Kahlschlag (German Edition)
Zimmers eine Stimme vernehmen. Alle drehten sich um, um zu sehen, wem sie gehörte. Es war Clyde Fox. Er hatte seine Leinenkappe abgesetzt, und sein schwarzes Haar hing ihm ins Gesicht und verdeckte das eine Auge fast völlig. Er war kräftig genug, um Alligatoren zu verscheuchen, nur indem er sie böse anschaute.
Henry spürte, dass er die Kontrolle über die Versammlung verlor. Am Anfang hatte er geglaubt, alles im Griff zu haben, aber jetzt hatte er das Gefühl, dass ihm die Situation mehr und mehr entglitt.
»Der Wirbelsturm hat Sunset nicht so auf Augen und Mund gehauen«, fuhr Clyde fort. »Ich denke, es war so, wie die Lady gesagt hat.«
»Genau«, entgegnete Marilyn. »Und auch wenn es mich schmerzt, das zu sagen, aber wer zum Schwert greift, kommt durch das Schwert um. Selbst wenn es sich um meinen Sohn handelt. Und was noch dazukommt: Sunset braucht Arbeit. Sie muss für Karen sorgen. Es würde ihr helfen, wieder auf die Füße zu kommen.«
»Das ist Männerarbeit«, widersprach Henry. »Verdammt noch mal, wir sind doch kein Wohltätigkeitsverein.«
Marilyn nickte, als hätte Henry etwas von sich gegeben, dem sie zustimmte. »Ich nehme an, du hast dir überlegt, ob du vielleicht Chancen auf das Bürgermeisteramt hast, wenn sich Holiday und Camp Rapture zusammenschließen, jetzt, wo der Bürgermeister von Holiday davongelaufen ist. Habe ich recht?«
»Nun ... durch den Kopf gegangen ist es mir schon. Ich glaube, ich wäre der geeignete Mann dafür. Dein Vater hat mir die Position, die ich in der Mühle habe, aufgrund meiner Eignung gegeben.«
»Und weil Sie seine Schwester geheiratet haben«, ergänzte Bill.
Irgendjemand lachte.
»Dann lass dir jetzt mal Folgendes durch den Kopf gehen«, sagte Marilyn. »Du befürchtest, wenn in deiner Gemeinde eine Frau zum Constable ernannt wird, stehst du schlecht da, wenn sich die Orte zusammenschließen und du als Bürgermeister kandidierst. Nun, zunächst mal bist du hier nicht der Chef. Nur, dass das klar ist. Der Großteil der Mühle gehört mir.«
Henry schluckte. »Nun ... ja, Ma’am ... Aber ...«
»Aber was? Ich möchte nachdrücklich vorschlagen, dass Sunset Constable wird. Pete hatte zwei Männer, die ihn gelegentlich unterstützt haben. Clyde war einer davon. Ich würde sagen, er kann Sunset genauso unterstützen. An den Namen des anderen kann ich mich nicht mehr erinnern, der ist allerdings auch weggezogen. Aber wir können jemand neuen finden. Sie kann die Amtszeit zu Ende machen, und dann könnt ihr wählen, wen immer ihr wollt.«
»Aber eine Frau?«
»Ich finde eine Frau in Ordnung«, sagte Hillbilly und stemmte sich von der Wand weg. »Ich bin erst seit Kurzem hier, und ich weiß, ihr kennt mich nicht, aber – wieso nicht? Wenn sie die Arbeit nicht hinkriegt, schmeißt ihr sie raus. Das ist doch nur gerecht, oder? Gebt ihr einen Monat, um sich einzuarbeiten, gebt ihr ein bisschen Unterstützung – wenn sie dann nicht klarkommt, wird sie gefeuert und ihr setzt wen auch immer ein. Verdammt, sie hat doch sogar ne eigene Waffe.«
»Für mich klingt das prima«, stimmte Clyde zu.
»Es ist eine schwierige Aufgabe«, gab Henry zu bedenken. »Sie könnte verletzt werden. Sie muss mit Verbrechern und Niggern und wer weiß was sonst noch fertig werden.«
»Dafür ist ja die Unterstützung da«, entgegnete Clyde. »Wenn ihr mich bezahlt, helfe ich ihr. Ich bin nicht so scharf auf die Arbeit in der Mühle. Noch hab ich meine Arme und alle Finger, und mir wär’s ganz recht, wenn das so bleibt. Ich bin auf der Suche nach ner anderen Arbeit, und ich hab jetzt mehr geredet als sonst in ner ganzen Woche.«
»Werd du doch Constable«, schlug Henry vor.
Clyde schüttelte den Kopf. »Ich bin lieber Deputy als Constable.« Er warf Sunset einen raschen Blick zu. Sie lächelte ihn an, und er setzte sich.
»Ich wär auch bereit zu helfen«, sagte Hillbilly.
»Wir kennen dich doch gar nicht«, protestierte Henry.
»Ich kenne Sie ja auch nicht. Und die Gemeinde noch weniger. Aber ich will gern lernen. Vielleicht bleib ich nicht sehr lange hier, aber sicher lange genug, um ihr den Anfang zu erleichtern.«
»Wir müssten dir was zahlen.«
»Das stimmt. Ich möchte die Arbeit, weil es genau so ist, wie der da drüben gesagt hat. Noch hab ich Finger und Arme, und mir wär’s recht, wenn das so bleibt.«
»So viel Geld haben wir nicht«, sagte Henry. »Im Etat ist nur eine begrenzte Summe für so etwas vorgesehen. In der Mühle kannst du mehr
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