. »Ich tue morgen Abend hier auch Dienst. Warum?«
    »Auch wenn der Himmel klar ist, sollten Sie zur Sicherheit einen Schirm mitnehmen.«
    Der Polizist nickte. Dann drehte er sich um und warf einen Blick auf die Wanduhr. Allmählich sollte der verabredete Anruf seines Kollegen kommen.
    »Gut. Ich nehme einen Schirm mit.«
    »Es wird Fische vom Himmel regnen. Viele Fische. Sardinen. Vielleicht sind auch ein paar Makrelen dabei.«
    »Sardinen und Makrelen?« Der Polizist lachte. »Dann drehe ich den Schirm lieber um, fange die Fische auf und lege sie

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